Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

G 508 2O 
Die immer wieder eintretenden Dürren haben 
die Regierung des Staates veranlaßt, auf Mittel 
zu sinnen, um der dadurch herworgerufenen Not zu 
begegnen. So hat man versucht, in großen Stau- 
werken Wasser anzusammeln. Diese Versuche haben 
fast gar keinen Erfolg gehabt, weil das Wasser zur 
Füllung der Stauwerke nicht hinreichte. Aber auch 
die von Privaten angelegten kleinen Stauwerke 
zeigen nur wenig Erfolg, da die Verdampsung in- 
folge der hohen Temperatur sehr groß ist und die 
kleinen Wasserbassins meist in kurzer Zeit trocken 
liegen. Der Leiter einer Kommission zum Studium 
dieser Frage will festgestellt haben, daß die von den 
Gebirgen kommenden Wasser sich auf dem Wege 
zum Ozean meist in untere Bodenschichten versenken 
und dort unterirdische Flüsse bilden. Schon nach 
kurzem Laufe sickert das Wasser in diese Schichten 
und bald nach der Regenzeit sind die unteren Fluß- 
läufe vollständig trocken, wogegen man in Tiefen 
von 8 bis 50 m reichlich Wasser findet. Man 
versucht nun, durch artesische Brunnen dieses Wasser 
wieder an die Oberfläche zu bringen und es nutz- 
bar zu machen. Es ist jedoch kaum zu erwarten, 
daß auf diese Weise dem Lande nachdrücklich ge- 
holsen und genügende Feuchtigkeit gewonnen werden 
kann. So lange es der Regierung nicht möglich 
ist, für Bewaldung zu sorgen und dem Holzraub= 
bau entgegen zu arbeiten, wird ein Erfolg nicht 
zu erwarten sein. Ein seit dreißig Jahren bestehen- 
des Gesetz, das die Abholzung verbietet, ist nie 
befolgt worden; selbst die unter Staatsaussicht 
stehenden Eisenbahnen heizen ihre Maschinen mit 
Holz. 
Der Wassermangel lastet aber sehr empfindlich 
auf dem ganzen Lande. Weite Strecken, die reich- 
liche Erträge liefern könnten, liegen jetzt öde. Das 
einzige, was dort gewonnen wird, ist das Carneuba= 
wachs von der Carneubapalme, Copernicia ceri- 
kera. Erst in der Nähe der Gebirge beginnt 
wieder Bodenkultur, und dort werden (außer den 
verschiedenen Nahrungsmitteln) etwas Kaffee, Baum- 
wolle und die Manihot Glaziovii zur Gummi- 
gewinnung gepflanzt. 
An Eisenbahnen gibt es in dem Staate zwei 
Linien. Die eine führt von Camocim nach Sobral, 
die andere von Fortaleza nach Humayta. Von der 
letzteren aus führte unweit Fortaleza eine kurze 
Abzweigung nach Maranguapé ins Gebirge. Es 
wird beabsichtigt, beide Hauptbahnlinien zu ver- 
längern und damit das Hinterland zu erschließen. 
Neben diesen Bahnlinien, der Flußschiffahrt und 
dem Ozean kommen für den Waren= und Personen- 
verkehr Lasttiere in Betracht. Aus dem Innern 
des Landes wie aus den benachbarten Staaten 
Piauhy, Parahyba und Rio Grande do Norte 
werden die Waren oft in monatelangen Reisen auf 
ganzen Herden von Eseln an die größeren Ver- 
kehrsplätze gebracht. In jenen weit abliegenden 
Distrikten werden in umfangreichem Maße Lasttiere 
  
und Ziegen gezüchtet; die letzteren hauptsächlich der 
Felle wegen. Die Lasttiere kommen mit Waren 
beladen an die Verkehrszentren und werden dann 
zum großen Teil an der Küste weiterverwendet. 
Auf diese Weise wird der Transport der Waren 
verbilligt, indem er mit dem Transport der Last- 
tiere vereinigt ist. 
Das Klima des Staates Ceará ist gegenüber 
dem des Amazonasgebietes als gesund zu bezeichnen. 
Viele Rekonvaleszenten kommen dorthin, um sich 
im Gebirge, besonders bei Maranguapé, zu erholen. 
Nichtsdestoweniger kommt auch dort, besonders an 
der Küste, gelbes Fieber vor. 
In den Städten wird das Trinkwasser teil- 
weise durch Brunnen, die meist mit Windmotoren 
getrieben werden, vielfach auch durch Auffangen des 
Regenwassers und Ansammeln in Tanks oder durch 
Transport von oft weiter entfernt gelegenen Wasser- 
stellen beschafft. Selbst in der Hauptstadt Forta- 
leza ist man auf solches Wasser angewiesen. Es 
wird in kleinen Fässern auf Eseln in die Stadt ge- 
bracht und mit 100 Reis per Kübel verkauft. In 
besseren Häusern wird dieses Wasser oder das 
Regenwasser vor dem Konsum filtriert. 
Die Hauptstadt Fortaleza, mit etwa 45.000 Ein- 
wohnern, macht den Eindruck einer sehr stillen Pro- 
vinzstadt. Der durch eine Meeresbucht gebildete 
Hafen erlaubt trotz des Schutzes, den ein Korallen- 
riff und ein 400 m langer Wellenbrecher bieten, 
den Schiffen nicht, nahe am Lande anzulegen, da 
die Brandung ziemlich stark ist. Auch der in das 
Meer hinausgebaute Pier ist von den Schiffen 
nicht zu benutzen; nur Leichter können dort mit 
Waren anlegen. Passagiere werden auf kleinen 
Booten möglichst nahe zur Küste gebracht und als- 
dann von Männern ans Land getragen. 
Die Stadt besitzt neben einigen Plätzen mit 
Gartenanlagen einen recht hübschen, an der See- 
seite auf hohem Terrain gelegenen Park, den 
Passeio Publico, in welchem regelmäßig Konzerte 
stattfinden. Dort wird auch die bei den südlichen 
Völkern so beliebte Abendpromenade abgehalten. 
An öffentlichen Gebäuden sind außer zehn Kirchen 
das Regierungsgebäude, das Marinearsenal sowie 
ein Gymnasium zu erwähnen. Einige Straßen- 
bahnen werden mit Mauleseln betrieben. Die 
Schulverhältnisse stehen auf niederer Stufe, die Be- 
wohner sind zum größten Teil Analphabeten. Ob- 
wohl dieser Mangel von der Regierung schon lange 
erkannt wird und der Staatspräsident ihn auch in 
seiner vorjährigen Etatsrede wieder hervorgehoben 
hat, ist nicht zu erwarten, daß sich auf diesem Ge- 
biete bald etwas bessert. Besonders hervorzuheben ist, 
daß ein Portugiese, Herr Dias Rocha, auf eigene 
Kosten ein Museum gegründet hat, das eine recht 
umfangreiche Sammlung von Cearenser Produkten 
und Raritäten enthält.
	        
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