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örtert werden sollen und zum Teil auch schon Gegen-
stand von Verhandlungen und Untersuchungen des
Reichs-Kolonialamts waren, kommen wenigstens zum
Teil oder in der Tendenz auf die Einrichtungen hinaus,
die sich, wic gezeigt worden ist, auch in anderen Kolonien
bereits bewährt haben oder sie knüpfen an Maßnahmen
und Organisationen an, die sich in Deutschland selbst
bei der so erfolgreichen Förderung der einheimischen
Landwirtschaft erfolgreich gezeigt haben.
Bevor im nachfolgenden die einzelnen in Betracht
kommenden Mittel und Wege stigziert werden, sei noch
die Bemerkung vorauggeschickt, daß die hierbei vielfach
vorausgesetzte ausreichende Organisation von Genossen-
schaften sowohl solcher im Sinne des Reichs-Genossen-
schaftsgesetzes wie auch von Zwangs-Genossenschaften
im Sinne des Wassergenossenschaftsgesetzes sicherlich
nirgends Schwierigkeiten bieten würde. Die Schwierig-
keit liegt nicht in der Schaffung von genossenschaft-
lichen Organisationen, eventell Neuschaffung, wenn die
bisherige Organisation nichts taugt, sondern in der
Bereitstellung von beträchtlichen ausreichenden Mitteln,
Zuschüssen oder billiger Kredite für diese Organisation.
Stehen diese in Aussicht, so wird auch der genossen-
schaftliche Gedanke rasch populär werden und tüchtige
Leute werden sich ihm widmen. Ohne diese Mittel aber,
die ins Land flieszen sollen, werden in diesen Genossen-
schaften die kreditbedürftigen Genossen nicht auf ihre
Rechnung kommen. Wie weit die genossenschaftliche Form
an sich für die Befriedigung der verschiedenartigen land-
wirtschaftlichen Kreditbedürfnisse geeignet ist, ist eine
Frage für sich, die von Fall zu Fall zu lösen ist. Hier
sei nur noch bemerkt, daß die Meinung, Genossenschaften
im Sinne des Reichs-Genossenschaftsgesetzes könnten
wegen der kurzfristigen Kündigung der Genossen (halb-
jährig, spätestens zweijährig) keinen langfristigen Kredit
3. B. für Meliorationen erhalten, insofern irrig ist,
als die Genossen einer (Genossenschaft, auch wenn diese
in Liquidation getreten ist, so lange für deren Ver-
pflichtungen haften, bis diese vollständig getilgt sind.
Überdies kann bei weittragenden Verpflichtungen noch
jeder eingelne Genosse durch besonderen Vertrag einzeln
haftbar gemacht werden. Eine weitere Vorausschickung,
die durch manche schiefe Erörterung der hier ein-
schlägigen Fragen geboten erschien, sei die, daß die
Fisci der deutschen Schungebiete besondere juristische
Personen darstellen, und nicht mit dem deutschen Reichs-
fiskus zusammengeworfen werden dürfen. Von vorn-
herein sei auch noch bemerkt, daß es sich hier nur um
den landwirtschaftlichen Kredit der weißen Pflanzer
und Farmer handelt, so daß also nur die Kolonien
Deutsch-Südwestafrika, ÖOstafrika und Samoa in Be-
tracht gezogen werden. In den anderen Kolonien
kämen höchstens landwirtschaftliche Genossenschaften der
Eingeborenen in Betracht, wie in den französischen
Kolonien, sowie auch die weitere Ausbildung der Spar-
kassen für Eingeborene. In nachfolgendem sollen nun
die für die Organisation des Preditwesens in den
deutschen Schungebieten zur Diskussion gestellten
oder zu stellenden Mittel und Wege im einzgelnen
ansgeführt werden, um dadurch die Erörterung zu er-
leichtern. Ich habe nicht die Aufgabe zu diesen Einzel-
fragen eingebend Stellung zu nehmen, soll das viel-
mehr der Standigen Kommission überlassen. Meine
eigene Stellung im allgemeinen ergibt sich ja aus den
vorhergehenden ausführlichen Darlegungen.
