Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Sie alles, was Sie bei der Bereisung der einzelnen 
Gegenden an natürlichen Schätzen des Landes und an 
geschaffenen Werten gesehen haben, in Form von Ein- 
zelbeschreibungen der betreffenden Gegend niederlegen. 
Im einzelnen werden Sie hierbei die Bevölkerung, 
die Bodenverhältnisse, den Pflanzenwuchs, den Acker- 
bau, und den Viehstand schildern müssen. Diese Auf- 
zeichnungen werden Sie in die Lage setzen, mit Sicher- 
heit den Weg zu bestimmen, den Sie einschlagen 
müssen, um den Wohlstand Ihres Bezirkes zu heben; 
dadurch, daß Sie die Früchte Ihrer langjährigen Be- 
obachtung des Landes auch Ihren Nachfolgern zu- 
gänglich machen, ersparen Sie diesen den Verlust der 
Zeit, die jeder Neuankömmling in einem Lande damit 
verliert, daß er sich zuerst zurechtfinden muß. 
Um Verbesserungen an althergebrachten Anbau- 
methoden auszuprobieren, ebenso aber auch um den 
Nutzen dieser oder jener noch wenig bekannten Kultur 
vor Augen zu führen, werden Sie Versuchsfelder an- 
legen. Diese sind ausschließlich für einjährige Pflan zen 
bestimmt; es wäre falsch, sie nur bei Ihrem ständigen 
Wohnort zu errichten; sic müssen vielmehr an allen 
wichtigen Plätzen Ihres Bezirkes, soweit möglich auch 
an solchen Orten, an denen Eingeborene in größerer 
Anzahl zusammenkommen, und an Pauptverkehrswegen 
angelegt werden, um die Aufmerksamkeit der Ein- 
geborenen auf sie zu lenken und die Eingeborenen 
dazu zu bringen, gleichfalls Versuche zu machen. 
Hierzu werden Sie der Mitwirkung klügerer Häupt- 
linge bedürfen, die Verständnis für die Vorteile zeigen, 
die ihnen aus der Befolgung der erteilten Anweisungen 
erwachsen. 
Insbesondere möchte ich Sie noch auf die Bedeu- 
tung des Anbaus von Baumwolle, nicht weniger aber 
auch des von Lebensmitteln wie Mais, Erdnüsse, 
Maniok, Jams usw. für Dahomey aufmerksam machen. 
Abgesehen davon, daß sie für die Eingeborenen die 
Hauptnahrung bilden, haben manche von ihnen bereits 
als Ausfuhrware eine gewisse Bedeutung erlangt. 
Mit anderen interessanten Nutzpflanzen, die in der 
Kolonie mehr oder weniger noch unbekannt sind, 
werden Sie Versuche anstellen; hierher gehören Reis, 
Rizginus, Sesam und Indigo. Diese Versuche müssen 
vorwicgend nach praktischen Gesichtspunkten gemacht 
werden. Sie werden anstreben müssen, den Einge- 
borenen recht augenfällig die Vorteile vorzuführen, 
die sie von einer guten Bearbeitung des Bodens, aus- 
reichender Düngung, sachgemäßer Pflege und Behand- 
lung der Pflanzen und mehrjähriger Wechselwirtschaft 
haben. 
Von den in Betracht kommenden Pflanzen, mögen 
sie nun wild wachsen oder in Pflege genommen sein, 
hat die Olpalme, die wichtige Auofuhrprodnukte liefert, 
in erster Linie Anspruch auf Ihre Ausmerksamkeit. 
Eine sachgemäßere und gründlichere Ausbentung ihrer 
Früchte, ihre zweckmäßigste Pflege und Bewirtschaf- 
tung, die Kenmunis der verschiedenen Arten unter dem 
Gesichtopunkt, welche am meisten Ol liefert, die Unter- 
drückung der Grasbrände auf dem mit Palmen be- 
pflanzten Gelände sind die Aufgaben, deren Lösung 
Sie Ihre ganze Sorgfalt zuwenden müssen. 
Der Rolabaum, die Rokospalme, die Stautschukarten, 
der Sisal verdienen ebenfallos Ihre Beachtung. Sie 
werden bestrebt sein, Neunanlagen solcher Pflanzungen 
ins Leben zu rufen, sei co für Eingeborene, die sich 
freiwillig damit befassen wollen, sei es auf Kosten des 
Staates und unter grösßtmöglicher Ansnutzung von 
Strafarbeitern, zu deren Gestellung ich die Herren 
Administrateurs ermächtigt habe, vorausgesetzt, daß 
Gelegenheit vorhanden ist, die Sträflinge so sicher zu 
bewachen, daß sie nicht entfliehen können. 
