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im Jahre 1880 auf 20 Millionen Franken erhöht.
In diesem Jahre begann die kritische Periode der
Bank. Wegen der Vernichtung, die durch die Reb-
laus in den französischen Weinbergen angerichtet
worden war, prophezeihte man der Weinkultur in Algier
eine große Zukunft. Dazu kam eine allgemeine Be-
wegung für Ausdehnung der algerischen Landwirtschaft.
Die Kapitalverdoppelung der Bank wurde unternommen
hauptsächlich im Hinblick auf den Umstand, daß man
es diesem Institute ermöglichen wollte, einen aus-
gedehnten landwirtschaftlichen Kredit zu gewähren.
zu derselben zeit wurden lokale Banken, comptoiln
liescompte eingerichtet, bis 1899 bereits 25! Die Bank
von Algier gewährte versönliche Darlehen an Ackerbauer
entweder direkt oder durch die Vermittlung dieser lokalen
Banken. Eigentlicher Grundkredit war bei der Bank von
Algier nicht erlaubt; hierfür bestand der Cre#lit foncicr
et agricole tie I7 Ale frie= Da die Darlehen der Bank
von Algier zu dem niedrigen zZinssatz von 5% ge-
wührt wurden, wurde der Landwirtschaft ein großer An-
sporn gegeben, wie die Tatsache beweist, daß das Areal
der Weinberge sich von 17000 ha im Jahre 1880 auf
80 000 ha im Jahre 1886 und ausf 160 000 ha im Jahre
1902 steigerte. Aber während die Wirkung der Kredit-
gewährung auf die Eutwicklung der Landwirtschaft sicher-
lich hervorragend war, so litt die Bank doch selbst schwer.
Es kam hinzu, daß die lokalen Banken sehr strupellos
Geld von dem gentralinstitut borgten. Da die Weinberge
nicht so schnell Erfolge erzielten, als man erwartet hatte,
wurden die Schwierigkeiten der Bank bald akut. Es
wurden neuc Anleiben gemacht, um das Institut zuhalten,
und als die Bank zur Subhastation ihrer Schuldner
schritt, fand sie sich schließlich im Besitz einer Domäne,
welche man niedrig auf 10 Millionen Franken schätzte.
Als im Jahre 1897 die Ernenerung des Privilegs der
Bank verlangt wurde, erregte ihre Lage die öffentliche
Aufmerksamkeit sehr. Nachdem die Vank ihre An-
gelegenheiten geregelt, ihre Domäne verkauft und sich
wieder einigermasen konsolidiert hatte, verlängerte
das Gesetz vom 5. Juli 1900 ihre Konzession auf
25 Jahre und legte ihrer Organisation gewisse Be-
schränkungen auf. Ihre Geschäfte durften jetzt nur
noch auf Grund besserer Sicherheiten als bisher unter-
nommen werden und ihre Notenzirkulation durfte
100 Millionen Franken nicht überschreiten. Später
sollen vier neue Zweige eingerichtet und das
Zemralburean der Bunk nach Paris verlegt werden.
Um den landwirtschaftlichen NKredit besser als bis-
her zu regeln, wurde ferner durch das Gesetz vom
8. Juli 1001 eine Anzahl von ländlichen Darlehns-
genossenschaften, die „ Caisses réxiolales du eréedil ugri-
coll#. errichtet. Diese sind Rreditinstimte auf Gegen=
seitigkeit, und in Verbindung mit ihnen sind landwirt-
schaftliche Genossenschaften gegründet worden. Die
Genossenschaften indossieren die Wechsel ihrer Mit-
glieder und in dieser Weise verschaffen sie sich Darlehen
von den Darlehnskassen. Das Kapital der letzteren
Institute wird teilweise durch Subskription erlangt,
teilweise durch Spardepositen und zum Teil durch einen
Zuschuß des Staates, der aus 3 Millionen Franken
besteht und von der Bank von Algzier vorgestreckt wird.
Zahlreiche Darlehnskassen wurden im Jahre 1901 und
1902 eingerichtet. Damals bestand ein großes Be-
streben, an der Berteilung der 3 Millionen Franken
teilzunehmen. Das System hat sich bis heute insofern
bewährt, als die lokalen landwirtschaftlichen Genossen-
schaften die Kreditverhälmisse ihrer Mitglieder ver-
hälmismäßig am besten übersehen können.
