Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

G 154 20 
Anlage 6. 
Maurittus. 
Report of the Mauritius RoyFal Commission, 1909. 
Presented to both Houses of Parliament br Com- 
mand of His Majestvy. 
June 1910. 
Mauritius ist in der Hauptsache ein Zucker pro- 
dugierendes Land. Seit 1895 hat sich die Produktion 
von Zucker außerordentlich gehoben, ein Resultat, 
welches in der Hauptsache der Verbesserung in der 
Kultur und in der Arbeit zuguschreiben ist, teilweise 
aber auch einer Vergrößerung der Anbaufläche. Von 
der gesamten Fläche, die sich unter Kultur befindet, 
und zwar in Höhe von 161 052 Acres, sind 133 233 
Acres unter Zuckerkultur. Die größten Schwierigkeiten, 
die der Zuckerpflanzer in Mauritius zu überwinden hat, 
beruhen in dem finanziellen System, unter dem er 
arbeitet. Ein großer Prozentsatz der Zurlerplantagen 
ist sehr stark mit Hypotheken belastet. Diese sind von 
7 bis 9% verzinslich. Sie bilden so ernsthafte Lasten 
für die Eigentümer. Dazu kommt noch, daß die große 
Majorität der Plantagenbesitzer keine Betriebsmittel 
besitzt und daß sie ihre Pflanzungen mit geliehenem 
Gelde im Betriebe halten müssen. Ende April sind sie 
gewöhnlich mit den Mitteln, die sie durch die letzte 
Ernte erhielten, fertig und müssen dann bei einem 
Agenten Geld entleihen. Gewöhnlich gewährt der 
Pflanzer dem Agenten das Recht, den Zucker, der 
durch die künftige Ernte produziert werden wird, 
zu verkaufen und ferner das Recht, wenn not- 
wendig, eine Hypothek auf dem Grundstücke aufzu- 
nehmen für jeden Fehlbetrag, der sich bei dem Verkauf 
der Ernte ergeben sollte. Hierdurch wird der Agent 
duasi Manager des Gutes. Am Ende des Jahres 
wird dann die laufende Rechnung des Jahres ab- 
geschlossen. Der Zinssatz, den der Agent nimmt, ent- 
spricht ungefähr dem Banksatze, der gewöhnlich 10% 
beträgt. Er fordert auch eine Kommission, welche ge- 
wöhnlich 2½ % beträgt, von dem Betrage, der durch 
den Verkauf des Zuckers eingeht. Wenn er zugleich 
Produktenmakler ist und als solcher den Verkauf des 
Zuckers selbst vermittelt, dann fordert er noch die 
üblichen ½% des Verkanfspreises von dem Verkäufer 
und ½#% von dem Käufer. Ist er kein Makler, dann 
gewährt er dem Makler, der den Verkauf vornimmt, 
das ½2,% und verlangt es von dem Eigentümer des 
Grundstückes zurück. Die Gründe für den vorherrschen- 
den Mangel an Kapital in Mauritius sind verschiedene. 
Der wichtigste ist vielleicht die überaus große 
Kinderzahl der Familien, welche gewöhnlich aus 10 bis 
15 Kindern bestehen. 3/8 des Nachlasses wird dann 
gewöhnlich auf die Kinder verteilt, so daß auf kein 
Kind ein genügendes Kapital kommt, um das Gut 
seines Vaters richtig zu bewirtschaften. Dam kommt 
noch, daß der Zuckerpreis in den letzten 25 Jahren 
ständig gefallen ist infolge der außerordemlichen Kon- 
kurreunz des Rübenzuckers. Trotz alledem hängen die 
Pflan zer in Mauritius sehr an der Zuckerkultur, und 
der Profit in günstigen Jahren ist auch so groß, daß 
keine andere Art der Landwirtschaft die Zuckerkultur 
verdrängen kann. Die kleinen Pflanzer bestehen in 
der Hauptsache aus eingewanderten Indern und 
haben Güter von ½— 100 Acres. Gewöhnlich haben 
sie ihr Land in 5jährlichen Raten gekauft. In den 
ersten Jahren haben sie natürlich sehr zu arbeiten, um 
den Preis zu erschwingen. Oft sind auch mehr als 
5 Jahre erforderlich, um den Kaufpreis auf zubringen. 
Ahnlich dem Großpflanzer legt der Kleinpflanzer sein 
  
