Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Literatur-Bericht. 
Deutsch Neu-Guinen von Prof. Dr. med. R. Neuhauß. 
In drei Bänden. Band 1 mit 334 Zinkützungen und 
einer Karte; Band II: Völkeratlas, mit 764 Zink- 
ätzungen und einer Karte; diesc beiden Bünde heraus- 
gegeben mit Unteristinzung der Rudolf Virchow- 
Stiftung in Berlin; Band III: Beiträge der Missionare 
Keyher, Stolz., Zahn, Lehner, Bamler; heraus- 
gegeben mit Unterstützung des Bachler-Instituts in 
Berlin. — Verlag Dictrich Reimer (Ernst Vohsen). 
Berlin 1911. Dreis: Bd. I und II geb. 80 “, 
Bd. 1II geb. 20.4¾. 
Das Werk stellt eine wertvolle Bereicherung der 
Literastur über Kuiser -Wilhelmsland, den deutschen 
Anteil an dem Festlande von Neuguinea, dar. Es gibt 
uns ein anschauliches Bild vrom Leben und Treiben 
der Eingeborenen, ihrer Sitten und Gebrüuche. Dies 
Eilt besonders von den Stümmen zwischen Kap König 
Wilhelm und Markham, dem engeren Arbeitsfelde der 
Neuendettelsauer Mission, deren in jahrzchniclanger 
Arbeit im Lande kewonnene Kenntnis des dortigen 
Papua dem Veriusser bei seinen Forschungen zugute kam. 
Verschiedener Meinung mit dem Verfasser kunn 
man darüber sein, wie der Landfrieden in einem C#c- 
biete wie Kaiser-Wilhelmsland herzustellen ist. vo 
Alord und Totschlag bis zum Fuhfassen der Weillen 
an dler Tagesordnung waren und auch heute noch 
dGort sind, wohin der Weilc noch nicht stündig vor- 
gedrungen ist. Grund dieser Totschläzereien ist in 
den meisten Füllen — darin mul dem Verfasser Recht 
gegeben werden — (lor das ganze Tun und Treiben 
des Papun beherrschende Aberglaube und die Geister- 
furcht; letztere hat insbesondere die Ausübung der 
Blutrache zur Folge. Wenn aber, wie der Verfasser 
schbst schreibt, (die Lae Womba in den ullerletzten 
Inhren nachweislich 130 Alenschen ermordeten"“", wenn 
„Sxie jüngst in der Nacht ein Lae-Dorf überficlen und 
man am hüchsten Morgen 70 Leichen unter den 
rauchenden Trümmern fand.. wenn an der Rai-Kistc 
Eanze Dörfer infolge der Uberfälle der Bergbewohner 
ver##let lagen und ihre Bewohner enchlagen und uuf- 
Eefressen wurden, wenn im Herzegebirge ein Weileer. 
Ohne 3weifsel schuldlos, erschlagen wurde, ldann mul 
strasend eingeschritten werden. We und solange der 
Landfrieden kampflos geschaffen und gesichert werden 
kunn, vird das geschehen; ist es aber nicht möéglich. 
so muß mit (iewalt ldurchgegriffen werden. Jachsicht 
würe# da Schwüche und würde auch als solche von 
den Eingeborenen angeschen. 
Die wirtschaftlichen Aussichten von Kuiser- 
Wilhelmsland beurteilt der Verfasser wohl etwmus Pessi- 
mistisch. Die Hafenbilllung un der Nordküste (ürfte 
niccht so scin. wie der Verfasser sic darstellt. Angriffs- 
hafen. Dallmannhafen. Hansabucht. lalafelthafen. 
Adalberthufen und Alexishaten geben neben Friedrich- 
Wilhelmshafen für Schiffe jeder in Frage kommenden 
Größe geschützte Ankerplätze. Es ist nicht zu er- 
schen, warum das Land neben der Kultivierung der 
Kokospalme, die der Verfasser allein als aussichusreich 
Dezeichnet, nicht nuch für andere Kulturen. W. z. B. 
Kautschuk und Tahnk. geciguct sein soll. Sachgemälze 
Versuche in dieser Rie- sung sollten entschieden Ce- 
macht werden. 
