Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXII. Jahrgang, 1911. (22)

Kolonialwirtschaftliche Mittellungen. 
Aus dem Krrbeitsbereich des stolonlalwirtschaft· 
lichen Komitees. 
Bei der am 18. vor. Mts. stattgehabten Weröst 
tagung der Technischen Kommission! s Ko- 
lonial-Wirtschaftlichen Komitees gab Wi*B 
der Vorsitzende Karl Supf aite Bezug auf die 
Marokko-Kongo-Verhandlungen die Erklärung 
ab, es liege nicht im Wesen des Komitees, kolonial- 
politische Agitation zu treiben. Nach Abschluß des 
Marokko-Kongo-Vertrages erachte es das Komitee als 
seine Pflicht, mitzuarbeiten an der Aufgabe, die neu 
erworbenen Gebiete im Interesse der heimischen Volks- 
wirtschaft, insbesondere für Handel und Industrie, 
nutzbar zu machen und zunächst der Frage einer 
Motorschiffahrt auf dem Kongo und seinen 
Nebenflüssen sein Interesse zuzuwenden. 
Die Versammlung gedachte dann der Verdienste 
des bisherigen Staatssekretärs Dr. v. Lindequist um 
die wirtschaftliche Entwicklung unserer Kolonien und 
insbesondere der tatkräftigen Förderung, welche er den 
gemeinnützigen Arbeiten des Komitees hat zuteil 
werden lassen. 
i Tagesordn ung umfaßte u. a. folgende 
Gegenstände: 
Di Moterschilfahrt in den tropischen Ko- 
lonien (Ref. D h. c. Diesel-München), die 
drahtlose Lelegrhhie mit und in den Kolonien 
(Ref. die Direktoren der Gesellschaft für drahtlose Tele- 
graphie Graf v. Arco und H. Bredow-Berlin), das 
wassertechnische Projekt der Nlatkasieppe. (Ref. 
Geh. Oberbaurat Schmick und Ingenieur Boos= 
Nücheng Kolonial-Maschinenban (Ref. Dr. Gustav 
Fischer, Professor an der Landwirtschaftlichen Hoch- 
Ghule Verline Dahlem). Der Inhalt der einzelnen 
Vorträge wird na stehend auseugsweise mitgeteilt. 
* 
  
— 
*a 
  
  
  
üÜüber einen 
Zusammenschluß der Metall= und Maschinen- 
industrie mit dem Kolonial-Wirtschaftlichen 
omitee 
erstattete Generaldirektor Dr. ing. h. c. v. Oechel- 
haeuser-Dessau ein Referat, dem wir folgendes ent- 
nehmen: 
Den Beweis der Entwicklungsfähigkeit unserer 
Kolonien liefert die fortgesetzt wachsende Ein= und 
Ausfuhr. ’# Jahre 1910 betrug die Einfuhr an Me- 
tallen und Metallwaren nach den Dentschen Kolonien 
in Afrika und der Südsee etwa 88 Millionen Mark, 
an Maschinen für Landwirtschaft, Industrie ened Trans- 
port etwa7 Millionen Mark, insgesamt etwa 40 Millionen 
Mark; die Einfuhr über den Hafen von Tsingtau an 
Waren fremden (nicht chinesist en) Ursprungs betrug 
über 50 Millionen Mark. Den Verkehr mit den deutschen 
Kolonien in Afrika und der Südsec vermitteln die 
Deutsche Ost-Afrika-Linie, Hamburg—Amerika-Linie, 
Bremer Afrika-Linie, Woermann-Linie und 
*rr Norddeutsche Lloyd mit insgesamt 86 Dampfern 
mit rund 870000 Registertons; den Verkehr mit Tsingtau 
unterhalten die Reichs- Posidamipfer. Das gesamte 
Schiffsmaterial ist fast ausschließlich Erzeugnis des 
beimischen, Gewerbefleißes. 
ür den Verkehr in den Kolonien, für Hafen 
Berg= und Wasserbau, landwirtschaftliche und industrielle 
Betriebe kommen an Fabrikaten der Metall= und 
Maschinen-Industrie in Betracht: Lokomotiven, Güter- 
  
