Full text: Deutsches Kolonialblatt. XX. Jahrgang, 1909. (20)

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taafa gegangen war, hatte lediglich den Grund, 
daß er den Tanu damals für zu jung hielt. 
Lauati half damals Mataafa zum König prokla- 
mieren, weil ihm die Regierung Mataafas als 
ein Intermezzo paßte, weil er sich mächtig genug 
fühlte, den samoanischen Königsthron wie einen 
Stuhl hin und her zu schieben und umzuwerfen, 
wann und wie es ihm beliebte. Niemals hat 
Lauati geglaubt und gewünscht, daß Mataafa 
zehn Jahre unbehelligt Tupu (König) oder Alii 
Sili bleiben würde! Mit der Wankelmütigkeit 
eines samoanischen Politikers vermochte er nicht 
zu erfassen, daß Deutschland für alle Zeit und 
allein in Samoa herrsche. Ihm wurde Deutsch- 
land langweilig, er wollte Abwechslung. Die 
Anwesenheit der amerikanischen Flotte im vorigen 
Jahre rief alte Erinnerungen in ihm wach, und 
Sialataua, seine Ehefrau, wollte aus dem lang- 
weiligen Provinznest Safotulafae wieder nach 
Mulinuu und ihren Gatten wie früher als den 
Leiter der Politik Samoas sehen! 
Ob und wie weit er seinen Plan wirklich 
durchsetzen konnte, hat Lauati sich nicht klar über- 
legt. Eine offene Rebellion gegen die Regierung 
hat er sicher nicht beabsichtigt. Durchdacht war 
sein Plan nur bis zur Ausführung der Massen- 
demonstration. Was er tun würde und sollte, 
nachdem der Gouverneur ihn abschlägig beschieden 
haben würde, hatte er noch nicht überdacht. Auf 
eine ablehnende Antwort hätte er möglicherweise 
mit Obstruktion geantwortet und der voraussicht- 
lichen Anordnung des Gouverneurs, sofort nach 
Sawati zurückzukehren, passiven Widerstand ent- 
gegengesetzt. Damit aber, daß der stellvertretende 
Gouverneur Dr. Schultz seinen Plan frühzeitig 
durchkreuzen würde, und daß die Demonstration 
schließlich überhaupt nicht zustande kam, damit 
hatte er nicht gerechnet; das brachte ihn auf, 
weil er sich in seiner Eitelkeit verletzt fühlte, und 
weil er den Hohn der Samoaner fürchtete. Das 
ist der Grund seines späteren strafbaren Ver- 
haltens und seines Vorgehens in Vaiugu. 
Kurz vor der Rückkehr des Gouverneurs 
Dr. Solf von seinem Urlaub hatte der stell- 
vertretende Gouverneur anfangs November v. Is. 
Briefe aufgefangen, die von der Intrige Lauatis 
unzweifelhafte Kunde brachten. Sofort schickte 
Dr. Schultz Boten nach Sawaii, untersagte kate- 
gorisch den Besuch der Sawaii-Leute in Apia und 
machte selbst eine Reise, um die Eingeborenen 
aufzuklären. Einige Distrikte gehorchten, Lauati 
selbst aber mit ungefähr 22 großen Booten (die 
Boote halten 40 bis 50 Mann) kümmerte sich 
nicht um den Befehl und ging nach Manono 
(Insel zwischen Upolu und Sawaü#) und Aana 
(Westdistrikt von Upolu), wo er mit seinen Leuten 
abwartend liegen blieb. Von Aana aus sandte 
  
er Boten über die ganze Insel Upolu, um die 
verschiedenen Distrikte auch dieser Insel zum Un- 
gehorsam gegen die Befehle Dr. Schultz' aufzu- 
reizen und sie zu überreden, seiner patriotisch- 
samoanischen Sache treu zu sein. 
In diesem Stadium der Bewegung, bei dem 
ersten Versuch, Lauatis, offen gegen Anordnungen 
der Regierung vorzugehen, zog sich Mataafa von 
ihm zurück und unterstützte Dr. Schultz, der un- 
ermüdlich fortfuhr, die Eingeborenen vor törichten 
Schritten zu warnen und sie im friedlichen Sinne 
zu bearbeiten, Lauati zum Rückgang zu bewegen. 
Lauati gehorchte schließlich so weit, daß er am 
19. November, am Tage der Ankunft des Gou- 
verneurs, nicht in Apia anwesend war. 
Dr. Schultz machte den Gouverneur alsbald 
mit den letzten Vorgängen im Lande vertraut 
und schilderte den Ernst der Lage. 
Der Gouverneur unternahm darauf sofort 
eine Rundreise um Sawaii. Diese endigte mit 
dem Besuch von Safotulafai, dem Sitz Lauatis 
und dem als Hauptstadt von ganz Sawaii an- 
erkannten Vorort von Pule. Hier fand der 
Gouverneur eine große übermacht, allein fast 
ganz Faasaleleaga auf seiten Lauatis, und bereit, 
mit ihm durch dick und dünn zu gehen. Dieser 
Tatsache gegenüber war es ohne militärische 
Machtmittel unausführbar, Lauati aus der Mitte 
seiner Anhänger heraus zu verhaften und nach 
Apia zu bringen. Der Gouverneur beschränkte 
sich darauf, auf dem offenen Versammlungsplatz 
von Safotulafai eine Rede zu halten, in der er 
die Bewegung des Lauati als gesetzwidrig und 
als Beginn einer Rebellion tadelte und Lauati 
als einen gefährlichen Lügner und Aufwiegler 
darstellte. Die Rede machte auf die Zuhörer 
einen sichtlichen Eindruck. Es war aber zu be- 
fürchten, daß Lauati nach der Abreise des Gou- 
verneuers mit seiner geradezu genialen redne- 
rischen Begabung und mit seiner von keinem 
anderen Häuptling erreichten Kunst, seine Lands- 
leute zu beherrschen, die wankelmütig gewordenen 
Anhänger wiedergewinnen würde. Der Gou- 
verneur erklärte Lauati, daß beim Zusammen- 
treten der regelmäßigen Häuptlingsversammlung 
in Mulinuu im Januar die Untersuchung der 
Angelegenheit und die Bestrafung der Schuldigen 
erfolgen würde. Der Gouverneur kehrte nach 
zehntägigem Aufenthalt in Sawaii nach Upolu 
zurück. Wie er vorausgesehen hatte, wurde von 
Lauati im Sinne seines Planes weitergearbeitet. 
Er schickte Boten nach Upolu, und bald war in 
ganz Samoa das Gerücht verbreitet, Lauati habe 
den Gouverneur mit seiner Rede geschlagen, der 
Gouverneur sei stumm und besiegt von Sawaii 
abgezogen. Dr. Solf berief nun eine Versamm- 
lung der Häuptlinge und Sprecher von Upolu
	        
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