Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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1200 000 Taels, wovon 800 000 Taels durch Ausgabe 
von Aktien à 100 Taels aufgebracht sind. Mit 25.000 
Spindeln produziert sie täglich bei 20 stündiger Arbeits- 
zeit etwa 70 Ballen à 320 Cätties. Bei rund 300 
Arbeitstagen beläuft sich also die Jahresproduktion 
auf 21 000 Ballen. Der Herstellungspreis pro Ballen 
beträgt etwa 68 Taels, während der übliche Verkaufs- 
preis sich auf wenigstens 90 bis 100 Taels stellt. 
1200 Arbeiter werden beschäftigt. Die Fabrikate finden 
schlanken Absatz. Die Nachfrage wird kaum gedeckt. 
Zur Erweiterung fehlt es an Betriebskapital. Man 
versucht fremde Geldgeber heranzugieben. Bis jetzt 
hat die Banque de l’Indo Chinc verschiedentlich Geld 
vorgeschossen. Die Aussichten des Unternehmens er- 
scheinen günstig. 
Das Hauptabsatzgebiet der Tientsiner Baumwolle 
ist der europäische Kontinent, an erster Stelle Deutsch- 
land. Besonders in den Spinnereien des Königreichs 
Sachsen wird sie in größeren Mengen verarbeitet. 
Sonst herrscht auch im Rheinland und in Westfalen 
Nachfrage danach. Ferner geht die Baumwolle nach 
Rußland, Oberitalien, Osterreich und Frankreich. Auch 
England konsumiert einen kleinen Teil, verlangt aber 
einen besonders niedrigen Preis, weil die englischen 
Spinnereien für das chinesische Produkt nur eine be- 
schränkte Verwendung haben und bei höheren Preisen 
nicht auf ihre Rechnung kommen. Außerdem sind die 
Vereinigten Staaten von Amerika und Japan Abnehmer. 
Die Tientsiner Baumwolle wird bei der Ver- 
arbeitung in den meisten Fällen mit besseren Produkten 
anderer Herkunft vermischt. Einige Fabrikanten, die 
sich mit ihren Spindeln darauf eingerichtet haben, 
verwenden sie auch ohne Beimischung. Im allgemeinen 
ist es nur eine Frage des Preises, ob die Tientsiner 
Baumwolle bei dem durch kurzen Stapel bedingten 
Mehrabfall gegenüber anderen langstapeligen Produkten 
konkurrengfähig bleibt: hierbei spielt auch die rationelle 
Verwertung der Abfälle eine große Rolle. Verschiedene 
Fabrikanten, besonders in Amerika, vermischen die 
Tientsiner Baumwolle auch mit Wolle, wogu sie sich 
wegen des kurzgen, rauhen Stapels gut eignet. 
Die Chinesen, teils Bauern, teils Händler, teils 
Frachtführer, haben es leider in jüngerer Zeit häufiger 
unternommen, die Baumwolle kräftig mit Wasser zu 
vermischen, um sich das dadurch erzielte höhere Gewicht 
zunutze zu machen. Bei dem trockenen Klima Tientsins 
ist es indessen meist möglich, die Baumwolle durch 
Trocknen an der Sonne innerhalb 1 bis 2 Tagen 
erxportfähig (d. h. mit 5 bis 6 v. H. Wassergehalt) zu 
machen. Amtliche Verbote gegen den Mißbrauch des 
Wässerns werden hierin kaum Wandlung schaffen, be- 
sonders weil sich die JFapaner wenig an den MWasser- 
gehalt kehren und die an den Markt kommende Ware 
ohne eingehendere Prüfung daraufhin annehmen. 
Das Baumwollgeschäft nach Europa und Amerika 
liegt vornehmlich in den Händen von deutschen und 
englischen Firmen. 
(Aus einem Bericht des Kais. Konsulats in Tientsin.) 
1 Pikul zu 100 Cätties = 60),453 kg. 
1 Haikwan Tael im Jahreodurchschnitt = 2,76.¼. 
  
