442
gleiche Ergebnis gehabt. Die Straße dürfte daher
inzwischen wieder dem Verkehr freigegeben sein.
Einige der gerodeten Flußtäler hatten die Ein-
geborenen unter Kultur genommen, das sicherste
Mittel, um die Glossinen dauernd fern zu halten.
An anderen Ubergängen war die Vegetation schon
üppig nachgewachsen, so daß die Fliegen ihre
Daseinsbedingungen wieder gehabt hätten; trotz-
dem konnten Fliegen nicht gefunden werden.
Abbildung 6 stellt einen solchen alten Fliegenherd
dar, an welchem trotz Nachwachsens der Vege-
tation sich Fliegen nicht wieder eingestellt hatten.
Erst in dem Lager von Uramata, zwei kleine
Tagereisen vom Tanganikasee entfernt, brachten
uns die Fliegenfänger drei Palpales an, welche
sie am Russissi gefangen hatten. Der Weg nach
dem Fangplatz führte uns nach einer von der
Usumburastraße mindestens einen Kilometer ent-
fernten Fähre über den Russissi. Hier am Fähr-
boot sitzend hatten die Fliegenfänger die Glossinen
gefangen und wir bemerkten sofort noch eine
Anzahl anderer Glossinen um das Boot her-
umschwärmen. Auch am jenseitigen belgischen
Ufer fanden sich am Landungsplatz Glossinen,
einer konnten wir habhaft werden, es war eine
Palpalis. Auf dem Wege zur Fährstelle, der
durch nicht abgeschlagenen Schilfbestand am Ufer
des Russissi entlang führte, hatten wir Fliegen
nicht finden können. Am deutschen Ufer war in
der Nähe der Fährstelle ein aus wenigen Hütten
bestehendes Dorf, in welchem die Fährleute
wohnten. Wir untersuchten die wenigen an-
wesenden Personen und fanden bei einem das
Boot bedienenden Manne und bei einer Frau
geschwollene Nackendrüsen; zugleich erfuhren wir,
daß der eigentliche Fährmann seit einiger Zeit
in das Schlafkrankenlager von Usumbura auf-
genommen sei; dort konnten wir ihn später aus-
findig machen, er hatte eine Atorylkur nahezu
beendigt und war bei gutem Wohlbefinden. Wir
hatten also einen kleinen Herd von Schlafkrankheit
aufgefunden, der nicht ohne Bedeutung war, da
bei dem Fährverkehr die Gefahr besteht, daß
zahlreiche die Fähre passierende Personen ange-
steckt werden. Stabsarzt Penschke wollte durch
Verlegung der Fähre an eine glossinenfreie
Stelle und durch Aufnahme der Kranken in das
Schlafkrankenlager Abhilfe schaffen.
Am unteren Russissi, besonders zwischen den
ebenflüssen Kutschunkusi und Kutamguru,
finden sich sehr große Schilfbestände, welche, als
zu ausgedehnt, bei den gemeinsamen belgisch-
deutschen Sanierungsarbeiten von der Abholzung
ausgenommen und gesperrt werden sollen. Es
scheint mir doch für später notwendig und er-
reichbar, sie umzulegen. Das Schilf ist mit Busch-
messern von Eingeborenen so leicht niederzulegen,
daß sehr große Flächen in verhältnismäßig kurzer
Zeit bewältigt werden können. Das Schilf wächst
zwar rasch wieder, indem aus dem Wurzelstock
eines dicken Rohres etwa sechs dünnere Rohre
nachwachsen. Am Tanganikasee hat man aber
die Erfahrung gemacht, daß das Schilf, wenn der
Nachwuchs noch zweimal abgeschlagen wird, ehe
es zur Blüte und Samenbildung kommt, über-
haupt keine Rohre mehr treibt, sondern nur noch
als Schilfgras nachwächst, welches den Glossinen
keinen genügenden Schutz mehr gewährt. Ich
habe große Schilfgrasbestände, welche durch
Degeneration von mehrfach geschnittenem Schilf-
rohr entstanden sind, am Tanganikasee gesehen.
Die großen Schilfbestände am Russissi bilden an
sich keine erhebliche Gefahr, weil Menschen darin
nur wenig verkehren, immerhin zeigt das oben
geschilderte Beispiel, daß sich auch gefährliche
Herde darin verbergen können. Die Glossina
palpalis ist in den Schilfwäldern nicht gleichmäßig
verbreitet, sondern sie findet sich offenbar nur da,
wo sie ihr Nahrungsbedürfnis regelmäßig be-
friedigen kann. Stabsarzt Taute erzählte, daß
er in einem Schilfwalde am Russissi von einem
Schwarm von Palpales belästigt worden, daß dieser
aber sofort verschwunden sei, als er sich einer
Elephantenherde näherte, deren Wechsel er gefolgt
war. Er glaubt, daß hier die Elephanten die
regelmäßigen Blutspender der Palpalis waren.
Im ganzen scheint mir, wenn der deutsch-
belgische Sanierungsplan durchgeführt ist, die
Gefahr der weiteren Ausbreitung der Schlaf-
krankheit für die Bevölkerung im Russissital in
der Hauptsache abgewendet zu sein. Um Sicher-
heit zu erhalten, wird noch eine Reihe von
Jahren kontrolliert und nachgearbeitet werden
müssen.
Am Tanganikasee bestehen zur Zeit nur zwei
geschlossene Schlafkrankenlager in Usumbura
und Udjidji, welche Schlafkranke aufnehmen und
verpflegen und auch Isolierräume für Tobsüchtige
haben; an allen übrigen Orten, die aus früherer
Zeit noch den Namen Schlafkrankenlager beibe-
halten haben, werden Schlafkranke nur noch
ambulant behandelt; die anfangs versuchte allge-
meine Lagerbehandlung der Schlafkranken ist einem
unüberwindlichen Widerstand der Bevölkerung be-
gegnet. Werden Schlafkranke von den Einge-
borenen gebracht, dann werden sie von den nörd-
lichen Lagern nach Usumbura, von den südlichen
nach Udjidji übergeführt. Außer der ambulanten
Behandlung Kranker bilden die Sanierungs-
arbeiten eine Hauptaufgabe der Schlafkranken-
lager.
Von Usumbura aus besuchte ich den zwei bis
drei Stunden nordöstlich gelegenen Mtara-Wald,
den die Straße nach Kigali schneidet. Es ist