Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Ruanda weist einen ganz außerordentlich hohen 
Rindviehbestand auf. Es ist deshalb kein Grund 
vorhanden, weshalb, nachdem gegen die ver- 
heerende Rinderpest eine sichere Impfung ge- 
funden worden ist, im Innern Deutsch-Ost- 
afrikas nicht Viehzucht im großen Stile mit Erfolg 
soll betrieben werden können. Das ist um so 
wichtiger, als die kleinbäuerlichen Versuche in 
Ostafrika zu keinem recht befriedigenden Resultat 
führen wollen. Aber auch hier wird die Frage 
der Erzielung eines Absatzes für große Quanti- 
täten mit in erster Linie stehen. Am In- 
dischen Ozean liegt diese Frage, aus klimatischen 
und Bedarfsverhältnissen heraus, ungleich schwie- 
riger wie in Südwestafrika. Das Studium der 
mit dieser Viehzucht zusammenhängenden Fragen, 
insbesondere was den närdlichen Teil des ost- 
afrikanischen Schutzgebietes anlangt, ist dem zur 
Zeit draußen befindlichen Unterstaatssekretär 
v. Lindequist anvertraut worden. Seine Reise 
wird daher u. a. auch darüber Aufschluß geben, ob 
die Aussichten derartige sind, daß der nur durch 
staatliche Hilfe zu bewirkende Bau einer nörd- 
lichen Linie mit Rücksicht auf die heimatlichen 
Finanzen und diejenigen des Schutzgebietes bald 
oder in Zukunft gerechtfertigt werden kann. 
Für den mittleren Teil Deutsch-Ostafrikas wird 
die im Bau befindliche Zentrallinie sorgen. 
Ahnliche Verhältnisse walten in Togo ob, und 
im nördlichen Kamerun bestehen zur Zeit schon 
große Rinderherden, die allerdings von Zeit zu 
Zeit noch der Pest zum Opfer fallen, die aber 
auch in Weltmarktnähe gebracht werden können, 
sobald die drei im Bau befindlichen Linien die 
gefahrlose Uberwindung des Küstengürtels ermög- 
lichen werden. Ob es sich bei diesen beiden 
Ländern um sehr erhebliche Quantitäten wird 
handeln können, darf heute noch bezweifelt werden. 
Das nächst wichtige Tierprodukt ist die Wolle. 
Auch hier kann es heute keinem Zweifel mehr 
unterliegen, daß, wenn auch auf teilweise ärmerem 
Boden, aber bei größeren Weideflächen, die Be- 
dingungen für die Wollschafzucht in Südwestafrika 
von denen in der Kapkolonie nicht wesentlich ver- 
schieden sind. Bisher schien es dem hierfür be- 
sonders geeigneten Süden Eintrag zu tun, daß er 
sehr arm an Oberflächenwasser ist. Der ange- 
strengten Tätigkeit des Gouvernements ist es in- 
dessen gelungen, auch hier festzustellen, daß mit 
verhältnismäßig geringen Kosten nahezu überall 
im Süden in geringer Tiefe hinreichendes und 
brauchbares Tränkwasser gefunden werden kann. 
So hat denn die Importierung europäischer 
Rammen und Kapscher Schafe einen großen Um- 
fang angenommen. Im Schutzgebiet existieren 
schon eine Anzahl von Stammschäfereien, welche 
die Farmer mit Zuchtmaterial versehen. 
  
Wenn diese Zucht vielleicht langsamere Fort- 
schritte machen wird, als diejenige der Rinder, 
so liegt das daran, daß zunächst die großen Be- 
stände an Fleischschafen und Ziegen veräußert 
werden müssen, welche teils den Wollschafen den 
Platz wegnehmen, teils für die Ausdehnung dieser 
Zucht die notwendigen Geldmittel liefern sollen. 
Neben den Wollschafen ist jetzt eine Anzahl 
von Karakulschafen in das Schutzgebiet eingeführt. 
Ich habe solche dort gesehen, sie befanden sich in 
bester Verfassung. Das Karakulschaf, dessen Heimat 
vermutlich Turkestan ist, ist jenes Schaf, dessen 
Zicklein den Ihnen unter dem Namen Persianer 
und Astrachan bekannten und sehr beliebten Pelz 
liefern. 
Verbunden mit der Schafzucht ist in Südwest- 
afrika ziemlich regelmäßig diejenige der Angora- 
zucht. Die Angoraziege, deren beste Art in Klein- 
asien heimisch ist, liefert jenes lange, seidenweiche 
und glänzende Material, welches unter dem 
Namen Mohair auf dem Weltmarkt bekannt ist. 
Auch hierfür läßt sich ein sehr günstiges Pro- 
gnostikon stellen. 
Wende ich mich nunmehr nach Ostafrika, so 
wird es interessieren, zu wissen, daß in dem an- 
grenzenden Britisch-Ostafrika seit einigen Jahren 
große Herden australischer Schafe gehalten werden 
und, soweit man bisher weiß, auch sehr gut fort- 
kommen. Das eröffnet die Aussicht, daß solches 
auch im Innern Ostafrikas gelingen wird, und 
hierin liegt vielleicht die Lösung für die zweck- 
mäßige Verwendung jener bei der Erörterung 
der Rinderzucht bereits angeführten großen Innen- 
strecken. Jedenfalls ist es an der Zeit, nunmehr 
sobald als möglich mit zweckdienlichen Versuchen 
vorzugehen. Ich habe das Notwendige dafür 
bereits angeordnet. 
Ich will hier noch kurz auf die Straußenzucht 
eingehen. Sie wird in der Kapkolonie an wasser- 
reichen Orten mit vielem Erfolg betrieben. 9/10 
der beliebten Federn im Werte von etwa 
20 Millionen Mark kommen von dort. Da aber 
diese Zucht erhebliche Aufwendungen, viel Wasser, 
große Einzäunungen und den Anbau von Luzerne 
als Kraftfutter verlangt, wird sie in Südwest- 
afrika in größerem Umfange wohl nur dann auf- 
genommen werden können, nachdem das Land 
und die Ansiedler einigermaßen zur Ruhe ge- 
kommen sind und über die unmittelbaren Bedürf- 
nisse des Tages hinaus wirtschaftliche Ziele ver- 
folgen können. 
Auch am Kilimandscharo in Ostafrika sind 
Anfänge mit einer solchen Zucht gemacht und 
scheinen bei der Aufwendung hinreichenden Kapi- 
tals und dem notwendigen Sachverständnis nicht 
aussichtslos, da der wilde Vogel sehr häufig vor- 
kommt und das Zuchtmaterial demnach leicht be-
	        
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