Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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1. Die Ausbildungszeit für den Ackerbauschüler beträgt 3 Jahre. Das Kalenderjahr bildet 
das Lehrjahr. 
2. Die Auswahl der in die Ackerbauschule von Nuatjä einzustellenden Eingeborenen ist 
möglichst sorgfältig vorzunehmen; es sollen möglichst intelligente, gelehrige Leute, welche körperlich 
so leistungsfähig sind, daß sie auch schwerere Arbeiten verrichten können, als Ackerbauschüler aus- 
gesucht werden; sie sollen nicht unter 20 und nicht über 23 Jahre alt sein, aus der Ackerbau 
treibenden Bevölkerung stammen und Lust und Liebe zu ihrem Beruf haben. Auf guten Gesundheits- 
zustand ist großes Gewicht zu legen. 
3. Die Zahl der als Ackerbauschüler nach Nuatjä zu entsendenden jungen Leute wird vom 
Gouvernement den Bezirksleitungen alljährlich mitgeteilt. Solche Schüler, welche sich während des 
ersten oder zweiten Lehrjahres für spätere Ansiedlung ungeeignet erweisen, sind vom Leiter der 
Ackerbauschule zu entlassen; Ersatz ist für diese nicht zu senden, jedoch wird bereits bei der Ein- 
stellung mit Rücksicht hierauf die Zahl der zu stellenden Schüler entsprechend erhöht. 
4. Die Ausbildung erfolgt nach dem im Amtsblatt 1907 Nr. 2 veröffentlichten Lehrplan. 
5. Die Ackerbauschüler erhalten während des ersten Lehrjahres monatlich 12 Mark, während 
des zweiten Lehrjahres monatlich 15 Mark Lohn; während des dritten Lehrjahres erhalten sie ebenfalls 
15 Mark monatlich; außerdem soll ihnen der Erlös der Ernte eines Feldes in Größe von 1 Hektar 
gehören, welches sie während des dritten Lehrjahres selbständig angelegt haben. Diese Summe soll 
ihnen zum Unterhalt während der ersten Monate der Ansiedlung dienen (S. Z. 8). 
Für Unterkunft und Naturalverpflegung werden dem Schüler vom Lohn monatlich 4,50 Mark 
abgezogen. Wenn ein Schüler Wert darauf legt, sich selbst zu verpflegen, so bleibt ihm das un- 
benommen. Der monatliche Lohnabzug beträgt in diesem Falle nur 50 Pfennig für die Unterkunft. 
Kranke Schüler haben nur Anspruch auf Naturalverpflegung. Dem Leiter der Ackerbau- 
schule bleibt es überlassen, an Stelle der Naturalverpflegung an Kranke ein Verpflegungsgeld in 
Höhe von mindestens 20 Pfennig pro Tag zu zahlen. 
6. Gegen Ende eines jeden Lehrjahres findet eine öffentliche Prüfung durch eine vom 
Gouverneur jedesmal zu bestimmende Persönlichkeit statt. 
7. Jedem Schüler, der die Ackerbauschule durchlaufen hat, wird ein Abgangszeugnis aus- 
gestellt, welches von dem Leiter der Ackerbauschule zu unterzeichnen ist. Die Ackerbauschule behält 
Abschrift der Zeugnisse zurück. 
8. Die entlassenen Schüler kehren in ihre heimatlichen Bezirke zurück und sollen dort auf 
einem von der Bezirksleitung anzuweisenden Gelände angesiedelt werden. Da die entlassenen Schüler 
auch späterhin noch der Überwachung und Kontrolle bedürfen werden, sollen sie nicht über den Bezirk 
zerstreut, sondern möglichst in geschlossenen Niederlassungen angesiedelt werden. Jedem solchen An- 
siedler find 8 Hektar Land zu überweisen. 
9. Jeder Schüler erhält beim Abgang aus der Schule einen Pflug, eine Hacke, ein Hau- 
messer und eine Dunggabel, 4 Zugketten und 1 Eimer von der Ackerbauschule überwiesen. Von 
der Bezirksleitung seines Heimatsbezirks sollen jedem solchen Ansiedler möglichst zwei bis drei zur 
Arbeit geeignete Rinder zur Verfügung gestellt werden. 
10. Nach der Anfsiedlung sollen die entlassenen Schüler sofort mit dem Bebauen des ihnen 
überwiesenen Landes beginnen. Saatgut und dgl. soll ihnen unentgeltlich überwiesen werden. Beim 
Urbarmachen der ersten beiden Hektar Landes soll ihnen möglichst Beihilfe gestellt werden. Welche 
Frucht zunächst nach Urbarmachung anzupflanzen ist, richtet sich nach der betreffenden Gegend; im 
Atakpame-Bezirk wird das anders sein als im Mangu-Bezirk. Bis zum Einbringen der ersten Feld- 
früchte sind die Schüler von der Bezirksleitung zu verpflegen. 
11. Es ist wünschenswert, daß spätestens bei der Ansiedlung die entlassenen Schüler an- 
fangen, sich einen Hausstand zu gründen. 
12. Die angefiedelten Schüler sind möglichst in ihrer Tätigkeit zu kontrollieren. Über die 
Tätigkeit der Schüler soll jährlich am 1. Juni nach Abschluß der Ernte an das Gouvernement 
berichtet werden. 
13. Die Ernten sind Eigentum der Ansiedler. Bei der finanziellen Verwertung der Ernte 
sollen sie nach Möglichkeit mit Rat und Tat unterstützt werden. 
Lome, den 26. November 1908. 
Der Gouverneur. 
Graf Zech. 
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