  
Bei der Auswahl dieser Leute ist nicht allein der 
Gesichtspunkt maßgebend, daß die Gefangenen ohne 
Gefahr außerhalb des Gefäugnisses verwendet werden 
können, sondern es sind auch in erster Linie solche 
Leute heranzuziehen, die das größte Geschick zeigen. 
unsere Pflanzungsmethoden sich anzueignen und die 
Kenntnisse, die sie durch eigene praktische Arbeit sich 
erworben haben, zu ihrem Nutzen weiter zu ver- 
werten. . 
Ein ernsthaftes Studium des Schibaumes und 
Versuche, aus ihm den besten Nutzen zu ziehen, sind 
gleichfalls von Wichtigkeit; in Nigerien besteht bereits 
ein lebhafter Ausfuhrhandel mit Produkten aus diesem 
Baum. 
Die Wichtigkeit der Erhaltung des Waldbestandes 
der Kolonie wird Ihnen nicht entgangen sein; es ist 
Ihre Aufgabe, jede mißbräuchliche Abholzung der be- 
stehenden Wälder zu verhindern. ¾Übertretungen der 
Vorschriften wollen Sie gleichzeitig den Bezirksoleitern 
und Ihren eigenen Vorgesetzten anzeigen, damit Be- 
strafung sicher eintritt. 
Lebhaft werden Sie sich auch mit der Frage der 
Aufforstung beschäftigen müssen, die von außer- 
ordentlicher Wichtigkeit ist für viele Gegenden, dic in 
der Trockenzeit unter Wassermangel leiden und infolge 
Abwaschung der oberen Erdschicht unfruchtbar sind. 
Auch die Förderung der Viehzucht gehört in Ihren 
Wirkungskreis. Die Verbesserung der einheimischen 
Rasse des Groß= und Kleinviehs durch Zuchtwahl oder 
Kreuzung, dic sachgemäße Fütterung der Tierc, die 
Verwendung des Rindviehs als Zugtiere und für 
Transportzwecke, die Steigerung des Milchertrages. 
die Mästung zu Schlachtzwecken werden in dem Maße 
fortschreiten, als Sie ihnen Ihre Aufmerksamkein 
schenken. 
In Ihren Versuchsgärten und landwirtschaftlichen 
Stationen werden Sie nur diejenigen Arbeiten vor- 
nehmen lassen, deren Ausführung Sie persönlich über- 
wachen müssen: Pflanzgschulen, vergleichende Beob- 
achtungen und Versuche zur Verbesserung interessamer 
Pflanzgenarten, Einführung fremder Pflanzen, Haltung 
von Zucht= und Arbeitstieren usw. 
Ferner werden Sie in kleinerem Umfang metcoro- 
logische Beobachtungen anstellen, die Sie befähigen 
werden, zahlenmäßige Angaben über die Haupteigen- 
tümlichkeiten des Klimas Ihrer Gegend zu machen. 
Anderseits wird es sehr nützlich sein, wenn Sie Ihre 
Mußezeit dagu benutzen, botanische, faunische und gev- 
logische Sammlungen aus Ihrer Gegend an zulegen. 
Endlich werden Sie dafür Sorge tragen. so of#t 
Sie können, möglichst genaue Statistiken aufzustellen 
über die landwirtschaftliche Produktion Ihres Bezirker, 
über die Zahl des Viehes, den Ab= und Zugang unter 
Angabe der Zahlen und des Wertes und über dic auf 
den Märkten hauptsächlich vertretenen Lebensmittel. 
Diese letzteren Angaben werden für die Raufleme 
wertvoll sein. 
2. Anterordnungsverhältnisse der Agenten 
zu ihren Chefs. 
Nach Artikel 3 der VUerfügnng vom 6. Dezember 
1905 ist das Personal des Serrice de I'’Agriculture 
ceinem C'hef de Servise unterstellt, der direkt dem 
Gouverneur der Kolonie untersteht. 
Der Chef de Service unterbreitet dem Lieutenaut- 
Gonverneur, nachdem er sich mit dem Secrutairt- 
geinéral über die zur Verfügung stehenden Mittel ver- 
ständigt hat, alle wichtigeren Berichte und Eui- 
würfe über landwirtschaftliche Unternehmungen und 
Arbeiten und alle Personalfragen seines Departemente.
	        
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