Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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vor und brachten die sämtlichen sechs Räuber 
zur Strecke. 
Der Heide ist ein vorzüglicher Reiter. Sättel 
und Bügel kennt er nicht, falls er sie nicht von 
angrenzenden Fullahs oder Haussas erbeutet oder 
gestohlen hat. Als Zügel dienen zwei Grasstricke, 
die an einem weiteren um das Pferdemaul her- 
umgelegten Strick befestigt werden. Zum Reiten 
legt er noch den Rückenschurz ab und sitzt somit 
ganz nackt auf nacktem Pferde. Die Heidenpferde 
find sehr klein, nicht größer als ein Pony, jedoch 
äußerst zäh und ausdauernd. 
Die Hauptnahrung der Heiden besteht aus 
rotem und weißem Korn (Fufu) und der Milch, 
ferner aus Reis, Mais, Erdnüssen, Erdbohnen, 
Fischen, endlich aus dem Fleisch der Schafe, 
Ziegen, Hühner und nur in Ausnahmefällen auch 
aus dem des Rindviehs. 
Der Heide beschäftigt sich mit Ackerbau, Vieh- 
zucht, Fischang und Jagd. Die Bearbeitung des 
Ackers wird sowohl von den Weibern wie von 
den Männern besorgt. Als einziges Handwerks- 
zeug dient hierzu eine kleine Hacke aus härtestem 
Holz, die vielfach mit einer Eisenspitze versehen ist. 
Die Bearbeitung des Bodens und die Farm- 
bestellung findet vor Beginn der großen Regenzeit 
statt. Die Regenzeit fällt in die Monate Juni, 
Juli, August und September; Mai und Oktober 
sind Ubergangsmonate, November bis April bilden 
die Trockenzeit. 
Angebaut werden: Rotes und weißes Korn, 
Erdnüsse, Erdbohnen, stellenweise auch Reis, Mais, 
Okro, Baumwolle (sehr wenig) und Tabak. Korn, 
Erdnüsse, Erdbohnen bleiben nach beendeter Regen- 
zeit noch etwa einen Monat lang auf dem Halm 
bzw. im Boden. Der Mais wird etwa einen 
Monat vor dem Ende der Regenzeit abgeerntet. 
Baumwolle findet man bei den einzelnen Ge- 
höften in wenigen kümmerlichen Pflänzchen ver- 
treten. Diese Pflänzchen haben nur den Zweck, 
den Weibern die Wolle für ihre einzige Beklei- 
dung, den schon beschriebenen Strick, zu liefern. 
Bei der Station in Bongor sind von mir Baum- 
woll-Versuchsgärten angelegt worden. Nach fünf 
Monaten waren die Pflänzchen erst 75 em hoch. 
Ich habe den Boden absichtlich nicht gedüngt, 
um zu sehen, was er zu leisten imstande ist. Er 
scheint sich, nach diesem Versuch und nach den 
Pflänzchen zu urteilen, die ich bei den Gehöften 
der Eingeborenen sah, nicht besonders für Baum- 
wolle zu eignen. Andere Gebiete in den deutschen 
Tsadseeländern, namentlich in Bornu, die Gebiete 
nahe dem Tsadsee, auch die Mandara-Gegend, 
sollen hervorragende Baumwollstauden aufweisen. 
Leutnant v. Hanstein erzählte mir, daß er in 
Wulgo am Ngala-Fluß Baumwollfelder angetroffen 
hätte, über die er hoch zu Pferde nicht hinweg- 
  
sehen konnte. Die einzelnen Standen seien von 
Daumendicke gewesen. 
Der Fischfang wird äußerst rege betrieben. 
Es erklärt sich daraus, daß der Logone-Fluß von 
Bongor bis Musgum-Dorf auf beiden Ufern dicht 
bevölkert ist. Besonders das rechte Ufer bildet 
eine fast ununterbrochene Reihe von Wohnstätten. 
Der Fischbestand ist auf der Strecke Bongor bis 
Musgum-Dorf nicht mehr allzu groß. Schonungs- 
zeiten kennt der nur von heute auf morgen 
denkende Heide nicht und er setzt auch in der 
Laichzeit den regen Fischfang fort. Der Fang 
geschicht mit Netzen und Reusen. Mit Beginn 
der Trockenzeit, also beim Fallen des Massers, 
werden alle mit dem Logone-Fluß in Verbindung 
stehenden Gräben gegen diesen abgesperrt. Diese 
Gräben sind dann sehr schnell bis auf den letzten 
Fisch ausgefangen. 
An Vieh sind im Bezirk vertreten: Buckel- 
rindvieh, Schafe und Ziegen, Haushühner und 
Perlhühner. Es gibt hier wohl kaum einen er- 
wachsenen Heiden, der nicht wenigstens ein Stück 
Rindvieh sein eigen nennt. Die Ernährung des 
Rindviehs bietet nur in der Trockenzeit einige 
Schwierigkeiten. Während der Regenzeit bleibt 
es in der Nähe der Ortschaften, wo in dieser 
Zeit reichliches Futter vorhanden ist; in der 
Trockenzeit dagegen wird das Vieh in oft meilen- 
weit von den Dörfern entfernte Grasebenen ge- 
trieben. 
In einer solchen Grasebene wird das Rind- 
vieh jeden Abend an einem bestimmten Lagerplatzt 
zusammengetrieben. Die Lagerplätze sind zum 
Schutz gegen Raubzeug und menschliches Raub- 
gesindel ringsum mit Dornverhauen umgeben. 
Jedes Tier hat hier seinen bestimmten Platz, und 
zwar ist das Vieh jeder Heidenfamilie wieder 
besonders durch Stangen von dem einer anderen 
Familie abgegrenzt. Viele Familien wohnen 
hier während der ganzen Trockenzeit bei ihrem 
Vieh, von anderen Familien ist wenigstens ein 
männliches Mitglied oder ein Freund des Hausos 
als Wachtposten am Platze. Ferner sieht man 
an diesen Plätzen eine Unmenge Kinder und halb- 
wüchsige Jünglinge. Diese sind von ihren Eltern 
hierher zum Milchtrinken geschickt worden und 
kehren erst mit dem Vieh in ihre Dörfer zurück. 
Der Heide hängt mit großer Liebe an seinem 
Rindvieh. Er schlachtet höchst selten einmal ein 
Tier, und dann ist es meist ein ganz altes, von 
dem er annimmt, daß es doch nächstens eingebt. 
Nur unter ganz besonderen Umständen trennt er 
sich von seinem Vieh oder von einem Teile. 
Den Hauptgrund bildet dann der Kauf von 
Weibern oder die Totenklage. Stirbt ein teures 
Familienmitglied, dann läßt der Heide sich herbei, 
einen Bullen für die Trauerfeier zu schlachten.
	        
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