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schnitten, der ein besonders weiches Mark hat,
ähnlich wie unser Hollunder. Das Mark wird
herausgestoßen und die Feder hineingesteckt.
Mit reicher Beute ziehen dann die Betschuanen
nach mehrmonatigem Aufenthalt über Lewis-
fontein nach dem Ngamiland zurück, und wir
bekommen später über Rietfontein N und Go-
babis die Trophäen nach Windhuk, wo sie im
Store verkauft werden. So haben wir doch
wenigstens auch etwas von unserem Kaukau-Veld.
(Im Jahre 1908, wo übrigens nach Streitwolf
für das ganze Jahr die Jagd im Beschuanenland
gesperrt war, sind tatsächlich mehrere Ochsenwagen
voll Gehörne, die alle vom Ngami-See kamen,
über Rietsontein nach Gobabis geliefert worden.)
Leider sind wir um vier Wochen zu spät ge-
kommen, sonst hätten wir die schwarze Jagd-
gesellschaft, die aus 8 bis 10 Köpfen bestanden
haben mag, noch gefaßt.
Die Buschleute scheinen aber gut Freund mit
den Betschuanen zu sein. Als ich einen Busch-
mann fragte, ob es ihnen denn nicht unangenehm
sei, daß die Betschnanen jährlich so viel Wild
abschießen, sagte er: „Ja, wir bekommen aber
Präsent!“
Ich bin der festen Uberzeugung, daß das
Gewehr von dem Kapitän Garu auch von den
Betschuanen stammt, und daß diese ihm auch
regelmäßig für Jagdzwecke Munition verkaufen.
Interessant ist noch, daß bislang bei Garu 18
bis 20 Herero mit einigen Gewehren ohne Patronen
gesessen haben. So lange wie das Wasser in der
Gegend von Gam reichte, haben sie dort versteckt
im Busch gelebt. Schließlich aber mußten sie aus
Wassermangel einen Platzwechsel vornehmen und
zogen nach Garn. Mit den zurückkehrenden
Betschuanen sind sie dann über die Grenze ge-
gangen. Ich habe mir die verlassenen Werften
angesehen und glaube, daß die Angaben der
Buschleute stimmen. Aber größere Mengen von
Hereros sind im nördlichen Sandfeld wohl nicht
mehr vorhanden.
Im allgemeinen lautet mein Urteil über die
Buschleute des Kaukau-Veldes günstig.
Diese harmlosen Naturkinder waren stets
freundlich und hilfsbereit. Niemals wurden sie
aufdringlich, niemals ist ein Diebstahl vorge-
kommen. Im Gegenteil: verlorengegangene
Sachen suchten sie wieder und fanden sie auch
stets, was man bei anderen Eingeborenen wohl
nicht immer behaupten kann, wenn es sich um
wertvolle Gegenstände handelt. Auch Diebstahl
im Stamme scheint es nicht zu geben. Man
hütet sich peinlich, Gegenstände, die abwesenden
Stammesgenossen gehörten, zu veräußern. Selbst
der Kapitän wagte das nicht. Uberhaupt scheint
der Kapitän nur geringe Macht zu besiten.
Als Führer haben sie sich außerordentlich be-
währt. Den einmal übernommenen Auftrag
führten sie zur vollsten Zufriedenheit aus. Nur
wenn sie zu einem guten Wildstand führen sollten,
nahmen sie es mit der Wahrheit nicht immer so
genau. Das kommt aber auch bei Weißen vor.
Besonders freundlich und vergnügt waren die
Leute von Karakuwisa.
Passarge behauptet, daß das Lachen der
Buschmänner besonders merkwürdig sei. „Ohne
Zweifel“, sagt er, „kann der Buschmann auch mit
breitgezogenem Maul grinsen, wie es der Kaffer
tut; am häufigsten lacht der Buschmann aber
lautlos, verschämt, mit zugespitztem, nach vorn
zusammengezogenem Mund.“
Dies mag der Fall sein, wenn er sich be-
obachtet fühlt oder die Nähe des Fremden ihn
bedrückt.
In Karakuwisa habe ich das Gegenteil er-
fahren. Bald, nachdem das Lager aufgeschlagen
war, ertönte lautes Geschrei und Lachen von
einem großen Baum her. Hier saßen die „un-
glücklichen Kinder des Augenblicks“ und verjeuten
in ihrem Leichtsinn alles, was sie kurz vorher an
Tabak und sonstigen Gegenständen durch kleine
Arbeitsleistungen verdient hatten. Eine Ver-
gnügtheit herrschte hier, die an Tollheit grenzte.
Das Lachen klang so herzerfrischend, daß man
unwillkürlich mitlachen mußte. Lange habe ich
diesem fröhlichen Treiben zugesehen. Die Leute
lachten aus vollem Halse und waren vergnügt
wie andere Menschen. Es ist mir nichts be-
sonderes dabei ausgefallen.
Nicht so zutraulich waren zunächst die Leute
im Innern. Da wir ihnen aber freundlich ent-
gegenkamen, war bald das Mißtrauen geschwunden,
sie waren aber ebenso freundlich und bereitwillig
wie alle anderen. -
Ich bin weit entfernt, den Buschmann für
einen vollkommen harmlosen Menschen zu halten.
Wenn man ihm nichts zuleide tut, ist er harmlos.
Wenn er in seinem idyllischen Vagabundenleben
sein Auskommen findet, hält er Ruhe und Frieden.
Doch schmälert man ihn in seinem Besitztum,
findet er nicht mehr seinen Lebensunterhalt in
Wald und Flur, kann er nicht mehr dem Wild
nachspüren, dann wird er sich gegen die Kultur-
tröger auflehnen. Da er aber einen zielbewußten
Widerstand nicht leisten kann, wird er zum
Anarchisten, Raub und Mord sind dann sein
Handwerk.
Auf einem Farmertag in Grootfontein
wurde der Antrag eingebracht, rechts des großen
Omuramba ein großes Buschmannsreservat
zu schaffen und alle Buschleute, welche nicht
arbeiten wollen, nötigenfalls mit Gewalt dorthin
zu bringen.