Der niederländische Rakao- und Kakaobutter- 
markt 1911.“) 
Die allgemeine Marktlage im Jahre 1911 wird 
als ruhig begeichnet. Besondere Ereignisse, die von 
*) Vgl. „D. Kol. Bl.“ 1911, S. 289ff. 
  
schädigendem Einfluß auf die Kauflust hätten sein 
können, haben nicht stattgefunden. Der letztjährige 
Ausstand im Hafengebiet war wohl unangenehm und 
teuer für den Handel. doch nur von kurzer Dauer, so 
daß er keine große Wirkung auf den eigentlichen Markt- 
verkehr ausüben konnte. Die Kakaovorräte der ganzen 
Welt waren groß: die Zufuhren aus den Ursprungs- 
ländern waren für die meisten Sorten sehr reichlich. 
Die Gerüchte über eine Kakaovalorisation, die nament- 
lich in der zweiten Hälfte des Berichtsjahres bezüglich 
Bahia, Thomé und auch Ecuador in Umlauf waren. 
bewirkten eine sestere Marktstimmung. 
Was die hauptsächlichsten Kakaosorten im einzelnen 
betrifft, so wurden von Accra-Kakao im Jahre 1911 
besonders große Mengen angeführt; die Beschaffenheit 
ließ erst zu wünschen übrig, war später jedoch besser. 
Der Preis war zu Anfang des Jahres etwa 29 Cent. 
stieg aber in der zweiten Hälfte auf etwa 33 Cent 
und sogar auf 2 bis 3 Cent mehr für hervorragende 
Ware. Als sodann im Monat November die Preise 
für Bahia-Kakao zurückgingen, mußte auch Accra-Kakao 
folgen, so daß das Jahr mit etwa 27 bis 29 Cent schloß. 
Bahia-Kakao war im Berichtsjahr tonangebend. 
Die Vorräte waren zu Anfang reichlich, die neuen 
Zufuhren mehr als reichlich; die Beschaffenheit war 
indessen nicht befriedigend. Die Preise schwankten 
während des Jahres zwischen 59 und 47 sh, je nach 
der Güte. 
Auch der Kakao aus St. Thomé spielte eine 
hervorragende Rolle, große Vorräte und billige Preise 
begünstigten zu Anfang des Jahres seinen Absatz. 
Später trat ein Umschlag ein. Die Ernte mißglückte 
infolge starker Kälte; die Vorräte in Lissabon ver- 
minderten sich und die Preise gingen in die Höhe. Zu 
Ende des Jahres zahlte man für guten St. Thomé- 
Kakao etwa 32 Cent gegen 30 Cent im Anfang. 
Von Samaner-Rakao war zum Beginn des 
Jahres noch genügender Vorrat vorhanden. Regel- 
mäßige Zufuhren sorgten für Ersatz, jedoch entsprach 
deren Beschaffenheit nicht den Erwartungen. Dem- 
zufolge gingen auch die Preise für diese Sorte, die 
anfänglich höher als für Accra-Kakao waren, bis auf 
die Accra-Preise zurück, stiegen indessen wieder, als 
bessere Ware an den Markt gebracht wurde. Im ganzen 
genommen war daher das Jahr 1911 für diese Kakao- 
sorte nicht ungünstig. Zu Ende des Jahres stellten 
sich die Preise, je nach der Beschaffenheit, auf 29 bis 
31 Cent, was ungefähr dem Preisstand am Ansang 
des Jahres gleichkam. 
Besserer Sommer-Arriba-Kakao war wieder 
sehr gesucht. Ansehnliche Mengen davon fanden wiederum 
ihren Weg nach den Niederlanden und wurden zu 
Preisen verkauft, die für die Käufer sehr günstig ge- 
nannt werden können. Wie groß das Interesse für 
diese Kakaosforte hierzulande war, geht u. a. daraus 
hervor, daß damit fünf große Dampfer hintereinander 
von Ecnador direkt hierher befrachtet worden sind. 
Die Preise schwankten während des Jahres für besseren 
Sommer-Arriba-Rakao zwischen 64 und 568 ah, für 
Epoca Arriba zwischen 60 und 52 sh und für Machala- 
Kakao zwischen 59 und 50 sh. 
Trinidad-Kakao stand zu Anfang des Jahres 
hoch im Preise, da große Nachfragen aus Nordamerika 
vorlagen. Gegen Ostern trat ein Preisrückgang von 
etwa 2 sh ein, der einen lebhafteren Handel ermög- 
lichte. In der zweiten Hälfte des Jahres stiegen die 
Preise um 4 Ssh, zu Ende des Jahres zahlte man 
56 bis ö7 sh. Die niedrigsten Preise des Jahres 
waren 51 bis 52 sh. 
Venezuela-Kakgo zeichnete sich wiederum durch 
festen Preisstand aus. Porto Cabello-, Caracas= und
	        
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