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dünne Streifen von Bewaldung mit Mimosen und
Akazien. Viele Berge sind völlig kahl und felsig.
In den Niederungen stehen ganze Bestände der
wegen ihres harten Holzes geschätzten Borassus-
palme, die auch am Sanaga in vereinzelten
Exemplaren vorkommt. Kokos und Olpalmen sind
nur in wenigen Exemplaren vertreten. Glossinen
sollen überall vorkommen. Sie und ihre Brut
finden bei Grasbränden Schutz in den dünnen
Waldstreifen der Schluchten und an den meistens
mit Gebüsch besetzten Ufern. Die ganze Strecke
macht zur Trockenzeit einen traurigen Eindruck,
der noch durch die große Armut an menschlichen
Niederlassungen gesteigert wird. Der Kongo bildet
die Grenze zwischen dem belgischen und portu-
giesischen Gebiet bis zur portugiesischen Nieder-
lassung Nogi.
Die Ankunft in Matadi erfolgte am
21. August; damit erreichte die zweiundzwanzig-
tägige Fahrt mit dem Dampfer „Axim“ ihr
Ende.
Matadi heißt Stein. Die Stadt ist mit ihren
vielen Hotels auf äußerst steinigem und ab-
schüssigem Gelände erbaut. Auch hier ist die
Aufgabe sehr gut gelöst, die Wohnungen der
Europäer und Farbigen zu scheiden. Die Hütten
der letzteren liegen zu Dörfern vereinigt in den
Bergen zerstreut. Von den Weißen wird über
Mangel an guten Handwerkern geklagt. Die
wenigen farbigen Handwerker kommen von der
Küste aus anderen Kolonien. Auch an Regie-
rungsschulen fehlt es, und erst in neuester Zeit ist
mit Errichtung von solchen begonnen worden.
Sierra-Leoneleute sind als Zoll= und Bahn-
vorsteher, Kondukteure, Wärter usw. beschäftigt.
In Matadi lebt der letzte der seinerzeit für den
Bahnbau eingeführten Chinesen als Schreiner.
Seine Landsleute sind alle dem Einflusse des
Klimas erlegen.
Die Umgebung von Matadi ist trostlos. Nichts
als Sand und Felsen, mit Ausnahme einer Oase
in der Nähe des sehr schön gepflegten Weißen-
hospitals.
Sowohl der Bahnarzt wie der amerikanische
Missionsarzt wurden von mir besucht. Ich sah
nur einen einzigen schlafkranken Knaben. Die
Schlafkranken scheinen hier keine dauernde Be-
handlung zu erfahren. Die Art, wie Dr. Sims,
ein amerikanischer Arzt, der seit über zwanzig
Jahren am Kongo lebt, Farbige auf Schlafkrank-
heit untersucht, ist erwähnenswert. Er legt allen
Farbigen, die zu ihm kommen, das Thermometer
ein; Leute mit geringer Temperatursteigerung
(37,5 bis 38) behält er zurück und gibt ihnen
eine Woche lang Chinin. Wenn die Temperatur
nicht beeinflußt wird und nicht ganz bestimmte
Symptome auf eine andere Krankheit schließen
lassen, dann stellt er die Diagnose Schlafkrankheit.
Diese Methode hat bei Massenuntersuchungen
etwas für sich. Außerordentlich häufig soll Try-
panosomiasis sich bei Schweinen und auch bei
anderen Haustieren finden; auch ist beobachtet,
daß Hirten sehr häufig Trypanosomenträger sind.
Das Kleinvieh sieht in Matadi äußerst kümmerlich
aus. Das Schaf gehört der langbeinigen Rasse
an, mit großer, gebogener Nase, wie man es im
Nildelta häufig sieht. Es unterscheidet sich jeden-
falls bedeutend von der Schafrasse, die in Süd-
Kamerun heimisch ist.
Die Wohnungen der Eisenbahnbeamten liegen
in der Umgebung von Matadi an den Bergen
zerstreut. Es sind kleine, zerlegbare Gebäude aus
Wellblech und Eisen, meistens mit Moskito-
fliegenschutz. Das Hospital in Matadi ist ein
kleines einstöckiges sauberes Haus in Zememl-
eisenkonstruktion in schöner, gesunder Lage. die
Farbigen liegen auf eisernen federnden Beu-
stellen mit Strohmatratzen. Ein kleines helles
Zimmer mit gutem Operationstisch schließt sic
an die Krankenräume an.
Am 23. August wurde die Reise mit der Bahn
angetreten. Diese rund 400 km lange schmal-
spurige Bahn folgt kurze Zeit dem Lauf des
Kongo und verläßt ihn dann, um ihn erst nach
zweitägiger Fahrt in Kinshassa wieder zu
treffen. Sie geht in vielen Windungen, an wald-
losen Abhängen und Tälern entlang, kreuzt un-
fruchtbare Hochplateaus und erinnert in ihrem
ersten Teile durchaus an die bosnisch-herzego-
winische Bahn in ihrem Verlauf durch das Karst-
gebirge.
Neben dem Gleis zieht der Telegraph bin;
seine Stangen sind aufgesteckte Bahnschienen.
Manchmal, wenn die Bahn eine Schlucht kreuzt,
glaubt man sich auf kurze Zeit im dichten kr-
walde zu befinden, denn diese Wassersammel-
plätze sind im Gegensatz zu dem mit Knüppel-
holz und Gras auf weite Strecken bestandenen
Gebirge hochbewaldet. In einer solchen sumpfigen
Gegend, ungefähr in der Mitte des Weges
zwischen Matadi und Thysville, waren reiche
Bestände wilden Papyrus (Cyperus) bemerkbar.
Mit Thysville (Kilometer 231) hat die
Bahn den höchsten Punkt (741 m ü. d. M.)
erreicht. Die Europäer in Thysville sehen gesund
aus; sie schreiben das dem Genußf frischen Ge-
müses zu, das in einem sorgfältig angelegten
Garten mit Zisternenbewässerung gezogen wird.
Es gedeihen Salat, Kohl, Sellerie, Rüben, Schnit-
lauch, Zwiebeln, Rettiche und Tomaten. Aus-
gezeichnet ist das hier gebackene Weißbrot. In
Leopoldville wird für die Bahn und das Gou-
vernement täglich Groß= und Kleinvieh geschlachtet
und die Bahnstrecke mit frischem Fleisch versorgt.