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dem findet eine sehr intensive Belehrung der
Eingeborenen, ein erheblich energischerer Wald-
schutz statt, so daß auch in Kamerun, wo die
Ausfuhr 1214 t betragen hat, mit steigenden
Exportziffern gerechnet werden kann. Immerhin
macht dieses ganze Quantum aus den deutschen
Kolonien bisher nur erst 10% des gesamten
deutschen Bedarfs des Jahres 1907 aus, wird
sich aber, wie gezeigt, in kurzen Jahren mindestens
verdreifachen.
Diese Beispiele lassen sich noch beliebig ver-
mehren. Das Bedeutsame aber ist, daß die Er-
gebnisse erzielt find, ohne daß die Eisenbahnen
bei der Steigerung der Produktionsziffern bisher
irgend eine Rolle haben spielen können. Denn wenn
auch das deutsche Volk innerhalb der letzten drei
Jahre nicht weniger als etwa 300 Millionen
Mark für die Erbauung kolonialer Eisenbahnen
bewilligt hat, so haben diese doch, mit Aus-
nahme des älteren Teiles der Usambara-Bahn,
nicht zur Hebung der Bodenkultur beitragen können;
denn wenn auch die Gelder bewilligt sind, sind
die Bahnen doch noch nicht gebaut, und wenn
sie gebaut sind, so können sie ihre Wirkung nicht
unmittelbar äußern und es ist deshalb mit um
so größerer Sicherheit anzunehmen, daß unsere
Zwecke hinsichtlich der Rohstoffversorgung erreicht
werden können, als der deutsche Unternehmungs-
geist schon ohne dieses unentbehrliche Transport-
mittel wirklich erhebliches geleistet hat, auch im
Vergleich mit den anderen in Afrika kolonisierenden
Nationen, die zum Teil bereits überflügelt sind.
Aber, wie ich Ihnen früher auseinandergesetzt
habe, obschon es diesem Kreise gegenüber gar
nicht einer solchen Auseinandersetzung bedurft
hätte, daß Kolonien nicht ohne Eisenbahnen er-
schlossen und produktionsfähig gemacht werden
können, so muß ich ein zweites heute hinzu-
fügen: ohne eine intensive Fürsorge für die den
betreffenden Ländern angepaßten Kulturen können
auch die Eisenbahnen allein die Länder nicht er-
schließen und für sich selbst nicht prosperieren.
Das ist aber nötig, weil unsere Kolonien bereits
heute mit einer nicht unbedeutenden Zinslast be-
packt sind, die sie, wie ich mich freue sagen zu
können, allerdings ohne Störung ihres finanziellen
Gleichgewichts zu tragen imstande sind. Die
Etats der Schutzgebiete ergeben, daß Ostafrika im
Jahre 1910 1007 000 &, Togo 300 000 %
an das Reich als Zinsen abführten, und im
Jahre 1911 wird Südwestafrika die Zinslast für
die Südbahn nach dem Gesetz zu übernehmen
haben und auch übernehmen können, mit etwa
1 400 000 &, so daß nahezu an 3 Millionen
Mark aus den Kolonien für Verzinsung von
Eisenbahnanlagen abgeführt werden, was einem
nominalen Kapital von 75 Millionen Mark ent-
spricht. Dieses bringt mich auf den Grund, warum
ich gerade zu dieser Zeit die Verstärkung der
Ausgaben für Kulturzwecke in den Kolonien an-
rege und als unerläßlich betone.
M. H.! Als wir vor drei Jahren uns hier
zusammenfanden, boten die finanziellen Ver-
hältnisse der Kolonien, insbesondere infolge der
sehr hohen Militärlasten ein ziemlich trübes
und recht undurchsichtiges Bild, wenn es auch
bei weitem nicht so schlimm war, wie es
manche wahr haben wollten. Wir können heute
eine wesentlich günstigere Berechnung aufmachen,
wobei ich, wie bei allen meinen Ausführungen,
mich auf die Kolonien beschränke, welche meinem
Amt unterstellt sind. Die gesamten Zuschüsse des
Reichs für die Kolonien mögen zur Zeit, nach
dem Etat für 1910, auf etwa 21 Millionen Mark
berechnet werden. Davon haben Sie zu kürzen
die Versorgungsgebührnisse der im Feldzug von
Südwestafrika Verwundeten oder sonst erwerbs-
unfähig gewordenen Militärpersonen bzw. die
Hinterbliebenenversorgung Gefallener mit 4,1 Milli-
onen Mark, 5 Millionen Mark, welche aus dem
Ordinarium des südwestafrikanischen Etats für
Bahnbauten verwendet werden, also aus der Ein-
nahme eines Jahres eine dauernde rentable An-
lage herstellen, 700 O000 , die zurückgezahlt
find auf einen Reichsvorschuß an das Schutz-
gebiet Kamerun, 350 000 /“ Zuschüsse, die die
Kolonien an das Reichs-Kolonialamt für die
Zentralverwaltung leisten, und die Einlagen in
den Ausgleichsfonds der Kolonien, welche im
Jahre 1910 allein über 3½ Millionen Mark
betragen, so daß sie auf etwa 7 Millionen Mark
netto Reichsleistung für die Kolonien kommen,
welche die gesamten Ausgaben für das Militär,
die Zivilpensionen usw., einschließen. Die Ge-
rechtigkeit gebietet, hinzuzufügen, daß hierzu noch
einige Posten kommen, welche auf den Etat des
Reichsamts des Innern für die Dampferlinien
nach Neu-Guinea, auf den Etat des Reichs-Post-
amts für Fehlbeträge der Postverwaltung in den
Kolonien und auf den des Reichs-Marine-Amts
für Stationäre und Kreuzer zum Küstenschutz usw.
ausgebracht sind. Aber immerhin, diese kolonialen
Ausgaben betragen nicht mehr als ein halbes
vom Hundert der Reichsnettoeinnahmen nach
Ausscheidung der Betriebsverwaltungen und ein
Viertel vom Hundert des gesamten Reichsetats.
Die Ausgleichsfonds bei den Kolonien haben nun-
mehr den Betrag von 5⅛½ Millionen Mark er-
reicht, für eine Einrichtung, die nicht über zwei
Jahre alt ist, ein erhebliches Ergebnis.
Man wird deshalb sagen können, daß gegen-
wärtig ein Stand erreicht ist, welcher gestattet,
daß solche Summen, wie sie, ohne das Gleich-
gewicht der Kolonien zu stören, aufgebracht werden