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Von Interesse war noch der Besuch der Insel
Bumbide. Hier und auf der südlich sich an-
schließenden Insel Jroba waren vor etwa drei
Jahren insgesamt 18 Schlafkranke gefunden
worden. Da auf der Insel ungefähr 2000 Ein-
geborene wohnen, welche zum großen Teil das
von der Schlafkrankheit besonders gefährdete
Fischerhandwerk betreiben, mußte eine Vertilgung
der zahlreichen Fliegen auf dieser Insel von
Wichtigkeit sein. Der intelligente und tatkräftige
Akide der Insel hat die früher zum Teil dicht-
bewaldete Insel mit einem Kostenaufwand von
3000 Rupie mit seinen Lenten abgeholzt, so
daß sie jetzt einen ganz kahlen Eindruck macht.
Glossinen wurden zur Zeit meiner Anwesenheit
nicht mehr gefunden. Schlafkrankheit ist in den
letzten Jahren auf der Insel nicht mehr vor-
gekommen, was zum Teil auch wohl auf die
durchgeführte strenge Bootskontrolle zurückzuführen
sein dürfte, wodurch eine Neueinschleppung aus
anderen verseuchten Gebieten vermieden wurde.
Die Schlafkrankheitsbekämpfung auf Bumbide
wurde von dem Stationsarzt von Bukoba (Stabs-
arzt Dr. Grothussen) beaufsichtigt. Eine von
Bumbide nur durch einen schmalen Kanal ge-
trennte, nördlich vorgelagerte, stark bewaldete un-
bewohnte Insel, auf welcher Glossina palpalis
noch vorkommt — wir selbst fanden bei unserer
Anwesenheit keine — soll in nächster Zeit saniert
werden. Abbildung 5 zeigt die vom Boot aus
aufgenommene dichte Bewaldung dieser Insel, im
Vordergrund im Wasser stehenden Schilf, links
einen Ambatsch-Busch, in welchem sich Glossina
palpalis mit Vorliebe aufhält.
Auch auf Bumbide ist viel radikaler abgeholzt
worden als am Morifluß. Hier scheint mir aber
das gründliche Vorgehen wegen der erheblichen
Gefahr der Bildung eines neuen Schlafkrankheits-
herdes gerechtfertigt. Außerdem kommt auf Bum-
bide noch hinzu, daß die Abholzungen ohne
ständige Beaufsichtigung durch einen Europäer
ausgeführt worden sind. Wo aber die Ein-
geborenen die Abholzungen selbständig vornehmen,
wird es kaum möglich sein, schonend zu ver-
fahren, ohne den ganzen Erfolg in Frage zu
stellen.
Gegenüber der Insel Bumbide besuchte ich
auf dem Festland eine Stelle, welche gerade ab-
geholzt wurde und an welcher wir auch einige
Palpales fanden. Stabsarzt Dr. Kudicke machte
hier einen Versuch, die am Waldsaum des Ufers
befindlichen Fliegen durch eine besondere Art der
Abholzung vom Zurückfliegen nach dem rückwärts-
gelegenen, nicht abgeholzten Teil des Waldes ab-
zuhalten. Er ließ zunächst einen schmalen Streifen
Wald mit dem Ufergebüsch am Strande stehen,
um den Fliegen noch Unterkunft zu gewähren,
und schlug dahinter einen Waldstreifen von 50 m
nieder, verbrannte das Holz nach dem Trocknen
und erst dann wurde der schmale die Fliegen
beherbergende Streifen niedergeschlagen. Ein in
ähnlicher Weise am Tanganikasee ausgeführter
Versuch soll das gewünschte Ergebnis nicht ge-
habt haben. Es bleibt abzuwarten, ob die anders
gearteten Verhältnisse am Viktoriasee (Nahrung
der Fliegen an den am Ufer sich sonnenden Kro-
kodilen) für ein solches Vorgehen günstiger sind.
Auch über Ringelung von Bäumen an Stelle
des Fällens hat Stabsarzt Dr. Kudicke Versuche
gemacht. Später habe ich im Russissital und an
der Karawanenstraße eine Menge solcher geringelter
abgestorbener Bäume gesehen (Abb. 6). Das Ringeln
bietet den Vorteil geringerer Arbeitsaufwendung
gegenüber dem Fällen und außerdem noch den
Gewinn, daß bei geringelten Bäumen nicht wie bei
gefällten aus dem Wurzelstocke neue Schößlinge
aufsprießen, welche, wenn sie nicht wieder ent-
fernt werden, bald ein dichtes für die Palpalis
günstiges Buschwerk bilden.
Radikale Abholzungen oder gar Rodungen
verursachen sehr viel größere Aufwendungen von
Arbeitskräften als das Niederschlagen und Ver-
breunen des Niederholzes unter Schonung der
größten Bäume. Do aber die Erfolge am Mori-
fluß zeigen, daß die Glossina palpalis auch mit
dem weniger eingreifenden Vorgehen vertrieben
werden kann, scheint es mir vertretbar, in solchen
Gegenden, in welchen es sich noch nicht um einen
Krankheitsherd, sondern nur um prophylaktische
Maßnahmen handelt, wie auf der Insel Kome,
im allgemeinen sich auf das Niederschlagen und
Verbrennen des Niederholzes zu beschränken. Ja
es scheint mir wahrscheinlich, daß bei diesem
letzteren Vorgehen, da an örtlicher Ausdehnung
ein Mehrfaches in gleicher Zeit und mit der gleichen
Arbeitsaufwendung bewältigt werden kann, die
Glossina palpalis mehr geschädigt wird, als bei
dem langsameren Roden, zumal ihr ein Aus-
weichen nach den Seiten hin weniger leicht mög-
lich sein wird. Ich gebe dabei zu, daß dann
eine häufigere Kontrolle und spätere gründlichere
Nachhilfe an einzelnen Punkten, an denen Palpalis
sich wieder vorfindet, notwendig sein werden, aber
dies wird auch bei gründlichster Arbeit nicht ganz
entbehrt werden können, und diese Nacharbeiten
werden voraussichtlich nicht den erheblichen Ge-
winn an Zeit und Arbeit beim ersten Abholzen
und den durch Erhaltung von Nutzholz erreichten
Gewinn aufswiegen.
Eine ständige Beaufsichtigung der Glossinen-
gegenden durch Arzte, welche auf ihren Reisen
von Fliegenfängern begleitet sind, scheint mir für
die Zukunft überhaupt einer der wichtigsten Punkte
zur Bekämpfung der Schlafkrankheit am Viktoria-