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vorläufig keine Aussicht, von den Eingeborenen
der näheren Umgebung übernommen zu werden.
Die Regenmenge ist zu groß, als daß man andere
als bis jetzt heimische Kulturen bei den hiesigen
Negern einführen könnte; außerdem ist der Boden
zu steinig. Es ist jedoch in Aussicht genommen,
daß dem Vorwerk, wenn es in seinem Betriebe
eine größere Erfahrung gewonnen hat, eine
landwirtschaftliche Schule zweiter Klasse an-
gegliedert wird.
Hier würden junge Bakwiri in der Viehzucht
und in der intensiveren Pflege der von ihnen
bisher angebauten Nahrungsmittel auszubilden sein.
Neben der ursprünglichen Absicht, lediglich
Viehzucht zu treiben und Züchtungs= und Kreu-
zungsversuche anzustellen, ohne Rücksicht auf Ren-
tabilität, ist jetzt das Bestreben vorhanden, beide
Betriebe möglichst rentabel zu gestalten. Die Er-
fahrungen haben gezeigt, daß eine sichere Rente
abgeworfen werden könnte, wenn nicht die großen
Regenmengen der Entwicklung feindlich gegenüber-
stünden und infolge der Unbeständigkeit des Wetters
einerseits und der großen Feuchtigkeit der Luft
anderseits Saat und Ernte oft verdürben.
III. Viehzucht im Dschangbezirk.
Sehr an Bedeutung für die Viehzucht im
Schutzgebiet hat in den letzten Jahren der Bezirk
Dschang gewonnen.
Hier haben die Eingeborenen bis vor kurzem
nur das kleine Waldlandvieh und dieses in nur
geringer Menge besessen. Selbst die größeren
Häuptlinge haben davon nur Herden von 30 bis
60 Stück. Der engere Dschangbezirk, das Dschang-
hochland, ist eine der bevölkertsten Gegenden des
Schutzgebiets. Es kommen hier auf den Quadrat-
kilometer im Durchschnitt 35, in einzelnen Gegenden
sogar 45 Einwohner.
Das Land ist ein stark welliges Grasland-
gebiet mit flachgründigem Boden. Die Be-
völkerungsdichte und die primitive Wirtschaftsweise
der Eingeborenen bedingen hier eine außerordent-
liche Ausdehnung der Lebensmittelfarmen und
eine lange Brache der Felder, die aus Not oft
gekürzt werden muß. Die Bodenerträge sind
daher meist ganz kümmerlich. Exportprodukte sind
in diesem Gebiete nicht vorhanden.
Auf den Abhängen der Berge und auf den
Brachländereien wächst hier ein vorzügliches Weide-
gras. Es lag deshalb nahe, der Wirtschaft der
Eingeborenen durch Hebung der Viehzucht, ver-
bunden mit Pflugkultur und Düngerwirtschaft,
aufzuhelfen. Dazu schien aber das Waldland-
vieh, das hier einen sehr schlechten Eindruck
macht, von vornherein nicht geeignet zu sein.
Es zeigte sich dagegen, daß im Jahre 1907/08
importiertes Buckelvieh aus dem Bezirk Banjo
an den Weidehängen der Bambutoberge vor-
züglich gedieh. Da das Adamaua-Buckelvieh
sowie das hier importierte Bororo-Buckelvieh
aus dem Bezirke Banjo sehr viel wertvollere
Rinderrassen darstellen als das Waldlandvieh, so
war durch das vorzügliche Gelingen dieser Ver-
suche der Weg für das weitere Vorgehen der
Verwaltung gegeben.
Es wurde in den Bambutobergen eine
Viehzuchtstation gegründet und versucht, die dort
stehende Buckelrinderherde nach Maßgabe der
vorhandenen Mittel durch Zukauf von aus-
gesuchtem Zuchtvieh aus dem Banjobezirk mög-
lichst schnell zu vergrößern. Diese Herde soll
die Stammherde für die in diesem Bezirke
zu begründende Landesviehzucht werden,
und es ist beabsichtigt, sie bis auf einen
dauernden Bestand von etwa 1000 Stück
zu bringen. Dieser Bestand wird es ermög-
lichen, jährlich etwa 100 zur Zucht geeignete
Rinder an die Eingeborenen des Bezirkes ab-
zugeben.
Zu gleicher Zeit ist man bemüht, die Ein-
geborenen zur Beschaffung von Buckelrindern
anzuhalten, und ihnen beim Ankauf behilflich zu
sein. Einige größere Häuptlinge haben bereits
bei den letztjährigen Versteigerungen von Tribut-
vieh in Banjo durch Vermittlung der Station
Rinder gekauft, und andere haben bei der Station
um Ankauf von Rindern gebeten.
Wenn dem auch vorläufig eine gewisse Groß-
mannssucht zugrunde liegt, so ist es doch immerhin
ein erfreulicher Anfang, der unter der dauernden
Aufsicht der Station gute Früchte bringen kann.
Große Schwierigkeiten bietet bei der Begründung
der Landesviehzucht das Unverständnis, welches
der Bantuneger der Pflege des Viehs entgegen-
bringt.
Es ist deshalb vom Oberleutnant Rausch,
der sich um die Begründung dieser Viehzucht
große Verdienste erworben hat, auf dem Stamm-
hof in Dschang eine landwirtschaftliche
Schule errichtet worden. In dieser werden
jüngere Eingeborene, größtenteils Häuptlingssöhne,
in der Behandlung des Viehs unterrichtet. Die
hier erzielten Erfolge haben die Erwartungen
übertroffen. Die Schüler, die am 1. Oktober
ihre zweijährige Lehrzeit beendigt haben, sollen
in ihre Dörfer entlassen werden und dort in der
erlernten Weise die Häuptlingsherden beauf-
sichtigen und Landwirtschaft betreiben. Aber es
ist nicht anzunehmen, daß das Gewollte mit dem
ersten Schlage erreicht wird. Alle etwaigen Miß-
erfolge dürfen jedoch nicht davon abschrecken, das
Endziel weiter zu erstreben: Viehzucht und Pflug-
wirtschaft der Eingeborenen.