Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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wenn vorerst nur die reicheren Vorkommen ab- 
gebaut, die ärmeren aber noch in Reserve ge- 
halten würden, und daß es daher angezeigt sei, 
die Erschöpfung der ergiebigeren Felder abzu- 
warten, bevor man zu einer Anderung der Ab- 
gaben schreite, und auf diese Weise die mit der 
Reform unleugbar verbundenen großen Unbe- 
quemlichkeiten auf das Unumgängliche zu be- 
schränken. Dem ist zu entgegnen, daß viele 
Stellen auch nach der Abgabenänderung nur 
dann den Abbau lohnen, wenn sie gemeinsam 
mit benachbarten besseren in Betrieb genommen 
werden, daß sie also für immer verloren sind, 
wenn der Förderer gezwungen wird, jene besseren 
Striche vorweg für sich allein auszubeuten. In 
jedem Falle aber wird der gleichzeitige, gemein- 
same Betrieb der ärmeren und der reicheren 
Felder billiger, als wenn sie nacheinander und 
getrennt in Angriff genommen werden. Die 
Hinausschiebung der Abgabenreform bedeutet also 
einen unwiederbringlichen volkswirtschaftlichen 
Verlust. 
Die gleiche Erwägung spricht gegen den Ge- 
danken, einstweilen nur den Ausfuhrzoll zu ändern, 
die anderen Abgaben aber in der bisherigen Form 
beizubehalten. Wie die Dinge heute liegen, müssen 
die gesamten Abgaben, der Zoll, die Verwertungs- 
gebühr und die Förderabgaben in die Reform 
einbezogen werden, soll diese nicht eine unwirk- 
same Halbheit bleiben. 
Das Wesen der Reform muß in einer An- 
passung der Abgaben an die Betriebsverhältnisse 
bestehen: an Stelle des Umsatzes muß der Ertrag 
den Maßstab der Besteuerung bilden. Das ist 
die natürliche Entwicklung, wie sie die Steuer- 
technik überall durchzumachen pflegt. 
Der Ertrag versteht sich nur vom eigentlichen 
Betriebe, stellt also den Überschuß der Betriebs- 
einnahmen über die Betriebsausgaben (Betriebs- 
kosten) dar. Gründung, Finanzierung, Geld- 
beschaffung und demgemäß Abschreibungen auf 
Kapital und Gerechtsame gehören nicht hierher. 
Alle Betriebe eines Förderers rechnen für die 
Steuer als eine Einheit. Als Betriebseinnahme 
gilt der durch die Regie für die Diamanten er- 
zielte Verkaufserlös. Als Betriebskosten gelten die 
zur Erzielung des Betriebsertrages notwendigerweise 
gemachten Aufwendungen nebst Abschreibungen auf 
die dem Betriebe der Diamantengewinnung ge- 
widmeten Gegenstände. Zu den Betriebskosten 
zählen auch die unmittelbaren Kosten der Ver- 
wertung der Diamanten. Diese lassen sich ungefähr 
auf 2 v. H. des Verkaufserlöses schäten. Sie 
ebenfalls in die Ertragsteuer einzubegreifen, 
geht nicht an. Das würde darauf hinaus- 
kommen, daß die reicheren Betriebe einen Teil 
der Verwertungskosten für die ärmeren mit- 
  
decken müßten, die ärmeren also sich nicht selbst 
trügen. Das wäre eine volkswirtschaftlich 
falsche Konstruktion. Von der bisherigen Ver- 
wertungsgebühr muß demnach der begrifflich zu 
den Betriebsausgaben rechnende Teil in Höhe 
von 2 v. H. des Verkaufserlöses bestehen bleiben, 
während der Rest als zur Deckung der mittel- 
baren Verwertungskosten nötig mit in die Steuer 
einbezogen werden kann und soll. Die zwei- 
prozentige Verwertungsgebühr ist die unerläßliche, 
aber auch die einzige Ausnahme in der Ab- 
schaffung der Rohbelastung. 
Die Lüderitzbuchter Minenkammer hat in einer 
wertvollen Denkschrift eine 60 prozentige Ertrag- 
steuer vorgeschlagen. Richtig erscheint an dem 
Vorschlage, daß das bisherige Vielerlei durch eine 
für alle Felder gleichmäßig passende Steuer er- 
setzt wird. Nur wird ihr Geltungsbereich vor- 
läufig das Pomonagebiet nicht umfassen können, 
da dort die Rechtslage noch nicht geklärt ist; dort 
werden einstweilen die alten Vorschriften in Kraft 
bleiben müssen. Im übrigen ist eine Verschieden- 
heit der Bestimmungen künftig nicht mehr nötig. 
Sie ist teilweise rein zufällig entstanden, teilweise 
sollte sie den Verschiedenheiten der Betriebsver- 
hältnisse entsprechen, war aber in dieser Hinsicht 
ein ziemlich unwirksamer Notbehelf. Es ist 
gerade der Hauptvorzug der Ertragsteuer vor 
der Rohabgabe, daß die Unterschiede in den 
Betriebsverhältnissen sich automatisch Geltung ver- 
schaffen. Die Höhe der Steuer erscheint für 
mittelgünstige Betriebe richtig getroffen. Für die 
teuer arbeitenden ist sie aber zu groß, während 
die ergiebigsten wohl etwas mehr tragen können. 
Daß die 60 prozentige Ertragsteuer die ärmeren 
Betriebe zu stark drücken würde, hat auch die 
Minenkammer empfunden. Zur Abhilfe schlägt 
sie vor, Erträge von 3.¼ für das Karat und 
weniger steuerfrei zu lassen und für Erträge von 
weniger als 7,50 / für das Karat die Steuer 
so zu ermäßigen, daß dem Förderer 3 . für 
das Karat bleiben. Diese Lösung ist nicht wohl 
annehmbar. Bedeutet sie doch, daß der Förderer 
keinerlei finanzielles Interesse daran hat, ob der 
Ertrag 3 /“ oder 7,50 ./4 für das Karat ist; er 
bekommt im einen wie im anderen Falle 3 /7 
für sich. Es heißt aber von der Selbstlosigkeit 
des Förderers zu viel erwarten, wenn man an- 
nehmen wollte, daß er mit allen Kräften dahin 
arbeiten würde, lediglich zugunsten der Steuer- 
berechtigten den Ertrag bis auf 7,50. K für das 
Karat zu steigern. Jede Steigerung des Ertrages 
muß vielmehr auch mit einer genügenden Steige- 
rung des dem Förderer verbleibenden Betriebs- 
gewinnes verbunden sein. Will man unter Wah- 
rung dieses Grundsatzes die ärmeren Betriebe 
entlasten, so muß die Steuer in ihrem Prozent-
	        
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