Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Redner hält es für erforderlich, zuerst durch ausgebil- 
dete Flieger in den geplanten Verwendungsgebieten 
Beobachtungen und Erfahrungen zu sammeln, ehe man 
im größeren Maße Mittel für koloniale Flugzwecke auf- 
wendet. Marokko und Tripolis, wo Flugzeuge schon 
vielsach verwendet werden, können zum Vergleiche mit 
unseren Kolonien wegen der sehr verschiedenartigen 
Verhältnisse und Umstände nicht wohl herangezogen 
werden. Die Tatsache aber, daß in Tripolis noch 
kein teilnehmender Flieger in feindliche Hände geraten 
ist, ist ein Beweis einer immerhin schon großen Zu- 
verlässigkeit der Flugzeuge. In London hat sich das 
African Aviation IFndicate zum Zweck der Studien 
und des Betriebs von Flugzeugen in Afrika gebildet. 
Der Redner empfiehlt die Verwendung von Flugzengen 
in den Kolonien in erster Linie für gerophotogram- 
metrische Zwecke und gibt eine Reihe von Vergleichs- 
zahlen auf Grund der Berechnungen des Hauptmanns 
Scheimpflug für die Kartographierung von Deursch- 
Südwestafrika. An Stelle von 200 bis 250 Mil- 
lionen Mark und 150 bis 170 Jahren Arbeitszeit, 
würden sich bei Verwendung von Fesselballond die 
Kosten auf 75 bis 80 Millionen Mark und die Arbeits- 
zeit auf 16 Jahre verringern, unter Verwendung von 
Luftschiffen auf 13 Millionen Mark und drei bis vier 
Jahre Arbeitsgeit. Scheimpflug hat die Zeit nicht 
mehr erlebt, in der das Flugzeng so weit entwickelt 
war, daß es mit Vorteil an Stelle des Luftschiffes 
treten kann, wodurch sicherlich die Rosten noch erheblich 
verringert werden. Wenn die Fluggeng-Industrie durch 
die koloniale Verwendung von Flugzeugen eine wesent- 
liche Förderung erhalten haben wird, so wird dies im 
bedeutenden Maße dem Flugsport und dadurch auch 
der militärischen und wirtschaftlichen Verwendung zu- 
gute kommen. 
An Hand von aerophotogrammetrischen Aufnahmen 
und einem Apparat referieren die Herren Dr. Weidert 
und Dr. Günther über den heutigen Stand der 
Photogrammetric. 
Auf Antrag des Kommandos der Schutztruppen 
faßte die Technische Kommission den Beschluß, dem 
Kommando der Schutztruppen 4000 Mark zu dem Zweck 
zur Verfügung zu stellen: den Oberleutnant der Kaiser- 
lichen Schutztruppe in Deutsch-Ostafrika Freiherrn 
v. Hammerstein-Gesmold als Fluggeugführer 
anszubilden. 
Kongo—Sangha—llbangi-Erpedition. 
Über die Vorbereitung der Kongo — Sangha 
—llbangi-Expedition des Kolonial-Wirtschaft- 
lichen Komitees berichtet der Vorsitzende: 
Der Erwerb von Neu-Kamerun hat uns vor die 
wassertechnische Aufgabe gestellt, die Flüsse Sangha, 
  
