Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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Die Gummifladen werden von dem anhaftenden 
Sande durch Bearbeitung auf eisernen Kratzern ge- 
reinigt. Diese Arbeitsmethode ist sehr einfach, sie 
erfordert verhältnismäßig wenig Zeitaufwand und 
geringe Ubung der Arbeiter. Die Qualität des 
Kautschuks ist aber infolge von Sand= und Staub- 
beimischung minderwertig. Versuche, die Gummi- 
milch nach einer Zentralstelle zu bringen und dort 
durch rationelle Bearbeitung reineren Gummi zu 
gewinnen, scheitern daran, daß die Milch sehr schnell 
nach dem Austritt aus der Rinde koaguliert. Die 
Milch gerinnt beim Zapfen am höheren Teil des 
Baumes schon am Stamm und ergibt nur Sernamby, 
der noch geringer bewertet wird, als die am Boden 
gewonnenen Fladen. Auch das Auffangen der Milch 
in Tigelinhas ist nicht vorteilhaft, weil die ganze 
Feuchtigkeit in der koagulierten Masse verbleibt und 
nicht, wie in den Erdgruben, von dem trockenen 
Boden aufgesogen wird. Solcher Gummi ist dem 
Verderben leichter ausgesetzt oder er müßte besonders 
getrocknet werden. Der in den Erdgruben ge- 
wonnene Gummi hat, wenn er trocken ist, eine 
grauschwarze Farbe und, wie der meiste Manicoba= 
Gummi, einen unangenehmen fauligen Geruch. 
Die Zapfarbeit wird auf jener Plantage von 
Männern und erwachsenen Knaben ausgeführt, 
während das Einsammeln und Reinigen der Fladen 
die Frauen und Mädchen besorgen. Die Arbeit 
wird durchgängig mit Tagelohn bezahlt. Der Lohn 
für zehnstündige Arbeit beträgt: für Männer 1500, 
für Knaben 1000, für Frauen und Meädchen 
500 Reis. Zur Zeit sind in Serra do Vicente 
etwa 120 Leute, meist Frauen und Knaben, beschäf- 
tigt. Die Produktion wurde in diesem Jahre auf 
etwa 10 Tons trockenen Gummi geschätzt; die 
Arbeitskosten stellten sich pro Kilo auf 900 bis 
1000 Reis. 
Während in den anderen Manicoba-Pflanzungen 
meist ebenso wie in Serra do Vicente gearbeitet 
wird, wendet man auf der Pflanzung „Brazilian 
Plantation Estate Ltd., Monte Alegro“, eine andere 
Arbeitsmethode an. Diese Gesellschaft besitzt 1000 ba, 
zum Teil natürlichen Manicobabestand, zum Teil 
Anpflanzungen. Zwischen den alten Stämmen be- 
findet sich unregelmäßig viel junger Nachwuchs, 
so daß man dort schon mehr von einem Manicoba= 
wald, als von einer Pflanzung sprechen kann. 
Schätzungsweise dürften hier etwa 2000 alte und 
junge Bäume per Hektar stehen. Die Pflanzung 
liegt zwischen 600 und 800 m über dem Meeres- 
spiegel. Die Bewirtschaftungsweise ist folgende: 
Jedem Arbeiter sind etwa 400 bis 600 zapffähige 
Bäume zur selbständigen Bearbeitung übertragen, 
sein Verdienst richtet sich nach dem Quantum Milch, 
welches er aus seinen Bäumen gewinnt. Der 
Tagesertrag ist durchschnittlich 2½ 1 Gummimilch. 
Die Arbeit beginnt hier schon nachts 3 Uhr. 
Hierdurch sowohl wie durch die höhere, kühlere Lage 
  
wird erreicht, daß die gezapfte Milch noch flüssig 
nach der Verarbeitungsstelle gebracht werden kann. 
Die Bäume werden an der zu bearbeitenden 
Stelle von der äußeren Rinde entblößt. In die 
darunter liegende grüne Rinde gibt man mit der 
Machadinha zwei sich im spiyen Winkel gegenüber- 
stehende Schläge. Das Ende des einen Schenkels 
geht über die untere Spitze des Winkels hinaus; 
der Anschlag bildet so etwa die Zeichnung eines 
verschobenen V, dessen einer Schenkel nach unten zu 
um so viel herausragt, wie er nach oben zu kurz 
ist. Diese Einschnitte werden in Abständen von 
etwa 5 cm nach unten zu in Zwischenräumen von 
etwa zwei Tagen wiederholt. Hierbei wird die 
äußere Rinde jedesmal nur so weit abgenommen, als 
dies für den Anschlag in die darunter liegende grüne 
Rinde notwendig ist, denn ein vorheriges Ablösen 
der äußeren Rinde würde die Pression in den Milch- 
kanälen verringern. Unter dem tiefsten Punkt des 
Einschnittes wird eine Tigelinha in die Rinde ge- 
preßt, um die Milch darin aufzufangen. Je nach 
Stärke der Bäume werden auch hier ein oder zwei 
Tigelinhas angesetzt, d. h. ein oder zwei Streifen 
an jedem Baum angeschlagen. Nach etwa zwei 
Stunden, also noch vor Ausgang der Sonne, be- 
ginnen die Arbeiter mit dem Einsammeln der in 
den Tigelinhas zusammengeflossenen Milch; sie 
gießen diese in ein größeres Gesäß, und schon um 
8 bis 10 Uhr vormittags sind die Arbeiter 
mit der Milch in der Faktorei, wo sie von ihnen 
nach Litern übernommen wird. 
Die gewonnene Milch wird, nachdem sie durch 
ein Tuch filtriert worden ist, auf Teller gegossen, 
um darauf zu koagulieren. Wenn die Teller nicht 
ausreichen, wird die Gummimilch in zylindrische 
Blechgefäße gegossen. Nach etwa 24 Stunden ist 
der Kautschuk in der Milch koaguliert, ohne daß 
irgend ein Zusatz gemacht worden ist. Dann 
nimmt man den koagulierten Kautschuk aus den 
Gefäßen und wäscht ihn mit Wasser tüchtig aus. 
Der gewaschene Kautschuk wird auf einer Holzplatte 
ausgerollt, so daß er die Form runder Platten an- 
nimmt. Die in den Blechzylindern koagulierte Milch 
wird vorher in Scheiben von 1 cm Dicke geschnitten. 
Der so vom Wasser möglichst befreite Kautschuk 
wird dann auf einige Stunden in die Sonne gelegt, 
um schnell weitere Feuchtigkeit zu verlieren und 
schließlich mehrere Wochen oder Monate lang, je 
nachdem die Witterung es erfordert, zum vollstän- 
digen Trocknen in luftigen Räumen ausgelegt. 
Der auf diese Art gewonnene Kautschuk ist von 
reinerer Qualität als der in den Erdgruben ge- 
wonnene; immerhin behält auch dieser einen unan- 
genehmen Geruch und die Qualität erreicht nicht 
die des Hevea-Kautschuks. 
Für jede abgelieferte Kanne mit 2½ 1 flüssiger 
Gummimilch erhält der Arbeiter 1600 Reis. Zu- 
weilen kommt es auch vor, daß die Arbeiter teilweise 
schon koagulierte Milch nach der Faktorei bringen.
	        
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