Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

den Plantagen stecken, schon derartig sicher ge- 
worden sind, daß ein wirklicher Verlust bei vor- 
sichtiger hypothekarischer Beleihung kaum noch zu 
erwarten wäre. Ich kenne kein Beispiel dafür, 
daß größere Plantagen dauernd ganz aufgegeben 
und wieder Wildnis geworden wären, sondern 
es findet sich immer, wenn einer die Vorarbeiten 
gemacht hat, ein anderer, der sie fortführt, und 
Verluste werden wahrscheinlich wenig eintreten. 
Trotzdem ist Vorsicht hier mehr als in Südwest 
geboten, weil wir keine feste Basis für die wirt- 
schaftliche Ausnutzung haben. Denn ich kann der 
Kreditanstalt die schönsten Kulturen vorführen, 
aber wenn das Produkt nachher nicht verkaufs- 
fähig ist oder von Schädlingen vernichtet wird, 
dann ist die ganze Grundlage für den Kredit hin. 
Trotzdem wird der Kredit dort nicht aufhören 
dürfen, er muß vielmehr gefördert werden. Aber 
man wird ihn vorläufig immer noch mehr als 
Personalkredit geben müssen, und von Landes- 
kultur-Rentenbanken wird, soweit ich die Sache 
überblicken kann, in tropischen Kolonien erst später 
die Rede sein können. Ich hoffe, daß die Ver- 
kehrswege sich entwickeln und größere und fest- 
fundierte Unternehmungen immer zahlreicher ge- 
schaffen werden, damit dann auch dort der Pfand- 
briefkredit eingeführt werden kann. Aber der 
Personalkredit sollte mehr die Formen des bank- 
mäßigen Kredits in Anspruch nehmen, und wenn 
jetzt in Ostafrika eine neue Bank begründet werden 
soll, so bin ich überzeugt, daß sie von großem 
Nutzen für unsere Kolonien sein wird. Daneben 
werden genossenschaftliche Organisationen, die man 
dort plant, auch bestehen können, denn der Bedarf 
nach Geld wird immer größer werden; aber 
größte Vorsicht ist hier erst recht geboten, weil 
bei der geringen Besiedlung die gegenseitige 
Kontrolle, die die Grundlage der Solidarhaft ist, 
kaum geübt werden kann. 
Nach eingehender Diskussion wurde auf Antrag 
des Referenten der Beschluß gefaßt, den Reichstag 
und Bundesrat zu ersuchen, in den Etat für die 
Kolonien, zunächst für Südwest= und Ostafrika, 
baldigst Mittel einzustellen zur Begründung von 
Landeskreditanstalten zur Förderung des land- 
wirtschaftlichen Pfandbriefkredits. 
1 * 
* 
Koloniale Schulsammlungen. 
Die Schulsammlung kolonialer Produkte des 
Komitees ist im letzten Halbjahr in 340 Exem- 
plaren vertrieben worden. Vom Ministerium der 
geistlichen, Unterrichts= und Medizinal-Angelegen- 
heiten allein wurde die Lieferung von 186 Schul- 
sammlungen vermittelt, welche durch die Königlichen 
  
Regierungen und die Königlichen Provinzial-Schul- 
kollegien an Schulen des Amtsbereiches dieser 
Behörden verteilt wurden. 
Die Schulsammlung kolonialer Produkte hat 
sich durch ihre praktische Einrichtung und wegen 
des billigen Preises (10 /4) besonders für den 
Unterricht in Volksschulen als zweckmäßig erwiesen. 
r 1 
Kolonial-Wirtschaftliches Archiv. 
Das Kolonial-Wirtschaftliche Archiv des Komitees 
ist neuerdings wieder durch Auskunftsmaterial, 
wie Prospekte, Denkschriften, Geschäftsberichte und 
Pressenotizen über 58 nene koloniale Erwerbs- 
Gesellschaften erweitert worden, so daß die Aus- 
kunftserteilung des Archivs sich nunmehr auf 
458 Unternehmungen erstreckt. Das Archiv er- 
weist sich immer mehr als eine den Bedürfnissen 
der Zeit entsprechende Einrichtung. · 
Der deutsch-koloniale Baumwollbau. 
Über die deutsch-kolonialen Baumwoll- 
unternehmungen des letzten halben Jahres 
hat der Vorsitzende des Kolonial-Wirtschaftlichen 
Komitees, Karl Supf, der Baumwollbau-Kom- 
mission einen Bericht erstattet, dem wir folgendes 
entnehmen: 
Die Baumwollproduktion unserer Ko- 
lonien hat 1909 eine nicht unerhebliche Steige- 
rung erfahren. Nach amtlichen Angaben wurden 
aus Togo im Jahre 1909 2048 Ballen à 500 
Pfund im Werte von 417 500 gegen 1667 
Ballen im Vorjahre im Werte von 366 040 /% 
ausgeführt. Mehr tritt der Fortschritt in Deutsch- 
Ostafrika zutage. Dort belief sich die Ausfuhr 
1909 auf 2077 Ballen im Werte von 440 460 / 
gegen 1081 Ballen im Werte von 249 438 AM 
im Jahre 1908. Die Ausfuhr hat sich demnach 
in Deutsch-Ostafrika nahezu verdoppelt. Dies 
darf als ein erfreuliches Zeichen dafür angesehen 
werden, daß die Baumwollkultur in dieser Kolonie 
jetzt einer rascheren Entwicklung entgegengeht- 
Das Vorgehen der Regierung in der Saatfrage, 
welche im jetzigen Stadium der Entwicklung der 
Baumwollkultur in Ostafrika akut geworden ist, 
wird voraussichtlich günstig einwirken. Die inten- 
sivere Bearbeitung der technischen Seite des 
Baumwollversuchswesens durch die neu gebildete 
Kolonial-Technische Kommission des Komitees und- 
die allmähliche Lösung der Bewässerungsfrage 
durch wasserwirtschaftliche Erkundungen und Aus- 
arbeitung von Bewässerungsprojekten wird eben- 
falls zur Förderung der Kultur beitragen. Hinzu 
kommt, daß durch den fortschreitenden Eisenbahnbau 
weitere Gebiete dem Baumwollbau erschlossen
	        
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