Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIII. Jahrgang, 1912. (23)

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Kolonialwirtschaftliche OMittellungen. 
Die Viehzucht im Lamidat Ugaundere (Kamerun). 
Vom Landwirtschaftlichen Sachverstndigen in Garna, 
Dr. Wolff. 
(Mit vier Abbildungen.) 
1. Pferdezucht. 
Der im Lamidat Ngaundere vorhandene Pferde- 
bestand ist zahlenmäßig bieher nicht fesigefiellt. Bei 
dem noch bei meiner Ankunft währenden Fest der 
Mohammedaner, gelegentlich dessen der Lamido eine Art 
Parade über seine Leute abhält, ist alles in Ngaundere 
vereinigt, was irgend wie in Betracht kommt und vor 
allen Dingen, was über Pferde verfügt. Ich mußte 
mich auf meiner Reise nach Ngaundere selbst davon 
überzeugen, da aus allen von mir berührten Dörfern 
die vom Lamido eingesetzten Häuptlinge, welche im 
Besitze eines Pferdes oder auch ohne solche sind, mit 
ihrem gangen Anhange als in Ngaundere zum gFest ab- 
wesend gemeldet wurden, und nur eine aus alten 
Sklaven bestehende Bewachung zurückgeblieben war. 
Die bei dem Aufzuge vorhandene Pferdegahl entspricht 
also dem wirklich vorhandenen Bestande. Die von 
dem Postenführer bei dieser Gelegenheit vorgenommene 
Schätzung von etwa 3000 Pferden müßte daher ein 
annäherndes Bild von der Pferdezahl geben. 
Von dieser Summe sind nun Eigentum des Lamidos 
nach seiner eigenen Angabe ö88 Stück. Von diesen ist 
seinem eigenen Gebrauch eine bestimmte Zahl reser- 
viert; ein Teil dient für Boten= und Leibwachdienste, 
550 Stück sind seinen Großen als Geschenke überwiesen. 
Diese bleiben aber Eigentum des Lamido und sind 
dabher unveräußerbar, während alle anderen Pferde 
Gegenstand des Handels sein können und daher nach 
Angabe auch nicht zahlenmäßig feststehen. 
Die Lnalität des mir zu Gesicht gekommenen 
Pferdematerials, welches wohl hauptsächlich zu der 
oben begrenzten Summe gehört, ist durchweg recht gut. 
Es besteht aber fast ausschließlich aus Oengsten. Der 
große Rest ist nicht gleich guter Beschaffenheit, ich habe 
unter den mir am 7. Degember, als noch geritten vor- 
geführten Tieren, Pferde gesehen, welche intsolge von 
Gebrechen als Krüppel zu bezeichnen waren. 
Die Angahl der Stuten unter diesem Reste ist nur 
gering und Aufgzucht wird nur verein zelt geubt. Das 
Wenige geschieht mit so geringer Aufmerksamkeit, daß 
der Abgang durch Todesfälle groß ist. 
Der Grund für dieses geringe Interesse an der 
Zucht liegt darin, daß der Fulbe Ngaunderes die 
Pferdezucht nicht für eine ihm entsprechende vornehme 
Beschäftigung ansieht. Und zwar begründeten die von 
mir befragten Groszen des Lamidos diesen Standpunkt 
damit, daß der Lamido von Ngaundere stets genügend 
Sklaven besessen hätte, um dafür Pferde von der zucht 
obliegenden nördlicheren Fulbe-Reichen kaufen zu können. 
Ein Standpunkt, der wohl verständlich ist, wenn man 
berücksichtigt, daß Ngaundere den Sklavenreservoiren 
der Baias, der Wutes usw. am nächsten und ihm daher 
mehr als jedem anderen Lamidat die Möglichkeit zum 
Sklavenfang geboten war. Es besteht aber kein Zweifel, 
daß, insbesondere bei energischer Anregung, auch die 
Pferdezucht in größerem Umfange eingeführt werden 
könnte, zumal die frübere Einnahmequelle aus dem 
Sklavenfang jetzt versiegt ist. 
Pferdekrankheiten scheinen nicht übermäßig vor- 
zukommen. Das mir an solchen vorgeführte Material 
  