Kadei-Dume, Dscha, Njong und seine Nebenflüsse 
sowie den Ubangi und Lobaje teils als Zubringer 
zur Kamerun-Mittelbahn, die in drei Jahren ihren 
vorlänfigen Endpunkt M'Balmajo erreichen wird, 
teils als Zufahrtsstraßen zum großen Kongo- 
strom nutzbar zu machen. Das weitere Ziel ist die 
Einführung einer deutschen Schiffahrt mit Roh- 
ölmotoren auf den großen afrikanischen 
Stromgebieten und Binnenseen. Zur Lösung 
dieser großen Aufgabe soll die Kongo — Sangha — 
Ubangi-Expedition beitragen. 
Das Reichs-Kolonialamt und das Kaeiserliche 
Gonvernement von Kamerun haben weitgehende 
Förderung der Erpedition zugesichert. Die drüben 
tätigen Gesellschaften, wie die Gesellschaft Süd-Kamerun, 
die Westafrikanische Pflanzungs-Gesellschaft „Viktoria“, 
In Sociéctc CommercicllIle Belgo-Allemande du Congo, 
La Compagnie Forestière Sangha-Oubangui, die Deutsche 
Kolonial-Eisenbahn-Bau= und Betrioebsgesellschaft und 
ebenso die heimische Eisen-, Metall-- und Maschinen- 
Industrie sind für das Unternehmen interessiert. 
Als günstigste Zeit für die Schiffahrterkundung ist 
die Periode der abnehmenden Wasser bis Niedrigst- 
wasserstand, etwa Jannuar bis April, und eine kürzere 
Periode im Herbst festgestellt. Dementsprechend soll 
die Cxpedition die Ausreise im Degember antreten. 
Für die Führung ist ein hervorragender Fachmann 
gewonnen. 
Inzwischen werden alle bisher von deutschen 
Forschern und Offizieren vorliegenden Erfahrungen ge- 
sammelt und gründlich bearbeitet werden, insbesondere 
die Berichte über die Ergebnisse der französischen 
Kongo—Sangha—lbangi-Expedition vom Jahre 1911, 
die nach erfolgter Ratifikation des deutsch-frangösischen 
Vertrages nunmehr zu erwirken sein dürften. In 
Deutschland sind Versuche eingeleitet, um Sicherheit zu 
gewinnen über eine rationelle Verwendung von 
kolonialen Pflanzenölen für den Betrieb von 
Schiffsmotoren: in Kamernn wie in Deutsch-Ost- 
afrika sind Erhebungen im Gange über eventuell an 
Ort und Stelle vorhandenc oder zu gewinnende Mengen 
von Pflangenölen und deren Gestehungskosten bei 
maschineller Gewinnung. 
Im Hinblick auf die Wichtigkeit regelmäßiger 
Witterungs= und Wasserstandsbeobachtungen für die 
Sicherstellung der Ergebnisse der Schiffahrterkundung 
hat das Komitee beim Reichs-Rolonialamt beantragt, 
das Gouvernement von Kamerun zu veranlassen, auf 
allen in Alt= und Neu-Kamerun für die Sangha— 
Ubangi-Erxpedition in Betracht kommenden Regierungs- 
und Militärstationen meteorologische Beobachtungen und 
Pegelmessungen einzurichten. 
  
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Aus fremden Kolonien und Droduktionsgebieten. 
Andau ägyptischer Baumwolle in Tezras. 
Mit ägyptischer Baumwolle, die wegen ihres 
Glanzes, der Länge ihres Stapels und der Festig- 
keit ihrer Faser geschätzt ist, sind im Jahre 1911 
Anbauversuche in Teras angestellt worden. Die 
Pflanzen, die Mitte Mai auf der dem Anschauungs- 
unterrichte dienenden Farm (demonstration farm) 
der Imperial Irrigation Company in Buenavista, 
Texas, unter normalen Kulturbedingungen aus- 
  
gepflanzt wurden, gediehen vorzüglich; sie trugen 
volles Laub und blühten so reichlich, daß jede 
Pflanze 40 bis 80 Knollen aufwies. Das Wachs- 
tum war gleichmäßig und unnnterbrochen; die 
Stauden wurden 4½ bis reichlich 5 Fuß hoch. 
Es ließ sich kein Unterschied zwischen der Ernte 
von dem oberen Teile der Pflanzen (top crop) 
und von dem unteren Teile (bottom erop) fest- 
stellen. Die Baumwolle ließ sich gut pflücken und
	        
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