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lich kontrollierte Viehbücher zu diesem Zwecke einzu-
führen. Uber derartige Einrichtungen und über die
damit gemachten Erfahrungen konnte nicht viel ermittelt
werden. Auch aus meinem dreijährigen Aufenthalt
in Südamerika kann ich mich nicht erinnern, daß die
Sache dort eine bedeutsame Rolle spielt. Jedenfalls
müßte mit der Viehbeleihung die Viehversicherung Hand
in Hand gehen, die sich aber bisher als recht schwicrig
erwies.
6. Auch in Deutsch-Ostafrika ist die Gründung
einer Genossenschaftsbank geplant bzw. bereits im
Gange, die gleichfalls der Förderung des Personal-=
kredits der Pflanzer dienen soll und auch an örtliche
Darlehnskassen denkt. Auch die Pflege des Ernte-
kredits ist von ihr in Aussicht genommen. Auch sie
sucht Anschluß an das deutsche Genossenschaftswesen
und namentlich für die ersten Einrichtungen nach einer
billigen Kreditquelle im Mutterlande. Die Verhält-
nisse liegen also hier ganz ähnlich wie in Südwest-
afrika. Nur daß in Ostafrika die Organisation erst in
Vorbereitung begriffen ist.
7. In Samoa sind die Bestrebungen für eine ge-
nossenschaftliche Darlehnskasse zur Förderung des
Personalkredits der Pflanzer schon mehrere Jahre alt,
ohne zu einem Ziele geführt zu haben. Gleichzeitig
treten dort aber jetzt lebhafte Forderungen nach einem
kaufmännischen Bankinstitute auf, welches alle kauf-
männische Bankgeschäfte wie auch den Geschäftsverkehr
mit dem Gouvernement zu pflegen hätte. Das letztere
könnte ein zinsloses Guthaben von etwa 300 000 .4
bei der Bank halten. Man würde besonderen Wert
darauf legen, eine Filiale einer deutschen Großbank
dort zu sehen. Auf Grund bereits vorliegender An-
träge steht zu erwarten, daß sich eine australische Bank
in Samoa niederlassen würde, wenn nicht bald ein deut-
sches Bankinstitut sich dort etabliert. Ob ein solches
kaufmännisches Bankinstitut den Wünschen der Pflanzer
nach Personalkredit voll gerecht werden könnte, er-
scheint aber fraglich. Für diesen Kredit käme eher
eine landwirtschaftliche Darlehnskasse, wie sie z. B. die
Franzosen in Tahiti mit der Caisse agricole de Tahiti
schon seit längerer Zeit begründet haben, in Betracht.
Diese letztgenannte Kasse scheint übrigens auch die
Geschäfte des Gouvernements zubesorgen, von diesem Vor-
schüsse zu empfangen, ihm aber auch Vorschüsse zu geben.
II. Landwirtschaftlicher Meliorationskredit.
1. Eine besondere Bank für kolonialen Meliora-
dionskredit nach Art unserer deutschen Landeskultur-
rentenbanken mit unkündbaren Amortisationsdarlehen
unter Ausgabe von Schuldverschreibungen auf den
Inhaber und — wie diese deutschen Banken — mit staat-
lichem Kapital begründet, ließe sich wohl denken, doch
liegt es dann wohl näher, an eine allgemeine koloniale
Agrikulturbank für die verschiedenen Zweige des land-
wirtschaftlichen Kredits, sei es für ein Schutzgebiet
oder für sämtliche Schutzgebiete, zu denken. Aus-
reichendes privates Kapital für eine solche Landeskultur-
rentenbank, sei es für sämtliche Schutzgebiete, oder,
was näher liegt, nur für Südwestafrika, zu erhalten,
wird man kaum erwarten können. Wohl aber käme
die Beteiligung von Privatkapital neben dem staat-
lichen Kapital, namentlich seitens der großen südwest-
afrikanischen Gesellschaften in Betracht. Jedenfalls ist
Meliorationskredit gerade dasjenige, was ein Schutz-
gebiet wie Südwestafrika zur Zeit am meisten braucht,
da es sich meist darum handelt, dem Boden durch Me-
liorationen erst den Wert zu geben, der ihn dann
später für den reinen, ohne Verwendungszweck zu ge-
währenden hypothekarischen Bodenkredit beleihungs-
würdig erscheinen läßt. Den verhältnismäßig selteneren
Fällen, wo schon reiner ländlicher Bodenkredit am Platz
ist, könnte bei der Organisation wohl leicht Rechnung
getragen werden. Selbstverständlich würde auch der
Meliorationskredit hypothekarisch zu sichern sein. Man
hat vorgeschlagen, bei einem wohl individualisierten,
mit der fortschreitenden Entwicklung des Meliorations-
werkes ratenweise gegebenen Meliorationskredit eine
Beleihung bis zu 50 % des Bodenwertes eintreten
zu lassen.