I. Landwirtschaftlicher Personalkredit.
1. Für den Personalkredit allein dürfte die
Schaffung eines eigenen Kreditinstituts nicht in Be-
tracht tommen, weder für eine Rolonie, noch für samt-
liche Rolonien zusammen. Sollte ein landwirtschaftliches
Kreditinstitut entweder für sämtliche Schutzgebiete oder
für ein einzelnes geschaffen werden, so könnte dies
neben dem Meliorations= und dem Bodenkredit auch
den Personalkredit pflegen.
2. Die bestehenden Bankinstitute in den Kolonien
können bis zu einem gewissen Maße den landwirt-
schaftlichen Personalkredit noch weiter pflegen. Nament-
lich kümen dafür die Afrikabank in Südwestafrika und
die neue Handelsbank für Ostafrika in Betracht Die
Privatbanken werden aber für diese Art von Kredit
in der Regel sehr hohe Zinsen verlangen, neben anderen
Sicherheiten auch hupothekarische Sicherheiten. Durch
diese letzteren wird aber einerseits die Organisation
des eigentlichen langfristigen hypothekarischen Kredits
beeinträchtigt, anderseits das kaufmännische Kapital,
das die Aufgabe hat, sich rasch umzusetzen, leicht fest-
gelegt.
3. Durch Einführung des Erntekredits, der nament-
lich für die Pflanzungskolonien Ostafrika, eventuell
auch Samoa,. in Betracht käme, würde eine neue Art
von Sicherheit geschaffen, die nicht so festlegen würde
wie hypothekarische Sicherheit auf Grund und Boden.
Die Schwierigkeiten gegen Einführung des Erntekredits
sind einerseits rechtlicher Art, die sich aber doch beheben
ließen, anderseits die Befürchtung, daß dadurch die
Entwicklung des eigentlichen Bodenkredits gehemmt
würde. In den französischen Kolonien hat man aber
anscheinend in dieser Bezgiehung keine schlechten Er-
fahrungen gemacht.
4. Für die Pflege des Personalkredits dürfte das
Genossenschaftswesen bei richtiger, den örtlichen Ver-
hälmissen Rechnung tragender Ausbildung die geeig-
neiste Organisation sein, weil die Rontrolle über die
Kreditwürdigkeit in die Hände derjenigen gelegt wird,
die dazu am berufensten sind. Die Genossenschaft übt
schließlich eine erzieherische Wirkung aus, stärkt bei
aller Unterstützung durch den Staat doch auch das
Gefühl der Selbstverantwortlichkeit, fördert die Seß-
haftigkeit der Bevölkerung und die Schaffung eines
soliden Standes von kolonialen Landwirten.
5. Die bestehenden Genossenschaften in Südwest-
afrika haben bisher, abgesehen von der Förderung
ihrer ersten Organisation durch einen deutschen Sach-
verständigen, keine staatliche Unterstützung erhalten,
wohl aber hat die Genossenschaftsbank in Windhukt
von einer privaten Zentralgenossenschaftskasse in
Deutschland (Darmstadt) Kredite eingeräumt bekommen,
die ihrer Haftsunmee entsprechen, ja diese übersteigen.
Die Genossenschaftsbank in Windhuk petitioniert nun
um einen staatlichen langfristigen, zu 3 bis 312%% ver-
zinolichen Zuschuß von elwa 500000 , den sie haupt-
sächlich zur weiteren Organisation von örtlichen Dar-
lehnskassen im Schutzgebicte verwenden will. Es
handelt sich um die Fragc, soll nun der Genossenschafts-
bank dieser Kredit gewährt werden und zwar direkt
als staatliches Darlehen, oder soll dieses staatliche
Darlehen ihr durch eine deuische Zentralgenossen-
schaftskasse, wie etwa die Darmstädter Genossenschafts-
bank oder die Preußenkasse, gewährt werden. Diese
deutsche zentralgenossenschaftskasse hätte gegen eine
Provision die richtige Verwendung dieses Kredits zu
kontrollieren und würde sich deshalb wohl auch an
Ort und Stelle an der weiteren Organisation der
Darlehnskasse durch einen Sachverständigen zu betei-
ligen haben. Um der Gewährung durch die Genossen-
schaft in Südwestafrika noch bessere Sicherheiten als
Unterlagen zu geben, ist auch vorgeschlagen worden,
in ähnlicher Weise wie in Pflanzungskolonien der
Erntekredit eingeführt ist, in dieser Viehzuchtkolonie
das Vieh als Kreditofand zuzulassen und nach dem
Vorbilde von Anstralien, Nord= und Südamerika staat-