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findlichen Bezirkschef von dem Vorfall Anzeige,
und dieser ersuchte den mit seiner Kompagnie in
Ost-Urundi stehenden Oberleutnant Tafel, die
Angelegenheit zu regeln. Letzerer rückte in die
Landschaft der Mutessi, die zu Tetruje flüchtete.
Alle Versuche, auf friedlichem Wege mit ihm
Fühlung zu gewinnen, ihn zum Erscheinen und
zur Auslieferung der Mutessi zu veranlassen, miß-
glückten. Selbst die Beschlagnahme eines Teils
seines Viehes vermochte nicht, ihn gefügiger zu
machen.
Oberleutnant Tafel mußte unverrichteter Sache
abziehen, stellte das beschlagnahmte Vieh bei
einigen benachbarten Watuale ein und ließ Tetruje
sagen, er möge sich sein Vieh bei der Residentur
zurückerbitten. Einige Zeit später erschien er denn
auch, markierte den gänzlich Harmlosen, tat so,
als ob ihn die ganze Sache gar nichts anginge
und verlangte sein Vieh zurück. Es wurde ihm
jedoch bedeutet, daß die Rückgabe des Viehes von
der Herbeischaffung der Mutessi abhängig gemacht
werden müsse. Tetruje ließ jedoch nichts von
sich hören.
Die Angelegenheit sollte nuunmehr an Ort und
Stelle geregelt werden. In Ikarama angekommen,
schickte ich zu Tetruje und Lugambagisa und ließ
sie auffordern, zu mir zu kommen; einen andern
schickte ich zu der einige Stunden entfernt in der
Nähe des Mlagarasi wohnenden Mutessi, um
diese herbeizuholen.
Lugambagisa war nicht zu finden. Frau
Mutessi war bereits längst in Sicherheit; nur
Tetruje schien sich die Sache überlegt zu haben
und kam nach einigem Zögern am nächstfolgenden
Tage. Auf die Frage nach dem Verbleib der
Mutessi, erklärte er zunächst, daß er ihren Auf-
enthalt nicht kenne, gab aber dann an, sie sei
nach Uha entflohen. Ich gab ihm den Auftrag,
seinen zahlreich erschienenen Leuten den Befehl zu
geben, sofort aufzubrechen, und die Mutessi her-
beizuschaffen, während er selbst im Lager zu bleiben
habe. Die Leute gingen und kamen nicht wieder.
Ich nahm darauf Tetruje mit bis nach Mujaga
und schickte ihn später zum Sultan Mutaga,
um dort die Sache weiterzuverhandeln. Dort
traf ich dann, wenn auch nicht die Mutessi, so
doch einen angeblichen Verwandten von ihr, den
die Tetrujeleute angebracht hatten. Dieser er-
klärte dann, daß die Mutessi in Uha sei und sich
dort bei dem Mtuale Terula aufhalte. (Die
Mutessi ist unterdessen tatsächlich in Uha ausge-
griffen worden.)
In den Tagen vom 18. bis 21. November
wurde der Marsch, am Fuße der Nkomaberge
entlang, bis in die Gegend westlich des Lumpungn
(richtiger: Lumpungwe) fortgesetzt, dann nach
Norden umgebogen und — nach Ersteigung des
hier schon etwas weniger steilen Abfalles des
Urundihochlandes — die Landschaft Ujogoma
erreicht.
Der südliche Teil dieser Landschaft untersteht
dem Mtuale Kiraranganya, während der
nördliche, in dem die Missionsstation Mujaga
liegt, dem Mtuale Senyawarungu (auch
Muhisa genannt) gehört, der jedoch seinen Wohn-
sitz in der Landschaft Bujensi, auf dem west-
lichen Ruvuvuufer hat. Beide sind mit dem
Sultan Mutaga verwandt. Diesen erkennen sie
wohl als ihr nominelles Oberhaupt an, senden
ihm auch Geschenke, erfreuen sich aber im übrigen
ziemlicher Selbständigkeit und pflegen Ein-
mischungen des „Obersultans“ gänzlich zu
ignorieren. Das war schon unter Kisabo so.
Untereinander haben sie sich infolge von Familien-
streitigkeiten entzweit.
Kiraranganya, ein noch junger Mann im
Alter von etwa zwanzig Jahren, macht einen
recht guten Eindruck. Er ist recht lebhaft, zeigt
Eifer und besitzt auch eine gewisse Energie;
Eigenschaften, die ihn vorteilhaft von der größeren
Anzahl der meist schlassen und energielosen
Waganua unterscheiden. Er besitzt daher auch
die nötige Autorität bei seinen Leuten und es
herrscht Ordnung im Lande. Sehr aufmerksam
folgte er auch den ihm erteilten Ratschlägen und
Belehrungen, die sich auf rationelle Viehzucht und
vermehrten Anbau von Feldfrüchten erstreckten.
Am 25. November wurde die Missionsstation
Mufjaga erreicht und dort bis zum 27. gelagert.
Die Beziehungen der Mission zu den umwohnenden
Eingeborenen, namentlich zu den beiden Watualen
Kiraranganya und Senyawarungu, sind recht gut.
Die Bevölkerung ist zahlreich. Der Anbau
von Feldfrüchten läßt zu wünschen übrig, nament-
lich was die Mannigfaltigkeit anbelangt. Es gibt
eigentlich nur Bananen und Bohnen. Etwas
roter Mtama wird zur Pombebereitung gebaut,
auch Mais findet man in geringen Mengen.
Dagegen fehlen vollkommen Süßkartoffeln und
der bei Hungersnöten so sehr wichtige Muhogo.
Großvieh scheint reichlich vorhanden; Kleinvieh
ist spärlicher.
Am 28. November wurde der Marsch in
nordöstlicher Richtung nach Bujensi fortgesetzt,
wo wir nach Jüberschreitung des Kajongosi und
Ruvuvru am 30. in Kagombe (auf der Karte
Muhisas genannt), dem Wohnsitz des bereits
genannten Mtuale Senyawarungu eintrafen.
Dieser selbst war bereits am 28. abends zu uns
gestoßen. "
Senyawarungu ist der Mtuale, in dessen
Land gegen Ende 1909 Unruhen ausbrachen.
Senyawarungu, der damals geflohen, war trotz
friedfertiger Versicherungen nicht dazu zu bewegen
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