Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

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schritten, die Glocke kontinnierlich tönen zu lassen, sie 
also nicht mit einem Klöppel anzuschlagen, sondern sie 
fortwährend schwingen zu lassen. Der Schall geht fort- 
während hinaus, lähnlich wie bei einer Pfeise. Man 
schicke beispielsweise wie bei seiner Orgelpfeife einen 
Luftstrom hinein und der n hält fortwährend an. 
Das ist der Unterschied eron den gedämpften und 
ungedämpften Schwingungen. Bei den gedämpften 
elektrischen Wellen, wie sie der Funke erzeugt, klingt 
die Kraft allmählich ab; das Maximum, der Höbe- 
punkt ist festgesetzt. Irfolgedessen ergibt sich noch ein 
weiteres Ausnutzungsgebict, indem man von dem 
Funken, von den schnell abklingenden Wellen zu den 
kontinuierlichen Wellen übergeht. Dieses Vessahnen 
hat noch andere Vorteile. 
Man hat auf diesem Wege schon seit mehreren 
Jahren gearbeitet. Ein dänischer Erfinder, Paulsen, 
ist es, der die Sache in Fluß Pebracht hat. Ein Eng- 
länder namens Duddle hat dies Verfahren angeregt. 
Er hat sozusagen eine elektrische Pfeise erfunden. In 
Deutschland ist das Verfahren durch die C. Lorenz 
A.-G. in Berlin gefördert worden. Es ist kein Luft- 
strom, den man vorbeileitet, sondern ein elektrischer 
Strom. In einem elektrischen Bogen einer Bogen- 
lampe, der zwischen zwei Kohlen oder Metall und 
Kohle brennt, geht fortwährend Elektrizität über. Man 
schließt an diese Bogenlampe die Antenne, die Glocke, 
wenn man will, oder die elektrische Pfeife, wie wir es 
in diesem Falle besser neunen wollen, und durch diese 
Bogenlampe angeregt — es müssen verschiedene Be- 
dingungen erfüllt sein, auf die ich nicht eingehen will —, 
tönt die elektrische Welle in den Raum hinaus. 
Aber jetzt kommt die Kraftfrage. Man ist in der 
Kraft begrenzt; die Bogenlampen können über eine 
gewisse Größe binaus nicht gebaut werden. Man kann 
also auf diese Weise keine sehr großen Kräfte aus- 
senden. Die Überbrückung großer Entfernungen be- 
deutet aber Anwendung eßer Kraft. Das hat man 
schon lange eingesehen. Man hat daher versucht, die 
Glocke nicht sich selbst zu überlassen oder, angeregt 
durch einen blrrirsschen S#omr schwingen *. laen 
sondern sie mechanisch zu betätigen. an stelle sich 
vor: Man würde einen Motor mit einer ankell und 
einer Pleuelstange, die au dem Glockenrand angreift, 
aufsstellen und nun die Glocke mechanisch betreiben. 
Die Glocke ist nicht gerade ein geeignetes Bild dafür, 
man wählt besser eine mächtige Membrane, die man 
mit der Kurbel in Verbindung setzte, derart, daß die 
Membrane hin und her gerissen wird, daß man ihr 
die Schwingungen aufzwingt und so die Wellen 
mechanisch erzeugt werden. Dann eröffnet sich ein 
gauz neues Gebiet. Man kann auf diese Weise 
kolossale Kräfte erzeugen, wenn man nur den Motor 
entsprechend stark macht. 
Die ersten herce in der Richtung waren ziem- 
lich dürftig; es ist nicht gelungen, besonders große 
Kraft dadurch hervorzu ringen. Erst in neuerer Zeit 
ist es gelungen, durch Anwendung eines besonderen 
Systems recht herträchruche elektrische Wellen mechanisch 
zu erzeugen. Man stellt eine besondere Dynamo- 
maschine mit einer gro# 2 Kraftmaschine, einen Elektro- 
motor auf, erzeugt sich die erforderlichen Kräfte und 
setzt die Antenne in zwangläufige Schwingung. 
Ich will hier nicht auf die Einzelheiten der Vor- 
züge einer derartigen Anordnung eingehen. möchte 
aber ganz besonders betonen, wie wichtig es ist, große 
und gleichmäßige Kraft, leichmäßige Schwingungen 
zu haben. wenn man das Problem der Ozean--Uber- 
brückung, der Telegraphie nach unseren Kolonien in 
agriff nimmt. In den Kolonien herrschen ganz be- 
sondere Verhältnisse, und zwar mit Bezug auf die 
  
