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Um jedoch einen allen Anforderungen der Fein-
papierfabrikation genügenden rein weißen Halb-
stoff zu erzeugen, müßte die Menge der anzu-
wendenden Chemikalien so beträchtlich vergrößert
werden, daß die Verarbeitung wohl an der
Preisfrage scheitern dürfte, zumal durch die Ver-
mehrung der Chemikalien auch gleichzeitig eine
Verminderung der Ausbente bedingt ist. Sehr
hindernd wirken ferner die ziemlich zahlreich vor-
handenen kleinen Knoten, die wegen ihrer schweren
Bleichbarkeit nur durch eine Vorsortierung vor
dem Kochen entfernt werden könnten, was aber
mit großen technischen Schwierigkeiten ver-
bunden ist.
Aus den im obigen angeführten Gründen
erscheint die Verwendung weder des Andropogou-=
noch des Elefantengrases mit den bis jetzt be-
fannten Mitteln zur Herstellung von Papier wirt-
schaftlich möglich zu sein, solange der Preis
dieser Materialien sich nicht wesentlich billiger
als der jetzt verwandten Faserarten, Stroh und
Esparto stellt.
Hierzu ist indessen noch zu bemerken, daß die
betreffenden Versuche mit Proben von nahezu
ausgewachsenen Gräsern angestellt worden sind.
Ob sich die Verarbeitung von jüngeren Gräsern
etwas rentabler gestaltet, wozu, wenigstens bei
dem Elefantengras, einige Hoffnung vorhanden
ist, müßte einer späteren Untersuchung vorbehalten
bleiben.
Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten.
A#ndau einer neuen Baumwollart in figypten.
Das Kaiserl. Kousulat in Alerxandrien berichtet:
Die hiesige Baumwoll-Exportfirma J. Planta
& Co. hat eine neue Baumwollart, „Assil“ ge-
nannt, angepflanzt, die bestimmt ist, die in starker
Entartung befindliche Mittelart Mitafifi zu ersetzen.
Nach der Beschreibung gleicht die „Assil“-Pflanze
im äußeren Habitus den schönsten Mitafifi-Exem-
plaren, hat aber größere Kapseln. Der Ertrag
pro Feddan (4200 am) belief sich in guten Län-
dereien auf 5 bis 8 Kantars und in mittelmäßigen
auf 3 bis 5 Kantars.“) Ausgenommen sind die
Fälle, in denen Beschädigungen eintraten, sei es
durch Raupen, Kapselwürmer oder Witterungs-
einflüsse. Der Prozentsatz an Faser (ginning yield)
ist beim „Assil“ größer als bei allen andern
ägyptischen Baumwollarten. Er übersteigt im
Mittel um wenigstens 6 v. H. denjenigen der
„Mitafifi“ und „Nubari“ und um 10 v. H. den-
jenigen der „Joanovich" und „Sakellarides“.
Die Assilfaser unterscheidet sich in vorteilhafter
Weise von der heutigen „Mitafifi“ durch ihre
Länge und Feinheit, wie auch durch ihre Kraft
und Gleichmäßigkeit.
Die „Assil“ hat eine gleichmäßigere gelbliche
Farbe als die „Mitafifi“ und zeigt nicht die
ständig wachsende Beimengung von „Hindi“ (weiße,
kurzstaplige Baumwolle), die seit mehreren Jahren
schon das auffallendste Symptom der Degeneration
der „Mitafifi“ bildet.
Die Firma J. Planta verkauft jetzt den Samen
an Pflanzer und rechnet darauf, daß in der näch-
sten Ernte 40000 bis 50000 Ballen zu 337 kg
gewonnen werden. Zwei Mitglieder der British
*) 1 KNantar — 44,5 kg.
Cotton Growing Asscciation haben die Assilbaum-
wolle geprüft und erklärt, daß sie die geeignete
Sorte für die englischen Spinnereien sei. Diese
seien mit der Mitafifi-Sorte sehr unzufrieden und
manche von ihnen hätten schon im vorigen Jahre
anstatt Mitafifi mittlere und bessere amerikanische
Sorten bezogen. Die Qualität der in der letzten
Ernte erzielten Mitafifi-Baumwolle ist noch ge-
ringer als in früheren Jahren. Auch die Sorten
Joanovich und Nubari fangen schon an, schlechter
zu werden. Die Regierung beschäftigt sich damit,
Maßregeln zur Verbesserung des an die Pflanzer
zur Verteilung kommenden Samens und zur Ver-
hinderung der betrügerischen Mischung ober-
ägyptischer Baumwolle mit Mitafifi-Baumwolle
zu ergreifen.
Die Baumwollindustrie Großbritanniens 1911.)
In der ersten Hälfte des Jahres 1911 schien
es, als würde trotz der am Schlusse des Vorjahres
gehegten besseren Hoffnungen die Ungunst der
Verhältnisse ferner andauern. Die Baumwollernte
der Vereinigten Staaten von Amerika, die für die
das Erntejahr 1909/10 ganz ungenügend gewesen
war, brachte auch für 1910/11 nur einen knapp
mittelmäßigen Ertrag. Die Preise für Rohbaum-
wolle zogen wieder an und kamen im Mai und
Juni dem abnorm hohen Stand von Ende 1909
nahe. Es wurde befürchtet, daß unter diesen
Verhältnissen die Webereien für die Erzeugung
der Spinnereien nicht mehr volle Verwendung
haben könnten, und es machte sich unter den
Spinnereien eine auf planmäßige Verkürzung der
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1911, S. 440 f.