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saft, untersucht selbständig die Präparate und
meldet dann das Resultat. Ich hatte Gelegen-
heit, einer Untersuchung der Mannschaft eines
auf dem oberen Kongo verkehrenden Staats-
dampfers auf Schlafkrankheit beizuwohnen. Broden
ist kein Anhänger gefärbter Präparate. Er unter-
sucht alles in frischem Zustande. Dauerpräparate
stellt er nach Laverau her, nicht nach Giemsa,
da erstere sich in den Tropen besser in der Fär-
bung halten sollen. Broden zeigte mir sehr
interessante mikroskopische Präparate, z. B. Try-
panosoma congolense bei Schafen und ein Blut-
präparat vom Schaf mit zwei verschiedenartigen
Trypanosomen, welche noch nicht bestimmt sind.
Unter Führung Brodens besichtigte ich dann die
Schlafkrankenniederlassung, denn auch in Leopold-
ville hat man von einer Hospitalbehandlung bei
diesen Kranken abgesehen. Diese Niederlassung
besteht aus einer Reihe von Strohhütten und
wird von etwa zweihundert Kranken bewohnt,
die ihre Angehörigen mitnehmen können und hier
verpflegt werden. Große Flächen um die Nieder-
lassung sind freigeschlagen und mit Maniok und
anderen Nährpflanzen für die Kranken angebaut.
In einer Hütte stehen zwei bis drei Betten mit
Moskitonetz. Die Abteilung für Tobsüchtige ist
mit Palisaden umschlossen; einige dieser Kranken
haben lang nachschleppende Ketten am Halse, da
sie ständig entweichen und Unheil anrichten. Viele
bieten ein Bild völligen Stumpfsinnes und totaler
Verwahrlosung. Auch Sterbende sieht man vor
den Hütten liegen. Ahnlich erschütternde Ein-
drücke menschlichen Elendes habe ich nur noch
1896 auf Hawaii, beim Besuche der Lepra-Nieder-
lassung auf Malokai empfangen. Die ausgedehnte
Niederlassung ist nicht umzäunt, das Betreten
durch Weiße und Schwarze ohne Begleitung des
Arztes streng verboten. Häufiges Entweichen der
Kranken ist nicht selten; öfters werden Verbrechen
von ihnen begangen, sie müssen dann mit Ketten-
haft bestraft werden. Lebhafte Proteste der
Kranken, oft wegen Kleinigkeiten, werden laut
beim Besuche des Arztes oder der Aussicht-
führenden — ähnlich wie in Lepraheimen, ein
Zeichen dafür, daß selbst diese milde Haft von
den Kranken schwer empfunden wird und daß die
geistigen Funktionen dieser Unheilbaren nicht mehr
intakt sind. Einige der Kranken bilden Aus-
nahmen von ver großen Masse, die sich lediglich
füttern und beherbergen läßt; sie verdienen Geld
durch Bügeln, Waschen und dergleichen.
Auch eine lepröse Schlafkranke befand sich in
der Niederlassung. Lepra soll übrigens, soweit
den Arzten bekannt, nicht so häufig vorkommen
wie in Kamerun, immerhin kommt sie nach Broden
häufiger vor, als man annimmt. Die Bekämpfung
der Schlafkrankheit drängt jedoch im Kongostaate
alle Rücksicht auf die kleiner scheinenden Leiden
zurück.
In Matadi hörte ich, daß mit jedem Dampfer
schlafkranke Europäer nach Hause reisen. Wenn
das auch übertrieben ist, so kommt doch allem
Anschein nach die Schlafkrankheit nicht selten bei
Weißen vor, was auch von Dr. Broden bestätigt
wurde. Etwa 30 Weiße vom oberen Sangoa sind
im Institut Pasteur in Paris in Behandlung.
Dr. Broden führte mich dann noch in die
Krankenhäuser für Schwarze. Sie liegen in der
Nähe der Kongo-Schnellen in gut sanierter Gegend.
Jeder Farbige hat ein Feldbett ohne Matratze,
aber mit Moskitonetz. Allgemeiner Moskito= und
Fliegenschutz war nicht vorhanden. Ein sehr
hübscher, reinlicher und heller Operationssaal liegt
neben den Krankenhäusern.
Ein guter Weg führt von Kinshassa in
13¾ Stunden nach Leopoldville. Am Sonntag,
den 29. August, machte ich diese Tour zu Fuß,
da an Sonn= und Feiertagen die Bahn zwischen
Kinshassa und Leopoldville nicht verkehrt. Meine
Absicht war, die dortigen Gemüsegärten und vor
allem die Kamele anzusehen, die von Teneriffa
hier eingeführt wurden. Es sind noch acht Stück
vorhanden, die Erdtransporte ausführen und
andere Lasten tragen. Nur zwei sind in gutem
Ernährungszustand, die anderen sehr abgemagert.
Dieser Versuch, Kamele im Kongostaate einzu-
führen, scheint gescheitert zu sein.
Am Sonntag Vormittag war in der Nähe
des Bahnhofes von Leopoldville (in Gabema) ein
großes Schwarzenfest. Befonders auffallend war
die lärmende Betrunkenheit, auch unter den
Weibern, trotz des Verbotes des Whisky= und
Rumverkaufs. Die Farbigen pflegen sich meistens
in Bier oder billigem Rotwein zu betrinken. In
verschiedenen Teilen der Stadt sah ich betrunkene
Gruppen Farbiger umherziehen.
Wie die Glossina palpalis trotz aller Sa-
nierungen ins Innere großer Niederlassungen
eindringt, ersieht man daraus, daß mein Jaunde-
junge in Leopoldville vor einer Faktorei gestochen
wurde.
Am 1. September kam der erwartete Dampfer
„Kamerun“ der Gesellschaft Süd-Kamerun in
Kinshassa an; er begann am 5. September die
Reise flußaufwärts nach Molundu. Am 4. Sep-
tember besuchte ich noch einmal die französischen
Arzte Martin und Ringelbach, die ich am
25. August bei meinem ersten Besuch des Institut-
Pasteur in Brazzaville kennen gelernt hatte.
Die „Kamerun“ ist ein kleiner, alter Dampfer
von 15 Tonnen. Die Bemannung besteht aus
25 Farbigen, sog. Bangallas; der einzige Ma-
schinist stammt aus Sierra Leone. Da der
Dampfer Holzfeuerung hat, aber ohne Einrich-