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Weiber-, Kinder= und Viehraub bilden die
Hauptstreitfragen und sind bei den noch nicht mit
den Weißen in Berührung gekommenen Stämmen
an der Tagesordnung. Viehdiebstähle sind am
häufigsten. Man kann irgend einen Heiden fragen,
ob ihm schon einmal ein Stück Vieh gestohlen
worden sei, und man wird stets eine bejahende
Antwort erhalten. Bei den dem Posten zunächst
gelegenen Stämmen haben die Diebstähle er-
freulicherweise schon sehr nachgelassen. Trotzdem
werden mehrere Tage in der Woche von früh
bis spät damit verbracht, daß Klagen über der-
artige Diebstähle angehört und geprüft werden
müssen. Mehrere Patrouillen sind im Monat
notwendig, um alle derartigen Angelegenheiten
zu erledigen.
Weiber= und Kinder= (Mädchen-) Raub ist
gleichfalls nicht selten. Eine für uns immerhin
etwas eigentümliche, dagegen der Auffassung des
Küstenbuschbewohners sehr verwandte Rechts-
anschauung möchte ich an dieser Stelle erwähnen:
Ein Heide kauft ein Weib von dessen Vater für
zwölf Kühe. Stirbt das Weib, bevor es ein
Kind zur Welt gebracht hat, dann muß der Vater
des Weibes die Kühe an den Käufer zurückgeben.
Wird ein Knabe geboren, dann muß der Vater
des Weibes die Hälfte des Kaufpreises, also in
diesem Falle sechs Kühe, an den Käufer zurück-
erstatten. Erst wenn das Weib ein Mädchen zur
Welt bringt, ist für den Heiden das Geschäft
richtig, weil er sich sagt, daß er nun später durch
den Verkauf seiner Tochter auch wieder zu zwölf
Kühen kommt.
Man sieht hieraus, daß ganz ähnlich wie bei
den Stämmen des Küstenbusches, auch für den
Heiden das Weib nur eine Handelsware ist.
Eine große Liebe zu seinem Weibe kennt er nicht.
Ein anderes Beispiel: Dem Heiden wird das für
zwölf Kühe gekaufte Weib gestohlen und der Dieb
verkauft es weiter, so daß es für den Bestohlenen
nicht wiederzuerlangen ist. Er wendet sich nun-
mehr an den Dieb und verlangt von ihm nur
zwölf Kühe, also den Kaufpreis für das Weib.
Geht der Dieb darauf ein, so ist die Angelegen-
heit damit erledigt. Weigert er sich jedoch, die
Kühe zu bezahlen, dann ist der Bestohlene be-
rechtigt, dem Dieb bei irgend einer passenden Ge-
legenheit die doppelte Anzahl Kühe zu entwenden.
Das ist nach Ansicht der Häuptlinge und Großen
beider Parteien vollkommen in der Ordnung
und der zuletzt Bestohlene muß sich damit zu-
frieden geben.
Der Weiße muß derartigen, bei den Heiden
seit Generationen tief eingewurzelten Rechts-
anschauungen zunächst Rechnung tragen. Er
würde mit einer anderen Anschauung die Leute
direkt vor den Kopf stoßen, jedenfalls aber gar
nicht von ihnen verstanden werden.
r—G
mG
Nach und nach bekehren sich einzelne Heiden
der an die Fullah-Lamidate angrenzenden Stämme
zum Mohammedanismus. Die Bekehrung besteht
jedoch in den meisten Fällen nur darin, daß der
Heide sich für eine Menge Kühe ein weites Fullah-
Gewand und einen Rosenkranz ersteht. Gebet-
übungen habe ich diese bekehrten Heiden nie
machen sehen.
Eine dumpfe Vorstellung von einem über-
irdischen Wesen ist — ebenso wie wohl bei allen
Naturvölkern — auch bei diesen Heiden vor-
handen. Irgendwelchen Götzendienst oder Fetisch
— wie bei den Völkern Süd-Kameruns — habe
ich hier nirgendwo feststellen können.
Die Bana= und Muszug-Heiden erinnern
äußerlich sehr an die Jaundes oder Banes in
Süd-Kamerun. Sie sind ebenso wie jene von
hoher, schlanker, herrlicher Gestalt, mit breiter
Brust und muskulösen Gliedern. Ihr Charakter
unterscheidet sich jedoch sehr von dem der Urwald-
bewohner. Während letztere zum großen Teil
als hinterlistig und verschlagen, als Heuchler und
Betrüger bezeichnet werden müssen, kann man
bei den Heiden von einem offenen und ehrlichen
Charakter sprechen. Selten versucht der Heide
vor Gericht zu lügen. Hat er jemand totgeschlagen,
so bekennt er offen und ehrlich: „Ja, ich habe
den Mann totgeschlagen, weil er mir ein Huhn
stehlen wollte."
Hat der Heide erst gesehen, daß der Weiße
ihm nur helfen und ihn nicht — wie es
früher die angrenzenden Fullahs und Bagirmis
taten — zum Sklaven machen will, dann faßt
er bald ein festes Vertrauen, und es ist dann
eine Freude, mit diesen Leuten zu arbeiten. Bei
diesen Eingeborenen ist ein gutes Wort häufig
sehr am Platze.
Während man in Süd-Kamerun die Einge-
borenen meist nur durch eiserne, wenn auch ge-
rechte Strenge im Zaume halten kann, erreicht
man bei diesen Heiden sehr oft viel durch Güte,
Zureden und Geduld. Ich habe während der
ganzen Zeit in Bongor keine einzige Prügelstrafe
bei den Heiden anzuwenden nötig gehabt, wäh-
rend man doch im Süden des Schutzgebiets kaum
ohne diese Strafe auskommen kann. Diese Strafe
ist auch deshalb bei den Bongor-Heiden so wenig
angebracht, weil die Leute tatsächlich viel Ehr-
gefühl besitzen und weil sie die Prügelstrafe als
demütigend und entwürdigend auffassen würden.
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Über eine mögliche Wasserverbindung
zwischen dem Atlantischen Ozean und dem