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müssen, nicht erwarten. Für die Gegenwart ist
das große Risiko einer Hypothekenbank in den
Schutzgebieten nicht am Platze, und solange ein
Entgegenkommen der Regierung nicht zu erwarten
ist, müssen alle Handels= und Industrielreise sich
grundsätzlich ablehnend verhalten.“
Wegen der etwas schroffen Ausdrücke bine er
um Entschuldigung; der Bericht sei nicht für diese
Sitzung bestimmt gewesen. Es könne nach allem
zunächst nur durch Meliorationen etwas geschehen.
Vor allem müsse mit der Wassererschließung fort-
gefahren werden. Er habe nur gehört, daß es
falsch sei, die Bohrungen fortzusetzen, weil dadurch
das Grundwasser immer tiefer gesenkt werde.
Zweckmäßiger seien Staudämme, die das ober-
irdische Wasser festhielten. Wenn mit der Er-
richtung kleiner Dämme durch Private vorgegangen
würde, so ergäbe sich die Schwierigkeit, daß der
Höhergelegene dem Tiefergelegenen das Wasser
wegnähme. Die Regierung mühsse deshalb die
Arbeiten mehr und mehr selbst in die Hand
nehmen.
Betreffs der Genossenschaften müsse er sagen,
daß sie sich nach seinen Erfahrungen bis jetzt in
Südwestafrika nicht bewährt hätten, da keine ge-
eigneten Leute zur Verwaltung da wären. So
sei die Ein= und Verkaufsgenossenschaft Omaruru
sogar in Konkurs geraten.
Man solle deshalb vor allem andern zunächst
prüfen, ob nicht durch die Lösung der Wasserfrage
den Farmern in der Hauptsache geholfen würde.
Herr Kommerzienrat Langen erklärte: auch
er sei der Meinung, daß an erster Stelle der
Meliorationskredit zu regeln sei. Als Baumwoll-
interessent bitte er aber, diese Frage auch für
Ostafrika und Togo ins Auge fassen zu wollen.
Der Vorsitzende bemerkte darauf, die Ver-
hältnisse Ostafrikas würden speziell besprochen
werden; für Togo läge die Sache etwas anders,
weil dort die Kulturen überwiegend in der Hand
der Eingeborenen sich befänden, und fuhr fort:
Es dürfe wohl von Interesse sein, von Herrn
Geheimen Oberregierungsrat Meyer-Gerhard,
dem damaligen Vorsitzenden der Kommission zur
Entschädigung der durch den Aufstand geschädigten
Farmer, näheres über die Mittel der Farmer, die
vor dem Feldzug sich niedergelassen hatten, zu
ersahren. Mit verhältnismäßig kleinen Mitteln
könnten mitunter in Neuländern große Erfolge
erzielt werden, und es würde sich deshalb emp-
fehlen, nochmals die Frage zu prüfen, ob der
Personalkredit nicht mehr in den Vordergrund
zu stellen sei, da ja der Grund und Boden im
Schutzgebiet noch verhältnismäßig geringen Wert
habe.
Geheimrat Meyer-Gerhard: Vor dem
Aufstand hätten sich nur selten bemittelte Farmer
in Südwestafrika niedergelassen. Als nach dem
Aufstand Mittel zur Entschädigung der geschädigten
Farmer beim Reichstag angefordert werden sollten
und es sich darum gehandelt habe, festzustellen,
welcher Schaden entstanden sei, sei man allgemein
überrascht gewesen, wie hohe Werte verloren ge-
gangen waren. Dabei sei man bei der Schadens-
feststellung sehr scharf und genau vorgegangen.
Es habe sich herausgestellt, daß etwa 15 Millionen
Werte zerstört waren, wobei noch zu beachten sei,
daß nicht alle Teile des Landes an den Schäden
beteiligt waren.
Da Leute, die fast nichts ins Land gebracht
hatten, so hohe Werte zu schaffen vermocht hätten,
habe er die Uberzeugung erlangt, daß in so
primitiven Verhältnissen alles auf die Person an-
komme und Personalkredit daher der wichtigste
Kreditzweig sei.
Herr Kommerzienrat Seiler: Er komme auf
die Wasserfrage als das Hauptmoment für die
Melioration zurück.
Es sei zweifellos richtig, daß jeder Farmer
zunächst auf seiner Farm für Wasser zu sorgen
habe, aber man solle große Anlagen nicht außer
acht lassen. Er habe sich viel mit der Wasser-
frage beschäftigt und habe stets gesunden, daß der
Wohlstand eines Landes mit einer guten Wasser-
wirtschaft Hand in Hand gehe. Die Geschichte
lehre auch, daß alle alten Völker zur Zeit ihrer
Blüte die Regenperioden dank ihrer großen Be-
wässerungsanlagen ausnutzten und mit dem Ver-
falle ihrer Wasserwirtschaft selbst verfielen. Es
müsse deshalb der Wasserwirtschaft im großen das
höchste Interesse entgegengebracht werden. Er
stütze sich in seiner Anschauung auch auf den
Geheimen Baurat v. Schmick und dessen Vortrag
auf dem letzten Kolonialkongreß; zudem seien
Stauanlagen nicht zu teuer. In Deutschland
koste 1 chm gestautes Wasser etwa 60 Pf., in
den Schutzgebietren würde es wohl billiger zu
stehen kommen, da man Hand= und Spanndienste
fodern und dadurch viel an baren Aufwendungen
sparen könne.
Erfolg sei hier aber nur auf dem Wege der
Zwangswirtschaft zu erzielen, und zwar sei die
Errichtung von Zwangsgenossenschaften das rich-
tige; denn wenn ein bestimmter Teil der Be-
teiligten für ein Projekt sei, so müßten die übrigen
gezwungen werden können, sich an der Errichtung
der Anlage zu beteiligen.
Wenn Herr Woermann sage, daß sich keine
geeigneten Leute zur Leitung der Genossenschaften
fänden, so könne er dem hier nicht beipflichten.
An die Spitze des Unternehmens müsse ein Fach-