entspricht in bezug auf Ausdehnung dem normalen 
Zustande. Es wurde auch von den Eingeborenen zu- 
gegeben, daß es größtenteile dem Mangel an Pflege 
zuzuschreiben ist, wenn besonders von der Aufzucht ein 
großer Prozentsatz eingeht. · 
Was nun die Boden= und klimatischen Ver- 
bhältnisse betrifft, so kann ich darüber folgendes be- 
richten: 
Der größte Teil des Ngaundere-Hochplateaus, 
soweit es hier in Frage kommt, ist basaltischen Ur- 
sprungs, wie sich in der Nähe Ngaunderes, dann aber 
auch auf dem Wege nach Gadji an den Einschnitten 
der Bachtäler feststellen ließ. Die auf diesem verhält- 
nismäßig ebenen Plateau — wenn man von den durch 
die Flüsse geschaffenen Eroionen absieht — aussetzenden 
Höhen, die zum Teil, wie das Ngan Mbum, eine be- 
trächtliche Höhe erreichen, sind größtenteils granitische. 
durch Eruptionen geschaffene Kuppen. Der Boden des 
Plateaus ist verschieden stark lateritisierter Basaltboden. 
wechselnd zwischen hellroten Lehmböden bis zu den 
typischsten Roterden, die stellenweise unterbrochen 
werden von begrenzten Lagerstätten schlackiger Laterit- 
konkretionen, die vegetationslos sind oder nur von 
einer geringen Decke anspruchsloser Gräser dem Auge 
entzogen sind. Doch ist dieses nur ein geringer 
Prozentsatz. 
Die Bedingungen für eine gute Bodenbeschaffenheit 
sind also gegeben. Wie sich aus den stellenweise noch 
nicht gebrannten Grasflächen feststellen ließ, ist der 
Graswuchs, dessen Zusammensetzung eine gute Weide- 
beschaffenheit garantieren soll, im allgemeinen sehr gut; 
und die größtenteils sehr guten Farmen der am Wege 
nach Gadsi liegenden Dörfer ließen ebenfalls keinen 
Zweifel aufkommen, daß wir es hier mit einem ertrag- 
fähigen Boden zu tun haben. 
lÜber das Klima dieses Landes liegen längere 
systematische Beobachtungen noch nicht vor. Innerhalb 
der kurgen Zeit meines Aufenthalts aber solche anzu- 
steilen, konnte keinen Wert haben. Die allgemeine 
Kenntnis des Klimas, wie sie von den verschiedenen 
Reisenden und dienstlich hier beschäftigten Personen 
übermittelt wird, meine persönlichen Eindrücke, und 
vor allen Dingen die OJnalität der Farmprodukte als 
gemeinsame Produkte des Bodens und Klimas tun zur 
Genüge dar, daß wir es in diesem Lande nicht mit 
ungünstigen Klimaverhälmissen zu tun haben. Von 
besonderer Bedeutung ist, daß das Temperatur-Mari- 
mum ganz beträchtlich tiefer liegt ald in Mittel= und 
Nordadamaua. Diese Tatsache, gemeinsam mit dem 
günstigen Einfluß der kühlen Nächte, sind nicht germg 
zu veranschlagende Vorzüge des Gebietes, und man 
kann daher sagen, daß Ngaundere unter tropisch-- 
afrikauischen Verhältnissen für jede Art Biehzucht gan; 
besonders geeignet ist. 
Der NRrankheitsprozentsatz ist daher auch nicht 
sonderlich hoch. Das eigentliche Ngaundere- 
Hochplateau ist, wie weiter unten ausgeführt, 
tsetse-frei, und bei dem geringen Prozentsatz an 
richtigem Wald, wie man ihn vereinzelt in Bachtälern 
findet. ist eine Gefahr der Ausbreitung kaum zu fürchten. 
Ein Umstand, der bei der Frage der zukünftigen Auf- 
sorstung sehr berücksichtigt werden muß. 
Faszt man alle in Betracht kommenden Momente 
zusammen, so kam man sich der Einsicht nicht ver- 
schließen. daß das Hochplatean NRgaunderes für Pferde- 
zucht sehr günftige Vorbedingungen aufweist.
	        
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