und Personenwagen, Feld- und Eisenbahnschienen. 
Dampfschiffe, Motorboote und Leichter für die großen 
Seen und Flüsse, Automobile, Bagger, Damypfrrätte, 
Weschinen u für Bergbaubetriebe, Pumpen, Zaundraht, 
Eisenkonstruktionen, Motoren für industrielle 
und n üche Wueck, landwirtschaftliche Ma- 
schinen und Geräte 
vitales #elamins Interesse der Metall= und 
Maschinew #atstre- besteht ferner in der gesunden 
Weiterentwicklung unserer gesamten heimischen Industrie, 
die großenteils hinsichtlich ihrer Rohstoffversorgung. 
unter einer verhängnisvollen Abhängigkeit vom Aus- 
lande leidet. Bei einer Gesamteinfuhr Deutschlands 
im Jahre 1910 von etwa 9 Milliarden Mark betrug 
die Einfuhr an kolonialen Rohstoffen und Produkten, 
hinsichtlich deren wir auf das Ausland angewiesen sind, 
die Hälfte, nämlich etwa 4½ Milliarden Mark. 
Ziffern der GEinfuor in Deutschlaud (und #uussuhr aus 
den Kolonien) betragen: 
aigebrishe dihlne und Metalle 1319264000 
(39 531 000 "), tieri Icche, orodutte (außer Wolle) 
4 000 .4 (6 374 Al), Rohbaumwolle 
560 900 000 ¼r (1208.000 4% a##le roh und gekämmt) 
469 400 000 (62 )sonstige Faserstoffe 
138 581000 ¾ (4251000 4% Olrohstoffe 304252000 A. 
E5 Al), Hautschub und Guttapercha 270 400 000.62 
4640 000 %, und Gerbstoffe 
38 000 000 k (617 4% % irpische. Eanrunos- und 
Genußmittel 564 000 OO0 (4 491 000 ./%4. iner 
Gesamteinfuhr dieser s#nriele- len und Pro- 
dukte in Deutschland von 4 0 steht also- 
eine Ausfuhr der deichen Fe 4n den deutschen 
olonien von nur 90 000 000 . gegenüber 
Dieser Vergleich zeige daß unsere Frlonien vor- 
läufig nur einen kleinen Teil des Vedarfs Deutschlands 
toffen und Produkten zu decken ver- 
mögen. Es ist aber dabei zu berücksichilgen. daß unsere 
Kolonialwirtschaft erst im Afang der Entwicklung steht, 
und fortgesetzt im Auge zu behalten, daß jede Million 
Mark an Rohstoffen und Produkten aus den eigenen 
Kolonien einen Zuwachs unseres Nationalvermögens 
bedeutet. 
m seinem Appell au die Metall= und Maschinen- 
Indesstrie betont der Referent, daß nur planmäßige 
und einmütige Arbeit auch der deutschen Technik ein 
lohnendes Arbeitsfeld in den Kolonien eröffnen und 
der deutschen Industrie neue sichere Gebiete für ihre 
Rohstoffversorgung und für den Absatz ihrer Erzeugnisse 
erschließen kann. 
  
  
  
  
  
  
  
Die drahtlose 5Telegrayhie in und mit 
o 
Den Ausfihrucc der Direktoren r Gesellchaft 
für drahtlose Telegraphie (Telefunken) Graf v. Arc 
und H. Bredow-Berlin über die drahtlose “ 
graphie in und mit den Kolonien entnehmen 
wir folgendes: 
Die drahtlose Telegraphie in den Kolonien be- 
geguet. soweit es sich um Gegenden mit tropischem 
lima handelt, mannigfaltigen Schwierigkeiten. Haupt- 
sächlich zwei Umstände hemmten bisher die Einführung 
dieser gerade für die Kolonien außerordentlich zweck- 
mäßigen Nachrichtenübermittlung. Einmal die starken 
elektrischen Störungen, unter welchen die Empfangs- 
stationen zu leiden haben, und zweitens die fehlende 
Signalstärke beim Telegraphieren am Tage im Gegen- 
satz zu der großen Stärke der Signale bei Nacht. 
 
	        
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