Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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§ 15. Bei inneren Unruhen, insbesondere Eingeborenenaufständen, bei Kriegsgefahr oder 
nach Ausbruch eines Krieges kann der Gouverneur durch öffentliche Bekanntmachung Veröffentlichungen 
über Vorgänge bei den Eingeborenen oder über Truppenbewegungen und Verteidigungsmittel verbieten. 
§ 16. Offentliche Aufforderungen durch die Presse zur Aufbringung der wegen einer straf- 
baren Handlung erkannten Geldstrafen und Kosten sowie öffentliche Bescheinigungen durch die Presse 
über den Empfang der zu solchen Zwecken gezahlten Beiträge sind verboten. 
Das zufolge solcher Aufforderungen Empfangene oder sein Wert ist dem Landesfiskus oder, 
falls am Orte der Sammlung ein zur Leistung von Armenunterstützung verpflichteter Gemeinde- 
verband besteht, diesem für verfallen zu erklären. 
§ 17. Die Anklageschrift oder andere amtliche Schriftstücke eines Strafprozesses dürfen 
nicht eher durch die Presse veröffentlicht werden, als bis sie in öffentlicher Verhandlung kundgegeben 
worden sind oder das Verfahren beendet ist. 
§ 18. Mit Geldstrafe bis zu 600 + oder mit Haft oder mit Gefängnis bis zu drei 
Monaten werden bestraft: 
1. Zuwiderhandlungen gegen die in den §8§ 13, 14, 15, 16 und 17 enthaltenen Verbote; 
2. Zuwiderhandlungen gegen die Bestimmungen der §8 5, 6 und 7, sofern sie durch 
falsche Angaben in Kenntnis der Unrichtigkeit begangen werden. 
Dieselbe Strafe trifft den Verleger einer periodischen Druckschrift auch dann, wenn er 
wissentlich geschehen läßt, daß auf ihr eine Person fälschlich als Schriftleiter benannt wird. 
§ 19. Mit Geldstrafe bis zu 150 “ oder mit Haft werden bestraft: 
1. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 5, 6 und 7, sofern sie nicht durch § 18 Nr. 2 
getroffen sind; 
2. Zuwiderhandlungen gegen den § 8; 
3. Zuwiderhandlungen gegen die §§ 9 und 10. 
In den Fällen der Nr. 3 tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein; das Strafurteil hat 
zugleich die Aufnahme des eingesandten Artikels in die nächstfolgende Nummer anzuordnen. Ist die 
Aufnahme zu Unrecht, aber im guten Glauben verweigert worden, so ist unter Freisprechung von 
Strafe und Kosten nur die nachträgliche Aufnahme anzuordnen. 
§ 20. Unberührt bleiben die Vorschriften der §§ 20 bis 29 des Gesetzes über die Presse 
vom 7. Mai 1874 (Reichs-Gesetzbl. S. 65) über die Verantwortlichkeit für strafbare Handlungen, 
die durch die Presse begangen sind, über die Verjährung der Strafverfolgung von Verbrechen und 
Vergehen dieser Art sowie derjenigen Vergehen, die durch diese Verordnung mit Strafe bedroht sind, 
über die Beschlagnahme von Druckschriften und über die ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte. 
§ 21. Eingeborene werden nach den für ihre Bestrafung geltenden Bestimmungen bestraft. 
§ 22. Auf den selbständigen Betrieb des Preßgewerbes, die Herausgabe und den Vertrieb 
von Druckschriften durch Eingeborene findet die Verordnung keine Anwendung; die erforderlichen 
Vorschriften erläßt der Gouverneur. 
Das gleiche gilt von der Herausgabe und dem Vertrieb von Druckschriften, die ganz oder 
zum Teil in einer Eingeborenensprache abgefaßt sind. 
§ 23. Der Gouverneur kann Vorschriften über das öffentliche Anschlagen, Anheften, Aus- 
stellen sowie die öffentliche, unentgeltliche Verteilung von Bekanntmachungen, Plakaten und 
Aufrufen erlassen. 
§ 24. Der Gouverneur kann anordnen, daß die nichtgewerbsmäßige öffentliche Verbreitung 
von Druckschriften durch die zuständige Verwaltungsbehörde den Personen verboten werden kann, 
bei denen die Voraussetzungen des § 57 Nr. 1, 2, 4 und des § 57a, § 57b Nr. 1, 2 der Ge- 
werbeordnung für das Deutsche Reich, in der Fassung des Reichsgesetzes vom 26. Juli 1900 (Reichs- 
Gesetzbl. S. 871), vorliegen. 
§ 25. Diese Verordnung tritt mit dem 1. April 1912 in Kraft. 
Berlin, den 15. Januar 1912. 
Der Reichskanzler. 
In Vertretung: 
Solf.
	        
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