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Verhalten der Bondels im Jahre 1909/10
die nachstehenden Einzelheiten:
Seit der Bewegung, welche durch die Rolf-
bande im vergangenen Jahre hervorgerufen wurde,
haben sich die Bondels ruhig verhalten; sie scheinen
mit ihrem Schicksal ausgesöhnt zu sein. Jeden-
falls sind Unruhen in größerem Maßstabe nicht
mehr zu befürchten, schon allein deswegen nicht,
weil waffenfähige Männer niemals in einer grö-
ßeren Zahl in den Lokationen oder in deren Um-
gebung vereinigt sind. Hiervon abgesehen, ist
aber auch das Vertrauen der Bondels zur Re-
gierung offensichtlich im Wachsen begriffen. Sie
fühlen sich unter den augenblicklichen Verhältnissen
anscheinend wohl und denken nur ungern an die
Kriegszeiten zurück.
Die Führung der Bondels war im Bericht-
jahre im allgemeinen gut. Sie sind willig und
bescheiden; Betteln und Trunksucht haben mehr
und mehr nachgelassen. Von Viehdiebstählen ist
seit Abraham Rolf nichts bekannt geworden.
Infolgedessen lag, abgesehen von kleineren Ver-
gehen, die meist disziplinarisch bestraft wurden,
nur selten Veranlassung vor, strafrechtlich gegen
die Bondels vorzugehen. Die exemplarische Be-
strafung Abraham Rolfs und seiner Bande hat
einen guten Einfluß auf sämtliche Bondels gehabt.
Die Anwesenheit der Großleute bei der Gerichts-
verhandlung war ebenfalls sehr heilsam. Das
gefällte Urteil wurde allgemein für gerecht ge-
halten: „Was der Mensch säet, das wird er
ernten“, sagte der Kapitän.
Lediglich die Bondels von Hairachabis, die
erst kürzlich dem Kommissariat unterstellt wurden,
geben noch zu Klagen Veranlassung. Sie treiben
sich noch viel umher, fallen den Farmern zur
Last und wollen nur ungern arbeiten. Wenn sie
arbeiten, laufen sie nach einigen Wochen wieder
weg oder zwingen durch ihre Faulheit den Dienst-
herrn, sie wieder fortzuschicken.
Die Kopfzahl der Bondels beträgt 673 Männer,
781 Weiber und 412 Kinder, insgesamt 1866
Seelen. Diese Zahlen können jedoch nicht als
genau bezeichnet werden, da die Zählung durch
das Kommissariat, insbesondere auf den Farmen
nordöstlich von Warmbad, noch nicht überall
durchgeführt ist.
Von den Bondels arbeiteten zur Zeit des
Berichtes 461 Männer; die anscheinend sehr große
Zahl der nicht arbeitenden Männer erklärt sich
teilweise dadurch, daß alle Bondels über sieben
Jahre eine Paßmarke erhalten und als „Männer“
geführt werden. Ferner arbeiteten 155 Weiber.
Hieraus ergibt sich, daß die Arbeitswilligkeit bei
den Bondels in steigendem Maße vorhanden ist.
Eine Weigerung, dorthin zu gehen, wohin das
Kommissariat die Arbeiter schickt, kommt nicht vor.
Sie haben keine Furcht mehr, sich weiter von
ihrem Wohnsitz zu entfernen, und melden sich
teilweise freiwillig dazu. Es arbeiteten Leute in
Lüderitzbucht, Kalkfontein, Kuibis, Keetmanshoop,
Churutabis usw. Die Arbeitgeber sprechen sich
sehr befriedigt über die Bondels aus und bitten
ständig um neue Arbeiter, so daß das Kommissariat
nicht immer in der Lage ist, allen Nachfragen
gerecht zu werden.
Der Bondel ist aber nicht nur ein guter
Arbeiter, sondern zeigt auch großes Geschick für
Sattler-, Schuster-, Tischler= und Schmiedearbeiten,
so daß die Möglichkeit vorhanden ist, die Bondels
als gute und billige Handwerker auszubilden.
Was den Viehbestand der Bopndels betrifft,
so erhielten sie nach dem Friedensschluß insgesamt
3278 Bockins zugewiesen. Hiervon ist infolge
Alters und der Dürre des Sommers 1908/09
ein beträchtlicher Teil eingegangen, so daß nur
noch ein Viehbestand von 44 Ziegenrammen,
1995 Ziegen, 910 Lämmern, 21 Schaframmen,
415 Schafen, 59 Lämmern vorhanden war. Eine
erneute Zählung hat inzwischen nicht mehr statt-
gefunden. Jedoch hat sich inzwischen die Zahl
des Kleinviehs infolge des vergangenen guden
Regenjahres wieder etwas gehoben und verspricht
sich weiter zu vermehren. Es gibt allerdings
Leute, die kein Stück Vieh mehr haben. Die
Weide in den Lokationen ist vorzüglich, allerdings
ist es fast nur Großviehweide.
Die Bondels sind im allgemeinen ganz gute
Viehzüchter, wenn sie auch auf diesem Gebiete
bei weitem nicht an die Hereros heranreichen.
Die Versuche auf dem Gebiete des Acker-
und Gartenbaues sind noch im Anfangsstadium.
Eingeborenengärten sind in Warmbad, Haib und
Dreihuk angelegt worden. An den beiden letz-
teren Orten werden durch den Anbau von Tabal,
Mais, Hafer, Luzerne, Melonen usw. ganz gute
Erträgnisse erzielt, obwohl die Wasserverhältnisse
noch mancherlei zu wünschen übrig lassen.
Dagegen will der Garten auf der Werft
Warmbad nicht recht gedeihen. Trotzdem der
Boden 3/4 m tief ausgehoben und gute Erde aus
Haib und Dreihuk dafür verwendet wurde, stirbt
alles nach kurzer Zeit wieder ab. Das Wasser
scheint zu brackig zu sein und die keimenden
Pflanzen zu töten.
Außer diesen Eingeborenengärten sind in Haib
und Dreihuk Stationsgärten vorhanden, welche
als Mustergärten bezeichnet werden.
Die Sterblichkeit unter den Bondels ist
verhältnismäßig groß, größer als die Zahl der
Geburten. Im Jahre 1909 starben 18 Männer,