Ganz hervorragend ist das Bildnismaterial, das 
in dem zweiten Bande des Werkes zusammengestellt 
ist; es wirl die unthropologische Kenntnis von dem 
apun wesemlich tördern. Aunbcrordentlich wertvoll 
sinl auch dlie in dem dritten Bunde zusammen- 
Kestellten Beiträge einzelner Alissionare der Neucen- 
iettelsnurer Mission, die einen tiesen Einblick in dlie 
  
schwindenden Sitten und Gebrüuche und die Scelen- 
anschauungen des Papua geben. 
Was die Kritik anbelangt, 
öfters an den Regierungsbeamten übt, so darf doch 
gesagnt werden, daB unsere Beamten sich in den 
Kolonien alle Mühe geben, in die Verhältnisse ihres 
Bezirks einzudringen und die Rechtsanschauungen 
der Eingeborenen kennen zu lernen. Daß gerade sie 
keine Kenntnis von den einschlägigen Verhältnissen 
und von den Rechtsanschauungen der Eingeborenen 
haben, kann demnach in der vom Verfasser beliebten 
Verallgemeinerung nicht als zmreffend anerkuannt 
werden. 
die der Verfasser 
Die Praxis des Vermessungsingenieurs. Geodätisches 
Hand- und Nachschlagebuch für Vermessungs-, 
Kultur- und Bauingenieure, Topographen, Kurto- 
gEraphen und Forschungsreisende. Mit Unterstützung 
durch zahlreiche Ministerien, Behörden, wissenschuft- 
liche Instii1ute und Vereine bearbeitet von Alfred 
Abendroth, Königl. Vermessunzsdirigent bei der 
Landesaufnahme in Berlin. Mit 129 Textabbilldungen 
und 13 Tafeln. Berlin 1912: Verlagsbuchhandlung 
Paul Parey. UTber 800 Seiten. Geb. Preis 28.%. 
Bei der Vielscitigkeit des Vermessungsfaches ist 
der Gedankc. der dem vorliegenden Buch zugrunde 
liegt, nämlich die Geodäsie nauch den vesschiedensten 
Zwecken und Berufen in übersichtlicher Form und 
leicht verstündlich zu behandeln, an sich schr gut. 
Schade ist es. dalß dicses Buch verschiedenc ihrem 
Abschlut sich nähernde Vowchriften und Verfügungen. 
(die das Kolonialvermessungswesen betrefien. noch nicht 
cinhült. Dua indessen das Buch in der Hauptsache 
anderen Vermessungszweigen gewidmet ist, konnte der 
Verfasser dieses geringeren Teiles wegen das Erscheinen 
des Buches vohl nicht hinausschiceben., zumal die Viel- 
scitinkcit des Buches dafür spricht, daß es bald eine 
weitere Auflage erleben wird, in welcher dann auch 
dem Kolonialvermessungswesen eine breitere Stelle 
eingerüumt werdlen kann. 
Ferner ist es zu bedauern, daB der Verfasser nicht, 
lie andere im Vorwort erwähnte Richtung seiner 
Eroßen Aufgabe eingeschlagen hat, wenigstens einzelne 
Teile des Buches durch Spczinlisten bearbeiten zu 
Inssen. Es wäre das Buch dadurch entschiceden von 
höherem Wert geworden. Der Verfasser hatte in dem 
e#rstkluassigen, bei demselben Verlag von Paul Parer 
erschienenen Werke -((rundlehren der Kulturn#echnik 
von C. A. Vogler, Gücheimen Regierungsrat, das beste 
Beispicl für den Vorteil eines Buches. dessen einzelne 
Teile in abgeschlossener, aber übersichtlicher, kurzer, 
leicht verstündlicher Form von hervorragenden Spe- 
zinlisten verfallt sind. 
Was das Koloninlvermessungswesen anbetrifft. so 
sind im vorlicgenden Werk manche Durstellungen in 
den Kapiteln enthalten. die Benchtung verdienen. Dalzt 
manches auf sehr subjiektiver Auffassung ohne gründ- 
liche Kenntnis aller bisher gemachter Erfahrungen 
und der noch im Entstehen begritfenen Regeln beruht, 
mag scine Entschuldigung finden in dem vom Ver- 
fasser selbst inm scinem Vorwort, zweiten Absatz, an- 
getzchenen Grunde. 
An dieser Stelle möge nur darauf aufmerksam 
gemacht weren, duß er auch für Laienvermessungen 
die Stercophotogrummetrie so behandelt, wie es mit 
einfachen Hilfsmitteln zur Ausarbeitung von Landes- 
karten auf Grund von ungenaueren Aaufnahmen 
mglich ist.
	        
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