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wollbau, dadurch erfolgen, daß zunächst die Mög-
lichkeit einer Bewässerung der dortigen ariden
Ländereien durch die Wassermassen des Viktoria-
sees festgestellt wird. In Muansa und Bukoba
werden ferner Entkörnungsfabriken eingerichtet,
für welche ausreichende Mittel bereitgestellt sind.
Auch für Beschaffung von Uplandsaat, die sich
für die dortigen höheren Lagen empfiehlt, und
für Pflanzprämien sind Beträge ausgesetzt.
Im Pare-Gebiet, das zum Teil als Baum-
wolland angesprochen wird, sind Untersuchungen
bezüglich einer Bewässerung durch den Pangani
in Aussicht genommen, die eventuell als Unter-
lage für eine zu bildende Genossenschaft dienen
sollen.
Über besondere Maßnahmen zur För-
derung der Baumwollkultur in Deutsch-
Ostafrika ist zu bemerken:
Die Eingeborenenkultur wird unterstützt
u. a. durch kostenfreie Verteilung von Saatgut,
durch Pflanzprämien in den Bezirken Lindi,
Mohoro, Kilwa, Morogoro, Muansa, Bu-
koba pro 1910 im Betrage von insgesamt
6000 .¾, durch fortgesetzte Belehrung der Ein-
geborenen, durch eine Preisgarantie von 8 bis
10 Heller pro 1 Pfund unentkörnte Baumwolle,
die außer den genannten Bezirken auf die Bezirke
Bagamoyo und Sadani ausgedehnt ist und
die den Eingeborenen unabhängig von den un-
sicheren Weltmarktpreisen eine sichere und rentable
Verwertung des Produktes verbürgt. Es ist fest-
gestellt, daß der Eingeborene bereits bei 7 Hellern
auf seine Rechnung kommt. Der Spielraum des
Garantiepreises soll auf eine bessere Sortierung
der Baumwolle einwirken.
Der Förderung der europäischen mittleren
und kleinen Pflanzungsbetriebe dienen ins-
besondere Herausgabe und Verteilung einer gemein-
verständlichen Kulturanleitung, die u. a. auch die
Schädlingsfrage und die Pflugfrage behandelt,
kostenfreie Lieferung von Saatgut, Lieferung von
Pflügen und landwirtschaftlichen Geräten zum
Einstandspreise auf mehrjährige Abzahlung —
dem Pflug= und Gerätedepot des Komitees in
Daressalam sind zu diesem Zwecke zunächst
8000 .“ zur Verfügung gestellt —, Lieferung
von kompletten Entkörnungsanlagen und Dampf-
pflügen an Ginnerei-Genossenschaften oder Dampf-
pflug-Genossenschaften — die Lieferung erfolgt
unter besonders günstigen Bedingungen auf Ab-
zahlung, außerdem wird in bestimmten Fällen
eine besondere finanzielle Beihilfe gewährt —,
Ausarbeitung von Projekten und Kostenanschlägen
für Be= und Entwässerungsanlagen, für welche
vom Komitee für dieses Jahr insgesamt 45000 /%
ausgesetzt sind — zur Verwertung dieser Vor-
arbeiten empfiehlt das Komitee den Zusammen-
schluß von europäischen Kleinpflanzungs= und
Großpflanzungsbetrieben —; endlich kostenfreier
Verkauf der Baumwolle in Deutschland, von dem
gerade von den mittleren und kleinen Betrieben
ausgiebiger Gebrauch gemacht wird.
Die Förderung der europäischen Pflan-
zungs-Großbetriebe, die selbst als Pioniere
und Lehrmeister für Kleinbetriebe und Eingeborenen-
kultur wirken und diese durch Erntevorschüsse und
Aufkauf der Rohbaumwolle fördern, geschieht durch
die oben erwähnten Arbeiten zur Erschließung
neuer Baumwollproduktionsgebiete, ferner auf
Wunsch durch Lieferung von Saatgut, kompletten
Entkörnungsanlagen, Dampfpflügen, durch Be-
ratung neuer Unternehmungen, Begutachtung von
deutschen und fremdländischen Qualitäten, In-
formation über die moderne landwirtschaftliche
Technik und insbesondere über Fortschritte in der
Herstellung deutscher und ausländischer Baumwoll-
kultur= und Erntebereitungs-Maschinen.
Nach Darlegung der Organisation des Komitees,
die auch die Bereisung fremdländischer Baumwoll-
gebiete, Verwertung der Baumwoll-Nebenprodukte,
Ausstellungen usw. umfaßt, dürfte ein Vergleich
mit der Organisation der Cotton Growing
Association in den englischen Kolonien inter-
estieren. Während das deutsche Kolonial-Wirt-
schaftliche Komitee gemeinnützig arbeitet, ist der
British Cotton Growing Asscciation der „Royal
Charter“ verliehen mit der Ermächtigung, ein
Aktienkapital bis zu 10 Millionen Mark aufzu-
bringen. Die Gesellschaft verzichtet auf einen
Gewinn oder Verzinsung bis einschließlich 1914.
Vom Jahre 1915 ab dürfen eventuell 3 oder
4 v. H. Zinsen gezahlt werden, ein etwaiger
Gewinn aber muß wieder für Kulturversuche ver-
wendet werden. Beide Körperschaften verfolgen
die gleichen Wirtschaftsmethoden, nämlich in West-
afrika: Eingeborenenkultur, in Ostafrika: Plan-
tagen= und Eingeborenenkultur. Auch die Maß-=
nahmen bezüglich der kostenfreien Saatverteilung,
der Kultur= und Düngungsversuche und der Er-
richtung von Pionier-Ginanlagen und Aufkauf--
märkten sind die gleichen, ebenso die Preis-
garantie für Westafrika. Wie die englische Ge-
sellschaft, so hat auch das deutsche Komitee bei
Darlehen und Erntevorschüssen Verluste zu ver-
zeichnen.
Der Grundsatz der englischen Gesellschaft ist:
Selbstbetrieb von Versuchspflanzungen und Gin-
anlagen; der Grundsatz des deutschen Komitees:
UÜberleitung seiner Versuchspflanzungen und Gin-
anlagen an Regierung, Erwerbsgesellschaften und
Genossenschaften.
Von Interesse sind ferner die bisherigen Er-
gebnisse der kolonialen Baumwollkultur-
versuche Englands, Deutschlands und