Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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müssen, nicht erwarten. Für die Gegenwart ist 
das große Risiko einer Hypothekenbank in den 
Schutzgebieten nicht am Platze, und solange ein 
Entgegenkommen der Regierung nicht zu erwarten 
ist, müssen alle Handels= und Industrielreise sich 
grundsätzlich ablehnend verhalten.“ 
Wegen der etwas schroffen Ausdrücke bine er 
um Entschuldigung; der Bericht sei nicht für diese 
Sitzung bestimmt gewesen. Es könne nach allem 
zunächst nur durch Meliorationen etwas geschehen. 
Vor allem müsse mit der Wassererschließung fort- 
gefahren werden. Er habe nur gehört, daß es 
falsch sei, die Bohrungen fortzusetzen, weil dadurch 
das Grundwasser immer tiefer gesenkt werde. 
Zweckmäßiger seien Staudämme, die das ober- 
irdische Wasser festhielten. Wenn mit der Er- 
richtung kleiner Dämme durch Private vorgegangen 
würde, so ergäbe sich die Schwierigkeit, daß der 
Höhergelegene dem Tiefergelegenen das Wasser 
wegnähme. Die Regierung mühsse deshalb die 
Arbeiten mehr und mehr selbst in die Hand 
nehmen. 
Betreffs der Genossenschaften müsse er sagen, 
daß sie sich nach seinen Erfahrungen bis jetzt in 
Südwestafrika nicht bewährt hätten, da keine ge- 
eigneten Leute zur Verwaltung da wären. So 
sei die Ein= und Verkaufsgenossenschaft Omaruru 
sogar in Konkurs geraten. 
Man solle deshalb vor allem andern zunächst 
prüfen, ob nicht durch die Lösung der Wasserfrage 
den Farmern in der Hauptsache geholfen würde. 
Herr Kommerzienrat Langen erklärte: auch 
er sei der Meinung, daß an erster Stelle der 
Meliorationskredit zu regeln sei. Als Baumwoll- 
interessent bitte er aber, diese Frage auch für 
Ostafrika und Togo ins Auge fassen zu wollen. 
Der Vorsitzende bemerkte darauf, die Ver- 
hältnisse Ostafrikas würden speziell besprochen 
werden; für Togo läge die Sache etwas anders, 
weil dort die Kulturen überwiegend in der Hand 
der Eingeborenen sich befänden, und fuhr fort: 
Es dürfe wohl von Interesse sein, von Herrn 
Geheimen Oberregierungsrat Meyer-Gerhard, 
dem damaligen Vorsitzenden der Kommission zur 
Entschädigung der durch den Aufstand geschädigten 
Farmer, näheres über die Mittel der Farmer, die 
vor dem Feldzug sich niedergelassen hatten, zu 
ersahren. Mit verhältnismäßig kleinen Mitteln 
könnten mitunter in Neuländern große Erfolge 
erzielt werden, und es würde sich deshalb emp- 
fehlen, nochmals die Frage zu prüfen, ob der 
Personalkredit nicht mehr in den Vordergrund 
zu stellen sei, da ja der Grund und Boden im 
Schutzgebiet noch verhältnismäßig geringen Wert 
habe. 
  
Geheimrat Meyer-Gerhard: Vor dem 
Aufstand hätten sich nur selten bemittelte Farmer 
in Südwestafrika niedergelassen. Als nach dem 
Aufstand Mittel zur Entschädigung der geschädigten 
Farmer beim Reichstag angefordert werden sollten 
und es sich darum gehandelt habe, festzustellen, 
welcher Schaden entstanden sei, sei man allgemein 
überrascht gewesen, wie hohe Werte verloren ge- 
gangen waren. Dabei sei man bei der Schadens- 
feststellung sehr scharf und genau vorgegangen. 
Es habe sich herausgestellt, daß etwa 15 Millionen 
Werte zerstört waren, wobei noch zu beachten sei, 
daß nicht alle Teile des Landes an den Schäden 
beteiligt waren. 
Da Leute, die fast nichts ins Land gebracht 
hatten, so hohe Werte zu schaffen vermocht hätten, 
habe er die Uberzeugung erlangt, daß in so 
primitiven Verhältnissen alles auf die Person an- 
komme und Personalkredit daher der wichtigste 
Kreditzweig sei. 
Herr Kommerzienrat Seiler: Er komme auf 
die Wasserfrage als das Hauptmoment für die 
Melioration zurück. 
Es sei zweifellos richtig, daß jeder Farmer 
zunächst auf seiner Farm für Wasser zu sorgen 
habe, aber man solle große Anlagen nicht außer 
acht lassen. Er habe sich viel mit der Wasser- 
frage beschäftigt und habe stets gesunden, daß der 
Wohlstand eines Landes mit einer guten Wasser- 
wirtschaft Hand in Hand gehe. Die Geschichte 
lehre auch, daß alle alten Völker zur Zeit ihrer 
Blüte die Regenperioden dank ihrer großen Be- 
wässerungsanlagen ausnutzten und mit dem Ver- 
falle ihrer Wasserwirtschaft selbst verfielen. Es 
müsse deshalb der Wasserwirtschaft im großen das 
höchste Interesse entgegengebracht werden. Er 
stütze sich in seiner Anschauung auch auf den 
Geheimen Baurat v. Schmick und dessen Vortrag 
auf dem letzten Kolonialkongreß; zudem seien 
Stauanlagen nicht zu teuer. In Deutschland 
koste 1 chm gestautes Wasser etwa 60 Pf., in 
den Schutzgebietren würde es wohl billiger zu 
stehen kommen, da man Hand= und Spanndienste 
fodern und dadurch viel an baren Aufwendungen 
sparen könne. 
Erfolg sei hier aber nur auf dem Wege der 
Zwangswirtschaft zu erzielen, und zwar sei die 
Errichtung von Zwangsgenossenschaften das rich- 
tige; denn wenn ein bestimmter Teil der Be- 
teiligten für ein Projekt sei, so müßten die übrigen 
gezwungen werden können, sich an der Errichtung 
der Anlage zu beteiligen. 
Wenn Herr Woermann sage, daß sich keine 
geeigneten Leute zur Leitung der Genossenschaften 
fänden, so könne er dem hier nicht beipflichten. 
An die Spitze des Unternehmens müsse ein Fach-
	        
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