Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Von Interesse war noch der Besuch der Insel 
Bumbide. Hier und auf der südlich sich an- 
schließenden Insel Jroba waren vor etwa drei 
Jahren insgesamt 18 Schlafkranke gefunden 
worden. Da auf der Insel ungefähr 2000 Ein- 
geborene wohnen, welche zum großen Teil das 
von der Schlafkrankheit besonders gefährdete 
Fischerhandwerk betreiben, mußte eine Vertilgung 
der zahlreichen Fliegen auf dieser Insel von 
Wichtigkeit sein. Der intelligente und tatkräftige 
Akide der Insel hat die früher zum Teil dicht- 
bewaldete Insel mit einem Kostenaufwand von 
3000 Rupie mit seinen Lenten abgeholzt, so 
daß sie jetzt einen ganz kahlen Eindruck macht. 
Glossinen wurden zur Zeit meiner Anwesenheit 
nicht mehr gefunden. Schlafkrankheit ist in den 
letzten Jahren auf der Insel nicht mehr vor- 
gekommen, was zum Teil auch wohl auf die 
durchgeführte strenge Bootskontrolle zurückzuführen 
sein dürfte, wodurch eine Neueinschleppung aus 
anderen verseuchten Gebieten vermieden wurde. 
Die Schlafkrankheitsbekämpfung auf Bumbide 
wurde von dem Stationsarzt von Bukoba (Stabs- 
arzt Dr. Grothussen) beaufsichtigt. Eine von 
Bumbide nur durch einen schmalen Kanal ge- 
trennte, nördlich vorgelagerte, stark bewaldete un- 
bewohnte Insel, auf welcher Glossina palpalis 
noch vorkommt — wir selbst fanden bei unserer 
Anwesenheit keine — soll in nächster Zeit saniert 
werden. Abbildung 5 zeigt die vom Boot aus 
aufgenommene dichte Bewaldung dieser Insel, im 
Vordergrund im Wasser stehenden Schilf, links 
einen Ambatsch-Busch, in welchem sich Glossina 
palpalis mit Vorliebe aufhält. 
Auch auf Bumbide ist viel radikaler abgeholzt 
worden als am Morifluß. Hier scheint mir aber 
das gründliche Vorgehen wegen der erheblichen 
Gefahr der Bildung eines neuen Schlafkrankheits- 
herdes gerechtfertigt. Außerdem kommt auf Bum- 
bide noch hinzu, daß die Abholzungen ohne 
ständige Beaufsichtigung durch einen Europäer 
ausgeführt worden sind. Wo aber die Ein- 
geborenen die Abholzungen selbständig vornehmen, 
wird es kaum möglich sein, schonend zu ver- 
fahren, ohne den ganzen Erfolg in Frage zu 
stellen. 
Gegenüber der Insel Bumbide besuchte ich 
auf dem Festland eine Stelle, welche gerade ab- 
geholzt wurde und an welcher wir auch einige 
Palpales fanden. Stabsarzt Dr. Kudicke machte 
hier einen Versuch, die am Waldsaum des Ufers 
befindlichen Fliegen durch eine besondere Art der 
Abholzung vom Zurückfliegen nach dem rückwärts- 
gelegenen, nicht abgeholzten Teil des Waldes ab- 
zuhalten. Er ließ zunächst einen schmalen Streifen 
Wald mit dem Ufergebüsch am Strande stehen, 
um den Fliegen noch Unterkunft zu gewähren, 
  
und schlug dahinter einen Waldstreifen von 50 m 
nieder, verbrannte das Holz nach dem Trocknen 
und erst dann wurde der schmale die Fliegen 
beherbergende Streifen niedergeschlagen. Ein in 
ähnlicher Weise am Tanganikasee ausgeführter 
Versuch soll das gewünschte Ergebnis nicht ge- 
habt haben. Es bleibt abzuwarten, ob die anders 
gearteten Verhältnisse am Viktoriasee (Nahrung 
der Fliegen an den am Ufer sich sonnenden Kro- 
kodilen) für ein solches Vorgehen günstiger sind. 
Auch über Ringelung von Bäumen an Stelle 
des Fällens hat Stabsarzt Dr. Kudicke Versuche 
gemacht. Später habe ich im Russissital und an 
der Karawanenstraße eine Menge solcher geringelter 
abgestorbener Bäume gesehen (Abb. 6). Das Ringeln 
bietet den Vorteil geringerer Arbeitsaufwendung 
gegenüber dem Fällen und außerdem noch den 
Gewinn, daß bei geringelten Bäumen nicht wie bei 
gefällten aus dem Wurzelstocke neue Schößlinge 
aufsprießen, welche, wenn sie nicht wieder ent- 
fernt werden, bald ein dichtes für die Palpalis 
günstiges Buschwerk bilden. 
Radikale Abholzungen oder gar Rodungen 
verursachen sehr viel größere Aufwendungen von 
Arbeitskräften als das Niederschlagen und Ver- 
breunen des Niederholzes unter Schonung der 
größten Bäume. Do aber die Erfolge am Mori- 
fluß zeigen, daß die Glossina palpalis auch mit 
dem weniger eingreifenden Vorgehen vertrieben 
werden kann, scheint es mir vertretbar, in solchen 
Gegenden, in welchen es sich noch nicht um einen 
Krankheitsherd, sondern nur um prophylaktische 
Maßnahmen handelt, wie auf der Insel Kome, 
im allgemeinen sich auf das Niederschlagen und 
Verbrennen des Niederholzes zu beschränken. Ja 
es scheint mir wahrscheinlich, daß bei diesem 
letzteren Vorgehen, da an örtlicher Ausdehnung 
ein Mehrfaches in gleicher Zeit und mit der gleichen 
Arbeitsaufwendung bewältigt werden kann, die 
Glossina palpalis mehr geschädigt wird, als bei 
dem langsameren Roden, zumal ihr ein Aus- 
weichen nach den Seiten hin weniger leicht mög- 
lich sein wird. Ich gebe dabei zu, daß dann 
eine häufigere Kontrolle und spätere gründlichere 
Nachhilfe an einzelnen Punkten, an denen Palpalis 
sich wieder vorfindet, notwendig sein werden, aber 
dies wird auch bei gründlichster Arbeit nicht ganz 
entbehrt werden können, und diese Nacharbeiten 
werden voraussichtlich nicht den erheblichen Ge- 
winn an Zeit und Arbeit beim ersten Abholzen 
und den durch Erhaltung von Nutzholz erreichten 
Gewinn aufswiegen. 
Eine ständige Beaufsichtigung der Glossinen- 
gegenden durch Arzte, welche auf ihren Reisen 
von Fliegenfängern begleitet sind, scheint mir für 
die Zukunft überhaupt einer der wichtigsten Punkte 
zur Bekämpfung der Schlafkrankheit am Viktoria-
	        
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