Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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geit nur für die Ernte gearbeitet und jede andere 
Arbeit, auch die in der Kautschukpflan zung, eingestellt 
wird, bedarf wohl kaum der Erwähnung. 
Die Arbeiterzahl belief sich im Durchschnitt auf 225 
(in 1910 noch 229), mit einer Mindestzahl von 159 
(in 1910 noch 193) und einer Höchstzahl von 454 (317 
in 1910). Die ungünstige Lage Ngambos zum Bezug 
von Arbeitern aus der Umgebung, ein Umstand, der 
besonders während der kurzen Erntezeit von sehr großer 
Michtigkeit ist — geht schon allein daraus hervor, daß 
von obiger Jahresdurchschnitts zahl von 225 nur etwa 
18 v. O. Tagelöhner sind (das sind Lente, die aus der 
Umgebung zur Arbeit kommen), die restlichen 82 v. H. 
dagegen Kontraktarbeiter, die nur mit Hilfe hoher 
Werbespesen und bedeutender Vorschüsse gewonnen 
werden können. 
Eine Ausdehnung der Kautschukpflanzung wurde 
im Berichtsojahre nicht vorgenommen, weil die verfüg- 
baren Hände anderweitig nötiger waren. Die be- 
pflanzten 111 ha konnten genügend unterhalten werden, 
und lauten die Berichte über deren Entwicklung im 
allgemeinen befriedigend. 
Wenn auch über den Stand der Kaffeepflanzung, 
die nach wie vor nominell rund 500000 Bäume zählt, 
im allgemeinen günstig zu berichten ist, so darf doch 
nicht außer acht gelassen werden, daß diese Bäume 
mit wenigen Ausnahmen schon zwölf bis vierzehn 
Jahre alt sind, mithin ein Alter erreicht haben, bei 
dem ein Kaffeebaum in nicht reichem Boden schon nicht 
mehr jung zu nennen ist. Bei dem Fehlen von Vieh 
in dieser Gegend Deutsch-Ostafrikas ist Düngen mit 
Stallmist ausgeschlossen, während eine Verwendung 
chemischer Düngemittel für unsere nicht humusreichen. 
ja eher humusarmen Böden nicht ohne Bedenken ist. 
Zu diesen theoretischen Bedenken treten noch praktische 
Erwägungen hinzu, denn eine solche Maßnahme würde, 
  
von der Arbeiterknappheit ganz abgesehen, für eine so 
ausgedehnte Pflanzung sehr große direkte Auslagen 
erfordern. 
Die Bilanz weist einen Überschuß der Einnahmen 
über die Ausgaben von 60 000 auf; hierbei ist noch 
zu berücksichtigen, daß in den letzten drei Jahren aus 
dem Ernteerlös mehrere größere Aufwendungen be- 
stritten worden sind, so eine Vergrößerung der Fabrik- 
anlage durch ein zweites Trockenhaus, ein zweites 
Magazin und neue Trockentennen, ferner ein neues 
Assistentenhaus; diese Neuanlagen erforderten rund 
30000 MN. Des weiteren wurden die Gesamtkosten 
der Kautschukanlage, die einschließlich einer Assistenten- 
wohnung bis 1. Jannar 1912 rund 55000 .K erforderte, 
gleichfalls aus dem Erlös der Kaffeeernte bezahlt. 
Bleiben daher die Kaffeepreise für die nächsten Jahre 
ungefähr auf der gleichen Höhe, oder sinken sie wenig- 
stens nicht wieder auf das noch vor kurzem übliche 
niedrige Nivean herab, so erscheint die nächste Zukunft 
hoffnungsvoller. Nur darf hierbei nicht vergessen 
werden, daß besonders wegen des Alters unserer Kaffee- 
bäume der Buchwert der Pflanzung, der seit 1905 mit 
rund 867.000 *“ geführt wird, tatsächlich zu hoch ist 
und tunlichst bald ermäßigt werden muß. 
Die Ernteschätung für 1912 lautet auf nur 70000 kg. 
Die Betriebskosten Ngambo stellen sich auf 
133 648,88 “, wovon für die Kautschukpflanzung 
Magunga rund 10 000 .KE verausgabt wurden. 
* * 
Nach der Bilanz per 31. Dezember 1911 hat der 
Verlust von 122 458 K im Vorjahre auf 63 194 .#% 
sich ermäßigt. Die Pflanzung Ngambo steht mit 
866 675 .K zu BuMuch. Die mit 30 052.kK aufgeführten 
Kreditoren werden durch 62 878 .& Bankierguthaben 
und 15 891 .K Effekten überreichlich gedeckt. 
  
