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taafa gegangen war, hatte lediglich den Grund,
daß er den Tanu damals für zu jung hielt.
Lauati half damals Mataafa zum König prokla-
mieren, weil ihm die Regierung Mataafas als
ein Intermezzo paßte, weil er sich mächtig genug
fühlte, den samoanischen Königsthron wie einen
Stuhl hin und her zu schieben und umzuwerfen,
wann und wie es ihm beliebte. Niemals hat
Lauati geglaubt und gewünscht, daß Mataafa
zehn Jahre unbehelligt Tupu (König) oder Alii
Sili bleiben würde! Mit der Wankelmütigkeit
eines samoanischen Politikers vermochte er nicht
zu erfassen, daß Deutschland für alle Zeit und
allein in Samoa herrsche. Ihm wurde Deutsch-
land langweilig, er wollte Abwechslung. Die
Anwesenheit der amerikanischen Flotte im vorigen
Jahre rief alte Erinnerungen in ihm wach, und
Sialataua, seine Ehefrau, wollte aus dem lang-
weiligen Provinznest Safotulafae wieder nach
Mulinuu und ihren Gatten wie früher als den
Leiter der Politik Samoas sehen!
Ob und wie weit er seinen Plan wirklich
durchsetzen konnte, hat Lauati sich nicht klar über-
legt. Eine offene Rebellion gegen die Regierung
hat er sicher nicht beabsichtigt. Durchdacht war
sein Plan nur bis zur Ausführung der Massen-
demonstration. Was er tun würde und sollte,
nachdem der Gouverneur ihn abschlägig beschieden
haben würde, hatte er noch nicht überdacht. Auf
eine ablehnende Antwort hätte er möglicherweise
mit Obstruktion geantwortet und der voraussicht-
lichen Anordnung des Gouverneurs, sofort nach
Sawati zurückzukehren, passiven Widerstand ent-
gegengesetzt. Damit aber, daß der stellvertretende
Gouverneur Dr. Schultz seinen Plan frühzeitig
durchkreuzen würde, und daß die Demonstration
schließlich überhaupt nicht zustande kam, damit
hatte er nicht gerechnet; das brachte ihn auf,
weil er sich in seiner Eitelkeit verletzt fühlte, und
weil er den Hohn der Samoaner fürchtete. Das
ist der Grund seines späteren strafbaren Ver-
haltens und seines Vorgehens in Vaiugu.
Kurz vor der Rückkehr des Gouverneurs
Dr. Solf von seinem Urlaub hatte der stell-
vertretende Gouverneur anfangs November v. Is.
Briefe aufgefangen, die von der Intrige Lauatis
unzweifelhafte Kunde brachten. Sofort schickte
Dr. Schultz Boten nach Sawaii, untersagte kate-
gorisch den Besuch der Sawaii-Leute in Apia und
machte selbst eine Reise, um die Eingeborenen
aufzuklären. Einige Distrikte gehorchten, Lauati
selbst aber mit ungefähr 22 großen Booten (die
Boote halten 40 bis 50 Mann) kümmerte sich
nicht um den Befehl und ging nach Manono
(Insel zwischen Upolu und Sawaü#) und Aana
(Westdistrikt von Upolu), wo er mit seinen Leuten
abwartend liegen blieb. Von Aana aus sandte
er Boten über die ganze Insel Upolu, um die
verschiedenen Distrikte auch dieser Insel zum Un-
gehorsam gegen die Befehle Dr. Schultz' aufzu-
reizen und sie zu überreden, seiner patriotisch-
samoanischen Sache treu zu sein.
In diesem Stadium der Bewegung, bei dem
ersten Versuch, Lauatis, offen gegen Anordnungen
der Regierung vorzugehen, zog sich Mataafa von
ihm zurück und unterstützte Dr. Schultz, der un-
ermüdlich fortfuhr, die Eingeborenen vor törichten
Schritten zu warnen und sie im friedlichen Sinne
zu bearbeiten, Lauati zum Rückgang zu bewegen.
Lauati gehorchte schließlich so weit, daß er am
19. November, am Tage der Ankunft des Gou-
verneurs, nicht in Apia anwesend war.
Dr. Schultz machte den Gouverneur alsbald
mit den letzten Vorgängen im Lande vertraut
und schilderte den Ernst der Lage.
Der Gouverneur unternahm darauf sofort
eine Rundreise um Sawaii. Diese endigte mit
dem Besuch von Safotulafai, dem Sitz Lauatis
und dem als Hauptstadt von ganz Sawaii an-
erkannten Vorort von Pule. Hier fand der
Gouverneur eine große übermacht, allein fast
ganz Faasaleleaga auf seiten Lauatis, und bereit,
mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Dieser
Tatsache gegenüber war es ohne militärische
Machtmittel unausführbar, Lauati aus der Mitte
seiner Anhänger heraus zu verhaften und nach
Apia zu bringen. Der Gouverneur beschränkte
sich darauf, auf dem offenen Versammlungsplatz
von Safotulafai eine Rede zu halten, in der er
die Bewegung des Lauati als gesetzwidrig und
als Beginn einer Rebellion tadelte und Lauati
als einen gefährlichen Lügner und Aufwiegler
darstellte. Die Rede machte auf die Zuhörer
einen sichtlichen Eindruck. Es war aber zu be-
fürchten, daß Lauati nach der Abreise des Gou-
verneuers mit seiner geradezu genialen redne-
rischen Begabung und mit seiner von keinem
anderen Häuptling erreichten Kunst, seine Lands-
leute zu beherrschen, die wankelmütig gewordenen
Anhänger wiedergewinnen würde. Der Gou-
verneur erklärte Lauati, daß beim Zusammen-
treten der regelmäßigen Häuptlingsversammlung
in Mulinuu im Januar die Untersuchung der
Angelegenheit und die Bestrafung der Schuldigen
erfolgen würde. Der Gouverneur kehrte nach
zehntägigem Aufenthalt in Sawaii nach Upolu
zurück. Wie er vorausgesehen hatte, wurde von
Lauati im Sinne seines Planes weitergearbeitet.
Er schickte Boten nach Upolu, und bald war in
ganz Samoa das Gerücht verbreitet, Lauati habe
den Gouverneur mit seiner Rede geschlagen, der
Gouverneur sei stumm und besiegt von Sawaii
abgezogen. Dr. Solf berief nun eine Versamm-
lung der Häuptlinge und Sprecher von Upolu