ganzes Geld in dem Ankauf von Land an, und er muß 
dann entweder das sonstige Betriebskapital borgen 
oder das Land ohne Rultur lassen. Die Kleinpflanzger 
erhalten oft Geld von den Großpflanzern geliehen 
unter der Bedingung, daß das Zuckerrohr nach der 
Faktorei des Gutes gebracht wird, um dort zermahlen 
zu werden. Solche Kleinpflanzger, die von den um- 
liegenden Gutsbesitzern nichts geliehen erhalten, müssen 
sehen, daß sie anderswo die nötigen Mittel auftreiben. 
Manche erhalten sie zu 9 oder 10 %. Die Sicherheit 
gewährt die Ernte oder eine Hypothek auf dem Lande. 
Die ganz kleinen Pflanzer indessen können das Geld 
auf diese Weise nicht erlangen und ihre Methode ist 
dann gewöhnlich, das Land bedingungsweise zu ver- 
kaufen oder von Indern oder Chinesen Geld zu leihen, 
die dann 60 bis 120 00 jährlich verlangen. 
Arbeitskräfte sind genug vorhanden. 
Anfragen, welche das Komitee an Gnutssbesitzer 
richtete, ergaben, daß viele der Einrichtung einer Land- 
wirtschaftebank günstig gesinnt waren, die durch die 
Regierung finanziert werden sollte, aus einer Anleihe 
in Höhe von 2 oder 3 Millionen RKp. Anscheinend 
sind solche Banken, von denen die Transvaal-Landbank 
als Typus genommen werden kann, nur dort zu 
empfehlen, wo die gewöhnlichen Handelsbanken voll- 
kommen unzureichend sind oder vollständig fehlen. 
Dies ist in Mauritius nicht der Fall. Leute, die ge- 
eignete Sicherheit gewähren können, haben keine 
Schwierigkeit. Geld geliehen zu bekommen. 
Die Zinssätze sind anscheinend nicht so hoch, wenn 
man die allgemeine Lage der RKolonie und das be- 
trächtliche Risiko in Betracht zieht, welches diejenigen 
laufen, die den Gutsbesitzern Geld leihen. Was die 
Erntekredite anlangt, so dürfte es wohl empfehleus- 
wert sein, wenn eine Anderung des Gesetzes dahin 
vorgenommen würde, daß Erntekredite unabhängig 
und getrennt von den bestehenden Hypothekenschulden 
gewährt werden könnten. Dem Geber eines Ernte- 
kredites müßte die Priorität vor den schon bestehenden 
Hypothekenschulden eingeräumt werden für die Dauer 
eines Jahres. Dieses Privileg münte natürlich nur 
unter dem Vorbehalt gewährt werden, daß alle Ziusen 
bis zu der Zeit der Aufnahme des Erntekredites be- 
zahlt würen. Indem man so das Risiko solcher Dar- 
lehen vermindert, würde man voraussichtlich auch den 
Zinssatz herabsetzen können. Wenn man in Betracht 
zicht, daß der Wert von drei guten Ernten oft dem 
Gesamtwerte des Landes gleichkommt, auf welchem sie 
gewachsen sind. ist es sicherlich in dem Interesse der 
Oupothek, daß das Land in dem möglichst besten Zu- 
stande von landwirtschaftlicher Fruchtbarkeit erhalten 
wird. Ein solches Amendement wurde vorübergehend 
gemacht bei der Einrichtung von Kolonialbanken in 
den französischen Kolonien, und man hat gefunden, 
daß es so günstige Wirkungen er zielte, daß es bis auf 
heute in Wirksamkeit geblieben ist. 
Aber während wir nicht imstande sind, aus dem 
ebengenannten Grunde die Einrichtung einer Landbank 
im großen Maßstabe zu empfeblen, sind wir der 
Meinung, daß unter der Klasse der Kleinpflanzer ein 
berechtigtes Verlangen nach kleinen Darlehen vorhanden 
ist, welchem durch die bestehenden Einrichtungen nicht 
genügt wird. In einigen Fällen wird diesem Bedürfnis, 
wie oben erwähnt, durch die Besitzer der größeren 
Güter genügt, aber im allgemeinen hat der Klein- 
pflanzer einen außerordentlich hohen Zinssatz für Dar- 
lehen zu gahlen, die er auf seinem Grundstücke auf- 
nimmt. Die Beschaffung von billigem Gelde unter 
günstigen Bedingungen und unter strenger Aussicht, 
welche die Verwendung nur für die Vergrößerung und 
Verbesserung der Kultur des Landes sichert, würde
	        
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