2. Die Kontrolle des Verwendungszweckes für den
Meliorationskredit kann entweder der Agrikulturbank,
die den Kredit gibt, überlassen oder auf Genossen-
schaften übertragen werden. Im ersteren Falle
müßten besondere Prüfungskommissionen nach Art
unserer Preußischen Kommissionen oder sonstige Prü-
fungsorgane organisiert werden. Eine gewisse Nach-
prüfung wäre auch den Genossenschaften gegenüber
noch am Platze. Den Genossenschaften könnten staat-
liche Mittel für Meliorationen auch wieder, wie beim
Personalkredit schon erörtert wurde, durch Vermitt-
lung und unter Kontrolle einer deutschen Zentral-
genossenschaftskasse zugewendet werden. Die Prüfung
des VBerwendungszweckes ist in einem Lande wie
Südwestafrika um so dringender und um so subtiler
zu organisieren, als es sich nicht um eine landwirt-
schaftliche Entwicklung in alten und bekannten Gleisen,
sondern vielfach um Erperimente handelt, deren Fehl-
schlagen das Meliorationskreditinstitut schädigen würde.
Neuerdings ist auch vorgeschlagen worden, ein Zwischen-
glied zwischen den Empfängern des Meliorations-
kredites und dem Kreditinstitute einzuschieben durch
eine große Meliorationsgesellschaft, welche die Me-
liorationen ausführt für den betreffenden Kredit neh-
menden Farmer. Auch der Kredit soll nicht an diesen
selbst, sondern an die Meliorationsgesellschaft mit dem
Fortschritt der Melioration in Raten ausgegahlt werden.
Um ein Kreditinstitut kommt man aber auch auf diese
Weise wohl nicht herum, wenn man nicht das System
weitgehender direkter Staatsdarlehne für Meliorationen
bzw. an die Meliorationsgesellschaft als technisches Zeu-
tralunternehmen für das Schutggebiet annehmen. will.
3. Von dieser Meliorationsgesellschaft bis zur
Meliorationsunternehmung des Staates in eigener
Regie wäre aber nur noch ein Schritt, namentlich wenn
die Meliorationsgesellschaft in ihren Gewinnchancen
vertraglich beschränkt ist. Wie gezeigt wurde, ist in
verschiedenen Kolonien die direkte Staatstätigkeit für
Melioration, insbesondere Bewässerungen, die haupt-
sächlich für Südwestafrika in Betracht kommen, eine
sehr rege. Jedenfalls würden größere Bewässerungs-
unternehmungen auch neben der Tätigkeit einer Agri-
kulturbank noch vom Staate oder von der mit ihm
in Verbindung stehenden Meliorationsgesellschaft aus-
geführt werden können. Auch im deutschen Mutterlande
betätigt sich der Staat in steigendem Maße als Unter-
nehmer von Talsperren, wofür bis jetzt etwa 80 Mil-
lionen Mark teils ausgegeben, teils bewilligt sind.
Der Staat hat daran meist in Verbindung mit Pro-
vinzen und Kommunen einen erheblichen Anteil.
III. Landwirtschaftlicher Bodenkredit.
1. Objekt für den Realkredit, den cigentlichen
Bodenkredit, ist nur der Grund und Boden selbst mit
seinen Meliorationen und gegebenenfalls noch den
Gebäuden. Das ganze Jnventar, namentlich auch das
BVieh, kommt für den Roalkredit nicht direkt in Betracht.
Das ist namentlich für Südwestafrika von Wichtigkeit.
Das Privatkapital hält sich schon in Deutschland weit
überwiegend nur an den städtischen Grundkredit und
wird wohl noch weniger in den Schutzgebieten für den
Bodenkredit des platten Landes in ausreichender Weise