Wic in Algier, so haben die Fran gosen auch in
anderen Rolonien die Tätigkeit der Banken für den
landwirtschaftlichen Personalkredit durch die Ausbildung
des ländlichen Genossenschaftswesens erleichtert. Der
Verbreitung des Genossenschaftowesens in den Kolonien
dient eine eigene Gesellschaft und zum Teil auch der
Congres de la Mutualite Coloniale, der in diesem
Jahre in Constantine tagte. Es handelt sich dabei
hauptsächlich auch um die Organisation der Eingeborenen
in landwirtschaftlichen Genossenschaften, Ein- und
Verkanfsgenossenschaften, Darlehnskassen; auch die
Versicherung auf Gegenseitigkeit gegen Hagel. Heu-
schrecken usw. gehört in den Kreis dieser Bestrebungen.
In Tunis ist durch Dekret vom 20. Mai 1907 für
jedes Caldad eine solche Sociéte indis##ne de prötovance
et de mutunlité augricole geschaffen worden. Für West-
afrika war im Journal ofticicl de l’Afriguc Oceillentale
francaise vom 6. August 1910 ein Normalstatut für
solche landwirtschaftlichen Genossenschaften der Ein-
geborenen veröffentlicht. Auch in Indochina sind diese
Genossenschaften und Darlehnokassen für Eingeborene
gegründet worden, um sie von den indischen und
chinesischen Wucherern zu befreien.
In den englischen Kolonien ist die Befriedigung
des landwirtschaftlichen Personalkredits durch die in
neuerer Zeit strenger gewordenen Bestimmungen für
die Kolonialbanken etwas erschwert worden. Früher
konnten z. B. in Australien selbst der zu erwartende
Wollertrag und lebendes Vieh von den Banten ohne
weiteres beliehen werden. Das zunehmende Bedürfnis
nach landwirtschaftlichem Kredit überhaupt wie nach
landwirtschaftlichem Personalkredit im besonderen hat
nun in den englischen Kolonien sowie in Indien und
Agypten in neuester Zeit immer lebhaftere Bestrebungen
einerseits für große siaatliche Landbanken, anderseits
für Ausbildung des landwirtschaftlichen genossenschaft-
lichen Rredits hervorgerufen. In Indien fehlen zur geit
noch staatliche Landbanken, und der indische Bauer
mußte vielfach Zinssätze bis zu 24 % bezahlen, während
er selbst von den Sparbanken nur 3% erhielt. Da
hat man unn neuerdings mit der Einführung des
Genossenschaftasystems große Fortschritte erzielt. Die
Regierung gibt überall, wo sich eine solche Ge-
nossenschaft bildet, einen erstmaligen Zuschuß, ge-
wöhnlich in der Höhe des Kapirals, das die Lokal-
genossenschaft selbst aufgebracht bat. Dafür beerlanar
sie amtliche Rechnungslegung. Der Zuschuß des Gon-
vernements muß sogar gegeben werden, wenn keine
Banken im Be zirke bestehen. Die mit diesem Sustem
erzielten Erfolge werden sowohl amtlich wie in der
Literatur als befriedigend geschildert. Wie in einer
englischen Plantagenkolonic, nämlich Manritius,
die Frage zur geit zur Entscheidung drängt. ob die
weitere Ansbildung des Erntekredits durch Banken
oder die Errichtung einer staatlichen Landbank nach
Art der Transvaalbank oder die Ausbildung des land-
wirtschaftlichen Genossenschaftswesens zum ziele führt,
ist aus einem amtlichen englischen Report in der An-
lage deutlich zu ersehen. In Ägypten und in Trans-
vaal ist die Lösung des Problems durch staatliche
Agrikuliur-Landbanken erreicht worden, weolche aber nicht
bloß den landwirtschaftlichen Personalkredit, sondern
zugleich auch den langfristigen landwirtschaftlichen
Nredit nach jeder Richtung pflegen.
Im Jahre 1890 begann die National-Bank von
Agupten versuchsweise Vorschüsse in verschiedenen
Distrikten zu zahlen. Im folgenden Jahre wurden
diese Operationen auf 10 Distrikte ansgedehnt und
nahezu 9500 Darlehen, die sich auf 137 781 KL beliefen.
wurden gewährt. Der Zinssatz war zu 1000 fest-
gesetzt, wovon 19% an die Lokalagenten als Nom-
mission ging, während die übrigen 90% die Ausgaben
und den Verlust der Bank deckten. Da sich dieser
Versuch als erfolgreich erwies, wurde im Jahre 1901