  
Störungen. Wenn man in einer drahtlosen Station 
gewesen ist und sich beispielsweise mit einem Telephon 
zwischen Antenne und der Erde einschaltet, so hört man 
fortwährend, besonders im Sommer bei Gewitter- 
störungen, ein Knacken. Diese Störungen sind unter 
Umständen so beträchtlich, daß man andere Zeichen 
dazwischen überhaupt nicht hören, also auch nicht auf- 
nehmen kann. Die Gewitterstörungen sind so beträcht- 
lich, daß man nichts dagegen machen konnte. 
Sehr oft ist das Problem der drahtlosen elek- 
trischen Minenzündung für Kriegszwecke und im Berg- 
werksbetriebe angeregt worden. Abgesehen davon, daß 
bei dem ersten Zweck auch der Feind eine Zündung 
herbeiführen könnte, die man ja vielleicht zu verhindern 
vermag, so würden doch durch die Gewitter, durch die 
drahtlose Telegraphie der Natur, die Minen unter Um- 
ständen zur Unzeit entzündet. Jedenfalls ist diese Er- 
scheinung in der drahtlosen Telegraphie überaus un- 
angenehm. 
kann man etwas derartiges überwinden? 
Auch hier lautet wieder die Antwort: durch Anwendung 
ganz außerordentlich großer Kräfte. Man muß primär, 
also auf der Gebestatian so ungeheure Kräfte an- 
wenden, daß man die Empfangsstation bis zu einem 
gewissen Grade unempfindlich machen und dadurch die 
Störungen beseitigen kann. Man stellt, wie man sagt, 
weine sehr lose Kopplung“ her und richtet die Station 
so ein, daß, wenn schwache Kräfte primär vorhanden 
sein sollten, man nichts hören würde. Die durch die 
Atmosphäre verursachten Störungen werden dann so 
gering, daß sie nicht den Empfang beeinträchtigen. 
Aber die periodisch einsetzenden überaus gleichmäßigen 
Schwingungen der primären Anregung dringen durch. 
Diese können auch durch besondere Verfahren noch ver- 
stärkt werden. Das bedeutet immer wieder: zur Uber- 
windung großer Entfernungen, besonders nach unseren 
Kolonien, ist es notwendig, große Kräfte primär 
anzuwenden, um eben auch von der Störung un- 
abhäugig zu seir 
Bezüglich der Geheimhaltungsfrage und dergleichen 
möchte g nur erwähnen, daß große Schwierigkeiten 
nicht vorhanden sind. Aber die Ellrungsfragk nicht 
nur durch die Gewitter, sondern auch durch andere 
Stationen ist außerordentlich wichtig. Die letztere 
wird auch wieder dadurch überwunden, daß man pri- 
mär von der Sendestation aus große Kräfte und un- 
gedämpfte Wellen, ganz gleichmäßig schwingende 
Wellen, die maschinell erzeugt werden, verwendet. 
Wenn man einen Funken als Geber gebraucht, so“ 
kann man nicht eine solche Geheimhaltung erzielen, 
wie bei den PMeichmäßigen Schwin ungen- 
Nach meiner Ansicht ist die Lösung einer draht- 
losen Telegraphie über sehr weite Entfernungen nur 
darin zu suchen: erstens, wenn man ungeheuer große 
Stationen ba, riesige Türme errichtet; ferner wenn 
n sehr große Kräfte anwendet und diese absolut 
hlelihnrabieg blüe, und man muß die elektrischen Wellen 
kchinel erzeugen. Ein Vorteil des Funkens ist der, 
daß bei Hörerempfang — man empfängt nämlich ge- 
wöhnlich die verschiedenen Zeichen mit einem Telephon 
— ein harmonischer Ton entsteht, aber auch diesen 
kann man mit den Maschine nachahmen, trotzdem ich 
das niemals empfehlen würde, weil eben Zeit verloren 
eht, weil immer bei dem Schwin zungsknoten des 
Tones eine Energiepause auftritt. an wird auch 
niemals in dem Masßee die Geheimhaltung und die Un- 
abhängigkeit von anderen Stationen erreichen, wie das 
mit ganz ungedämpften Wellen erzielt werden kann. 
Es gibt auch andere Mittel, um einen Ton, der 
durch die Gewitterstörung hindurchdringt, auf der 
sekundären Station zu erzeugen. Auch diese Frage ist 
  
  
  
  
 
	        
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