Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXI. Jahrgang, 1910. (21)

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Die Eingeborenen des Gebietes der Mozam— 
bique-Gesellschaft haben das Recht, nach eigenem 
Ermessen Arbeitsverträge abzuschließen. Ein 
solcher Vertrag ist jedoch ungültig, wenn er eine 
Arbeitsdauer von mehr als 5 Jahren vereinbart, 
dem Dienstherrn eine Barentschädigung erläßt, ihm 
das Recht erteilt, den eingeborenen Arbeiter kör— 
perlich zu züchtigen, den Arbeiter daran hindert, 
seine gesetzlichen Rechte auszuüben, ihn zu gesetz- 
lich verbotenen Handlungen zwingt oder für den 
Arbeiter mit Gefahr oder ernstlichem Nachteil 
verbunden ist. 
Lehrlingsverträge können für eine 
längere Zeit als fünf Jahre abgeschlossen werden, 
aber nur unter Hinzuziehung des „Kurators“ für 
gewerbliche und ländliche Arbeiter. 
Die Freiheit des Eingeborenen, selbst Verträge 
abzuschließen, schließt indessen auch die Mitwir- 
kung der Behörden nicht aus. Letztere 
tritt in dem Falle, daß der Vertrag nicht 
unter ihrer Mitwirkung geschlossen wurde, nur 
dann ein, wenn eine der kontrahierenden Parteien 
die vereinbarten Bedingungen nicht erfüllt. Es 
hat dann die Behörde allerdings nur nach den 
allgemeinen Vorschriften dazu Stellung zu 
nehmen. 
Ist indessen der Kontrakt unter Mitwirkung 
und Anerkennung der Behöäörde abgeschlossen, so 
hat die Behörde von Amts wegen für die Er- 
füllung Sorge zu tragen oder die Bestrafung bei 
Nichterfüllung herbeizuführen. Die für den Ab- 
schluß von Arbeitsverträgen der Eingeborenen 
allein zuständigen Behörden sind die Bezirkschefs 
und ihre Stellvertreter. Kontrakte, welche Ein- 
geborene zur Arbeit außerhalb des Territoriums 
verpflichten, können nur unter Zuziehung von 
„Kuratoren“ oder ihren Stellvertretern abge- 
schlossen werden. Die Bezirkschefs bzw. ihre 
Stellvertreter dürfen bei Arbeitsverträgen auf 
Ansuchen der Vertragschließenden nur in Aktion 
treten, nachdem sie sich davon überzeugt haben, 
daß beide Parteien in allen Einzelheiten des Ver- 
trages, für welchen sie verantwortlich sind, über- 
einstimmen. Kontrakte, die eine Nichtigkeits- 
klausel enthalten, können nicht beglaubigt und 
zur Unterschrift zugelassen werden. Über den 
Inhalt dieser Verträge sind ausdrück- 
liche Vorschriften gegeben. Sie müssen vor allem 
über folgende Punkte klare Bestimmungen treffen: 
1. die Dauer der Arbeitsverpflichtung, die 
5 Jahre nicht übersteigen darf, 
2. Art der Arbeit, 
3. Entgelt in bar, 
4. die Begeichnung des Arbeitsortes. 
Alle Arbeitsverträge, welche unter Hinzu- 
ziehung der Behörde abgeschlossen sind, müssen 
  
auch Bestimmungen enthalten, welche den Ar- 
beitgeber verpflichten: 
a) den Arbeitnehmer im Krankkheitsfalle zu un- 
terstützen oder ihn ärztlich behandeln zu 
lassen, 
b) dem Arbeiter im Falle der Nahrungsmittel- 
not an dem Arbeitsort auf Kosten seines 
Lohnes Lebensmittel zu verschaffen, 
c) für hygienische Unterkunft und gesunde, reich- 
liche Nahrung zu sorgen, falls freie Station 
vereinbart ist, 
d) es peinlich zu unterlassen, den Arbeiter direkt 
oder indirekt zu zwingen, ihm oder seinen 
Angestellten irgend welche Waren abzukaufen, 
e) den Lohn oder den Teil desselben einzube- 
halten oder unter irgend einem Vorwande 
sein Eigentum mit Beschlag zu belegen. 
Jeder Arbeitgeber, der von der Behörde Ein- 
geborene für häusliche oder Tagesarbeit über- 
nimmt, ist der Behörde gegenüber verpflichtet, 
nicht nur den Bestimmungen des Vertrages streng 
zu folgen, sondern auch dem Angestellten gegen- 
über den moralischen Pflichten einer wohlwollen- 
den Fürsorge nachzukommen und alle möglichen 
Mittel anzuwenden, um seine Erziehung zu ver- 
bessern. Unter diesen Voraussetzungen können 
lokale Bestimmungen vorsehen, daß die Dienst- 
herren eines größeren Arbeiterkontingents beson- 
dere Einrichtungen zum Unterricht und zur mo- 
ralischen Hebung, wie Schulen und Religionsunter- 
richt treffen Als eine Folge der unter behörd- 
licher Autorität abgeschlossenen Verträge erhalten 
die Dienstherren die erforderliche 
Macht, um die Erfüllung der von den Ange- 
stellten übernommenen Verpflichtungen zu sichern, 
wenn die Behörde dazu nicht imstande ist. Hierzu 
kann es gestattet werden, 
1. einen Arbeiter, der sich gegen die Straf- 
gesetze vergeht, einzusperren und sofort der Ver- 
waltungsbehörde zu überliefern, 
2. der Behörde Leute, welche bei ihrer Ver- 
haftung geflohen sind, und solche, die die Arbeit 
verweigern oder einen von ihnen vertretbaren 
Schaden anrichten, den zu ersetzen sie sich weigern, 
festzunehmen und als Gefangene zu überliefern, 
3. alle erforderlichen Maßregeln zu treffen, 
um sie vor Trunkenheit, Spiel und anderen Lastern 
und schlechten Gewohnheiten, durch die sie mora- 
lischen und körperlichen Schaden nehmen könnten, 
zu bewahren. Es ist indessen den Arbeitgebern 
ausdrücklich verboten, die Angestellten zu miß- 
handeln, sic an ungesunden Orten festzuhalten, sie 
mit irgend welchen Mitteln an freier Bewegung 
zu hindern, ihnen Nahrung vorzuenthalten und 
Geldstrafen, die von dem Lohn abgezogen wer- 
den, aufzuerlegen. Es versteht sich, daß die hier- 
durch den Arbeitgebern gegebene Machtbefugnis
	        
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