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Recht jedes Farmeigentümers, Eingeborene zu
kontrollieren, die sich auf seinem Grund und
Boden aufhalten.
Größere Schwierigkeiten macht die Einrich-
tung von Reservoten. Ein solches existiert
bei der Gouvernementsfarm in Neudamm, ist
aber von Eingeborenen bisher nicht bezogen.
Reservate an sich bilden das Rehobother Gebiet
und das Bethanier Gebiet. Im Osten von Keet-
manshoop existieren größere Eingeborenen-Reser-
vate, und die Hottentotten sind in der Nähe von
Warmbad bekanntlich auf sehr großen Flächen
interniert. Die Regierung wird weitere größere
Flächen in Reserve halten müssen. Die weiße
Bevölkerung befürchtet, daß die Reservate sich
als Brutherde neuer Aufstände erweisen könnten.
Dem wird durch eine geeignete Organisation und
polizeiliche Bewachung abzuhelfen sein. Ferner
befürchtet die weiße Bevölkerung durch die Reser-
vate eine Verminderung ihrer Arbeiter, der die
absolute Mittellosigkeit der Eingeborenen zur Zeit
aber durchaus entgegenwirken wird. Sie sind
in der Tat nicht in der Lage, sich auf Reservaten
zu ernähren. Wenn auch hiermit sehr langsam
vorgegangen wird und der Arbeiterabzug nach
Reservaten keineswegs encouragiert werden darf,
so wird doch nach und nach im Schutzgebiet
auch die üUberzeugung durchgreifen, daß der
gegenwärtige Zustand keineswegs ungefährlich
ist, daß in den zahlreich heranwachsenden Halb-
weißen, die von der weißen Bevölkerung aus-
gestoßen sind und sich den Schwarzen über-
legen fühlen, ein gefährliches Zwischenglied vor-
handen ist, und daß gegen die Unmöglichkeit,
eine eigene Existenz zu gründen, ein Sicherungs-
Ventil geschaffen werden muß, wenn bei einer
stärkeren Vermehrung der schwarzen Bevölkerung
gefährliche Konvulsionen verhindert werden sollen.
Ich bin aber der Ansicht, daß bei verständiger Be-
handlung die Leute auch gern auf den Farmen
bleiben werden und unzuträgliche Herren bei der
großen Konkurrenz um Arbeiter unschwer mit
besseren vertauschen können. Der Schwarze in
Südwestafrika, mit Ausnahme der Hottentotten,
wünscht eine Autorität über sich, die ihn dirigiert
und leitet, und es liegt im eigenen Interesse der
weißen Bevölkerung, ein verständiges Verhältnis
herzustellen und zu erhalten. Die Stellung des
Gouvernements ist hier eine schwierige; es wird
nach Kräften bemüht sein, die gegenwärtige Ent-
wicklung nicht zu stören. Es muß aber im
Interesse der großen, noch unverkauften Land-
flüächen und der für eine finanzielle Entwicklung
des Schutzgebietes nötigen stärkeren Besiedlung
auch dafür sorgen, daß die Zukunft nicht kom-
promittiert wird. Da die Siedler Südwestafrikas,
im Gegensatz zu anderen Kolonien, in dem Lande
ihre dauernde Heimat und eine Wohnstätte für
Kinder und Kindeskinder suchen, demnach für die
Ausgleichung der Einzelinteressen mit den Interessen
der Entwicklung des Schutzgebietes als eines Ganzen
Sinn haben, so wird eine sorgfältige Behandlung
dieser schwierigsten aller Fragen mit der Zeit
sicherlich auch zu einer befriedigenden Lösung führen.
Ein gewisser Zuzug von Arbeitern wird in
erhöhtem Maße aus dem Ovambolande kommen,
sobald die Residentur dort eingerichtet ist. Die
Ovambo, welche ich gesehen habe, sind allerdings
ziemlich rohe und ungeschickte Arbeiter und den
Herero und den im Dienste der Weißen gewöhnten
Namaleuten in bezug auf Intelligenz und Ar-
beitsfähigkeit unterlegen. Für die Küstenorte
wird der Zuzug von Kapboys in Frage kommen,
die für den Farmbetrieb allerdings zu teuer sind.
Die Hottentotten des Südens gewöhnen sich lang-
sam an den Bahnbau und an eine regelmäßige
Beschäftigung; sie wird allerdings ihrem wilden
und ungezähmten Temperament offenbar äußerst
schwer.
Ich gehe jetzt auf die weiße Bevölkerung und
ihre Wünsche über. Bei ihrer Beurteilung wird
man sich vor Augen halten müssen, daß der
Deutsche, welcher nach Südwestafrika zieht,
vielerlei aufgibt, was in der Heimat als ein
selbstverständliches Gut angesehen wird. Vielfach
fehlt die Familie. Der Zuzug weißer Frauen
ist äußerst erwünscht, aber doch nur da möglich,
wo eine entsprechende Eristenzbasis vorhanden
ist. Gesinnungsgenossen und Freunde sind
selten. Der Kampf um das eigene Interesse
steht meistens im Zentrum der Gedanken, weil
staatliche Rechte und die Beteiligung an der
Gestaltung des Gemeinwohls nur in geringem
Maße existieren. Was in der Heimat erfrischt
und belebt, ein geistiger Verkehr, Bildungsan-
stalten, wie Theater und Konzerte, Erbauungs-
möglichkeiten, eine regelmäßige Seelsorge, fehlt
dort ganz. Der einzige Ort, in dem ein Aus-
tausch der Interessen und Empfindungen statt-
finden kann, ist oft nur das Wirtshaus. Für
diese Dinge bietet die Freiheit der Bewegung,
das Recht und die Möglichkeit größerer Selb-
ständigkeit, das Leben in der Natur, einen ge-
wissen, aber nicht vollwertigen Ersatz. In wolchem
Umfange dieser Satz wahr ist, beweist der enorme
Alkoholkonsum im Lande, der bei hoöchstens
10 000 Weißen, vielleicht 7000 Männern, ab-
gesehen von allen Spirituosen und Weinen,
im Jahre 1907 35000 hl Bier ausmacht. Zum Ver-
gleich möchte ich bemerken, daß auf der großen
Münchener Ausstellung im vorigen Jahre bei
ungefähr 1 000 000 Besuchern nur 8600 bhl Bier
ausgeschänkt worden sind. Im Jahre 1907 sind
in das Schutzgebiet alkoholhaltige Getränke im