W 483 20
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Koloniale Dreßstimmen.
Über die Kussichten kür junge Landwirte in den
NKolonien und ihre Rusbildung
schreibt Dr. Hillmann-Berlin in den „Mit-
teilungen der Deutschen Landwirtschafts-Gesell-
schaft“ u. a.:
Seit der Begründung der Kolonialabteilung der
Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft werden oft An-
fragen von jungen Landwirten, sowohl von solchen,
welche wissenschaftlichen Smdien obliegen, als auch
Inspektoren und dergl., an diese gerichtet mit der
Bitte um Stellenvermittlung in den Kolonien und
Auskunft über zweckmäßige Ausbildung.
Ein großer Teil der Aufragenden ist sich an-
scheinend nicht klar über die Aussichten, welche sie er-
warten und über die Vorbedingungen, welche zu er-
füllen sind. Es scheinen allerdings die geiten mehr
vorüber zu sein, wo solche Auswanderungspläne haupt-
sächlich aus Abentenerlust und unbestimmtem Drang
in die Ferne entstanden. Aus den Briefen spricht
meistens der ernste Mille zur Arbeit und Schaffung
ceiner Lebensstellung in den Kolonien. Anderseits ist
der Andrang in den letzten Jahren so groß gewesen,
daß man von einer gewissen Berufsüberfüllung
in der tropischen Landwirtschaft schon jetzt
sprechen kann, wenigstens soweit die Bewerber ohne
wesentliche Geldmittel sind und Beamtenstellungen auf
großeren Pflanzungs= und Wiehbetrieben suchen.
Dieser Wettbewerb hat auch bereits die nutzliche Folge
gebabt, daß höhere Anforderungen an die Bewerber
gestellt werden und nicht rückhaltlos jeder ohne ent-
sprechende Vorbildung aus allen möglichen Berufen
und als mohr oder weniger im bisherigen Beruf ge-
scheiterte Eristenz aufsgenommen wird. Es hat sich
nun herausgestellt, daß für Verwendung in der kolo-
nialen Landwirtschaft die beste Grundlage eine tüch-
tige, praktisch-landwirtschaftliche Ausbildung
in der Heimat mit guter Lehrstelle, natürlich nicht als
.Volontär“, ist. Die Verhältnisse bringen es mit sich,
daß das richtige Lebensalter, um in den praktisch=
landwirtschaftlichen Dienst in den Kolonien zu treten,
dasjenige nach der militärischen Dienstzeit ist, wo
Körper und Charakter etwas mehr gefestigt sind:
anderseits wäre es im allgemeinen verkehrt, wenn
altere Personen, also etwa Ende der dreißiger Jahre,
dauernd in die Kolonien hinausgingen, wenn nicht ein
größerer Ausgleich dieses Nachteils durch größeres
Rissen, Können und persönliche Energie vorhanden ist,
die eine rasche Auffassung für die kolonialen Verhält-
nisse und leichteres Einleben bewirken. Demnach steht
von der Zeit der Schule bis zum Hinausgehen in die
Kolonien je nach dem Schulabgang ein Zeitraum von
3 bis 6 Jahren zur Verfügung. Die späteren Ziele
und die aufzuiuchenden Kolonien können schon bei der
Vorbereitung in der heimischen Landwirtschaft ins
Auge gefaßt werden, wenn schon bestimmte Neigungen
für eingelne Teile der Kolonien oder Zweige der kolo-
nialen Landwirtschaft vorhanden sind.
So bieten sich dem künftigen kolonialen Landwirt
zwei Hauptwege:
1. Die Laufbahn als Pflangungsbeamter in den
tropischen Kolonien, meistens bei größeren Pflan-
zungsunternehmungen. Zur selbständigen An-
lage oder Ubernahme einer Pflanzung gehören meistens
erhebliche Mittel, welche bei denselben Ansprüchen
ebenso hoch sind, wie sie in Deutschland zur Pachtung
eines großen und Ankauf eines mittelgroßen Gutes
gehören. Dabei ist das Risiko gewiß nicht geringer
als in Deutschland, weil die Erfahrungen mit den
einzelnen Kulturen in den Kolonien noch verhältnis-
mäßig jung find. Es sollte daher auch jeder, welcher
sich auf diesem Wege selbständig zu machen sucht, der
Grundausbildung in der heimischen Praris und der
Aneignung der nötigen wissenschaftlichen Grundlagen
eine weitere praktische Tätigkeit in den Rolonien, die eigent-
liche kolonial-landwirtschaftliche Lehrgeit, anschließen.
Gefürchtet sind in den Kolonien diejenigen, welche zu
Hause schon alles gelernt zu haben glauben. Kolonien
mit größeren Gebieten für tropische Pflan zungen und
damit weniger günstigen Gesundheitsverhältnissen sind
Deutsch-Ostafrika. Kamernn, in einzelnen Teilen auch
Togo, Deutsch-Neuguinea einschließlich der zugehörigen
umliegenden Inseln:; vielleicht kommt später auch der
noch nicht ausgeschlossene Teil des nördlichen Süd-
westafrika mit in Betracht.
2. Eine zweite Richtung der landwirtschaftlichen
Betätigung bildet der Betrieb der Viehzucht, in
erster Linie der Wollschaf= und Rindviehzucht in
Deutsch-Südwestafrika mit seinen gesunden subtropischen
Trockengebieten. Bioher weniger von seiten der
Deutschen ist die Viehzucht in Deutsch-Ostafrika in An-
griff genommen. Mit Entwicklung des Verkehrs-
wesens ist diese aber dort ebenso wie vielleicht auch
im Hinterland von Kamerun auf den an beiden
Stellen vorhandenen trockneren und gesünderen Hoch-
ländern entwicklungsfähig.
Drittens kann auch eine beschränkte Anzahl junger
Landwirte, mit entsprechender vollwertiger und ab-
geschlossener talso mindestens 6semestrigem wissen-
schaftlichen Hochschulstudium) und nicht zu kurzer
heimatlicher Vorbildung, in die Dienste der Gouverne-=
ments zur Verwendung in den Verwaltungen und zur