Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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nigstens 6 Monate im Jahr im Dienst gewesen 
sind, 
4. Häuptlinge und Unterhäuptlinge. 
Es wird angenommen, daß ein Eingeborener 
seiner Arbeitsverpflichtung nicht freiwillig nachge- 
kommen ist, wenn er während des verflossenen 
Jahres keine der oben genannten Bedingungen 
erfüllt hat und weder durch Krankheit, öffentliche 
Arbeit oder höhere Gewalt an deren Erfüllung 
verhindert worden ist. 
Die Companhia de Mozambique aber bietet 
gleichzeitig, indem sie die Arbeitsverpflichtung aus- 
spricht, dem Eingeborenen die Möglichkeit, die- 
selbe zu erfüllen. So gestattet sie den Eingebo- 
renen, Teile des öffentlichen, unbewohnten und 
unkultivierten Kronlandes in Besitz 
zu nehmen und ohne besondere Erlaubnis zu be- 
bauen und zu bewohnen. Diese Erlaubnis in- 
dessen ist nur solchen Eingeborenen eingeräumt, 
die ein unbewegliches Vermögen von nicht mehr 
als zirka 220 “ Wert besitzen. Auch darf kein 
Eingeborener von diesem Land mehr als 1 ha 
in Besitz nehmen oder benutzen. 
Aus dieser Besitzergreifung von öffentlichem 
unbewohntem und unkultiviertem Kronland durch 
den Eingeborenen aber ergibt sich eine Reihe 
von Rechten und Pflichten für den letzteren. 
1. Zunächst darf die Besitzergreifung, um 
rechtskräftig zu sein, nicht länger als ein Jahr von 
der Kultur frei bleiben und muß durch Be- 
bauung von wenigstens zwei Dritteln des Lan- 
des und festen Wohnsitz des Bebauenden kenntlich 
gemacht werden. 
2. Sodaunn ist es dem Eingeborenen nicht 
gestattet, dieses, von ihm in Besitz genommene 
Land zu veräußern oder irgendwelche Eigen- 
tumsrechte daran auszuüben. Eine gewisse Aus- 
nahme besteht darin, daß er es seinen Erben hin- 
terlassen kann. Falls jedoch die Erben die Be- 
bauung nicht fortführen, fällt das Land an die 
Mogambique-Gesellschaft zurück. 
3. Die Jubesitzuahme ist zunächst eine kosten- 
lose. Während der ersten 5 Jahre hat der Ein- 
geborene keine Abgaben zu entrichten; nach Ab- 
lauf dieser Zeit muß er der Mozambique-Gesell- 
schaft eine bestimmte Summe, die durch lokale 
Bestimmungen festgesetzt wird, zahlen. Diese Ab- 
gabe kann stets in Naturalien entrichtet werden. 
Im Falle der Nichtzahlung während drei aufein- 
ander folgender Jahre wird der Eingeborene auf 
administrativem Wege von seinem Lande entfernt, 
ohne Anspruch auf Ersatz der Meliorationen. 
1. Nach Ablauf von 20 Jahren erlangt der 
Eingeborene, wenn er allen seinen Verpflichtun- 
gen nachgekommen ist, das volle Eigentums- 
recht an dem Lande. So lange nicht dieses volle 
  
Eigentumsrecht besteht, hat er keine Besitzabgaben 
zu leisten. 
5. Solche Eingeborenen, die auf Grund der 
obigen Voraussetzungen Land bebauen, sind von 
der Dienstverpflichtung in der Militär= und Poli- 
zeitruppe befreit, ebenso von der Zwangsarbeit 
und von der Verpflichtung, den Behörden als 
Träger, Ruderer oder Begleiter zu dienen. Die 
Verpflichtung, ihren Eingeborenenhäuptlingen 
oder Führern im Kriege bei militärischen Aktionen, 
die auf obrigkeitlichen Befehl unternommen wer- 
den, zu folgen, besteht aber weiter fort. 
Die Companhia sieht die beste Gewähr in der 
Kultivierung des Landes darin, daß dem Einge- 
borenen der Ertrag des von ihm bebauten Landes 
auch schon vor Ablauf der Frist bis zur Erlangung 
des Eigentumbesitzes garantiert ist. Infolgedessen 
strebt sie danach, daß der Nießbrauch an 
Ländereien, die von Eingeborenen wäh- 
rend mindestens eines Jahres kultiviert sind, außer 
in gesetzlich vorgesehenen Fällen, niemals von ihr 
veräußert wird. Falls die Gesellschaft in Überein- 
stimmung mit dem Staat das Eigentum eines 
solchen Eingeborenenlandes doch weitergibt, muß 
stets in dem Veräußerungsvertrage aufgenommen 
werden, daß dieser Nießbrauch dem Eingeborenen 
als Emphyteusis, d. h. als Erbpacht, reserviert 
wird, wenn dieser sich der Zahlung eines in dem 
Vertrage genau zu bezeichnenden Pachtzinses 
unterwirft. Andernfalls wird der Erwerber des 
Landes nur gegen Zahlung einer dem Wert aller 
Meliorationen entsprechenden Summe zur Ent- 
eignung des Eingeborenen berechtigt. Hat 
jedoch der Eingeborene das Land noch nicht ein 
volles Jahr im Besitz gehabt, so ist der Erwerber, 
falls er den Eingeborenen enteignen will, zum Er- 
satz der Meliorationen nicht verpflichtet. Verliert 
ein Eingeborener auf diese Weise das Recht auf 
das von ihm bebaute Land, so erhält er von der 
Mozambique-Gesellschaft anderes Land in glei- 
chem Umfange. 
An diese Bestimmungen schließen sich Aus- 
führungsbestimmungen. Sie knüpfen ge- 
schickt an die Psyche des Eingeborenen an, denen 
man die Bestimmungen und ihre Vorteile nahe 
bringen will. So werden die Verwaltungschefs 
und ihre Vertreter beauftragt, die Eingeborenen 
über die Vorteile, die ihnen aus den obigen Be- 
stimmungen erwachsen, zu unterrichten und sie zu 
veranlassen, sich diese zunutze zu machen. Die 
Beamten sind zu diesem Zweck berechtigt, Teile 
von unbebautem, herrenlosem Land an Eingebo- 
rene zu verteilen und für sie abzugrenzen, wenn 
diese versprechen, das Land zu bebauen und dort 
zu wohnen; anderseits aber sind die Beamten be- 
auftragt, die Erfüllung der Kultivierungs= und 
Wohnverpflichtung sowie die Zahlung der geset-
	        
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