— 
  
  
  
Die Erschlletzung von Kranzösisch-Kquatorial-Rfriha. 
Der Generalgonverneur von Französisch-Aqua- 
torial-Afrika, Merlin, hat bei der Eröffnung des 
Gouvernementsrats dieser Kolonie eine pro- 
grammatische Rede gehalten, deren auf die 
geplanten öffentlichen Arbeiten bezügliche Aus- 
führungen von besonderem Interesse sind. Sie 
lauten in deutscher Übersetzung: 
„Die ersten Maßnahmen, die bei grundsätlicher 
Zustimmung zu einer aktiven Wirtschaftspolitik zu 
treffen sind, sind solche der Erschließung. In Neu- 
ländern kommt es vor allem zunächst darauf an, die 
Wege, die in das Innere vordringen, möglichst zu ver- 
mehren, sie so sicher und so wenig beschwerlich als 
möglich zu machen, um unseren Kauflenten jeden Tag 
ein ausgedehnteres Arbeitsfeld zu eröffnen, um die 
Ausbeutung der entfernten Gebiete bequemer zu ge- 
stalten, um die Bodenerzengnisse in einer größeren 
Menge den Augsfuhrplätzen zuzuführen. Die Lösung 
dieser Aufgabe wird in Aquatorial-Afrika in besonderem 
Maße durch die Natur der Dinge erleichtert. Das Land 
umfaßt gewaltige Flußbetten, wird von ungeheuer 
großen Strömen durchzogen, wie vom Kongo, der eine 
Ausdehnung von 4200 km hat, vom Ubangi mit seinem 
Lauf von 2500 km, vom Sanga mit einer Länge von 
1600 km — Flüssen, die nach ihrer Bedenutung in 
vieler Hinsicht die enropäischen Ströme übertreffen. 
Wenn Ströme und Flüsse nicht in ihrer ganzen Länge, 
von der Quelle bis zur Mündung, schiffbar sind, so 
— — 
— 
Aus fremden Kolonien und Produktionsgebieten. 
  
haben sie doch schisibare Strecken teils von Natur, 
teils lassen sich solche bei geringem Ausbau auf be- 
trächtliche Entfernungen schaffen. Es wird daher ge- 
nügen, die Schiffahrtsverhältnisse auf den hauptsäch- 
lichsten dieser Wasserläufe zu verbessern, die wichtigsten 
dieser schiffbaren Strecken untereinander und mit der 
Küste durch Eisenbahnen zu verbinden, um dem Handel 
den Weg frei zu machen und unter guten Bedingungen 
tief in das Land ein zudringen und daraus die Ausfuhr- 
ergeugnisse wohlfeiler zu gewinnen. Deshalb glaube 
ich, daß die hydrographische Erforschung des groß- 
artigen Wasserwegenetzes, das Frangösisch Aquatorial= 
Afrika sein Gepräge gibt, eine Aufgabe ist, die, bis 
heute zu sehr vernachlässigt, in Zukunft streng metho- 
disch und ohne Unterbrechung ihrer Lösung entgegen- 
geführt werden muß. Die Ergebnisse von zwei Jahren 
erweisen die Nützlichkeit einer derartigen Arbeit, die 
für die Kolonie in der Folgegeit von überraschenden 
Vorteilen sein wird. 
Aus diesen Gesichtspunkten ergibt sich gang natur- 
gemäß das Programm der Arbeiten, die unverzüglich 
vorzunehmen sind, um Französisch-Aqguatorial-Afrika 
nutzbar zu machen, und weiter auch die Einteilung 
dieser Arbeiten nach Bedentung und Dringlichkeit. Sie 
erstrecken sich, wie dargetan, auf zwei Gegenstände: 
erstens darauf, das Ointerland am ITschadsee mit der 
Mceresküste fest zu verknüpfen, dahin einen Weg zu 
schaffen, der ausreichende Sicherheit bietet und in 
seiner gangen Ausdehnung auf französischem Gebiet 
liegt; zweitens auf die schnelle Nutzbarmachung des 
zugänglichsten Teiles der Kolonie, von Gabun und
	        
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