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dort marschierte ich in zwei Tagen (früher vier)
auf der von uns gebauten Straße nach Buala,
wo ich am 26. Juni gleichzeitig mit Leutnant
Naumann eintraf.
Über den Wert des am 1. Juni 1913
übernommenen Gebietes läßt sich ein ab-
schließendes Urteil noch nicht fällen. Die Be-
völkerung ist weitaus kräftiger als die des übrigen
Bezirkes, wohl, weil sie nicht wie diese an Unter-
ernährung zu leiden hatte. Sie scheint verhältnis-
mäßig zahlreich zu sein und wird, wenn sie be-
friedet ist, einen wertvollen wirtschaftlichen Faktor
für die Kolonie bedeuten. Daß sie sich — be-
sonders in ihrem östlichen Teile — ohne Zwang
sügen wird, glaube ich nicht.
Der Erzreichtum der Berge scheint bedeutend
zu sein. Eisenglanz und Roteisenstein fand ich
am Dun, bei Ssenge und Bukun, Kupfer muß
bei Janga sein, Zinnbrocken fand ich am Lia;
jedoch scheint — nach den Schmuckgegenständen
zu schließen — mehr im Ssimbal zu sein.
Jum Tode des Oberleutnants v. Boven.
Über den Tod des Oberleutnants v. Raven,
der vor einigen Tagen von Kamerun aus ge-
meldet wurde, ist ein vorläufiger telegraphischer
Bericht des Bezirksrichters Seger, der seinen
dienstlichen Wohnsitz in Nola hat, eingegangen.
Der Bericht ist am 13. Oktober aus der Gegend
zwischen Nguku und Nola abgesandt und offen-
bar mit einem Boten nach Njassi, dem End-
punkt der Telegraphenlinie (etwas über 200 km
in der Luftlinie gemessen), geschickt worden. Von
dort ist er drahtlich an das Gouvernement in
Buea gegangen und von diesem mit Kabel hier-
hergeschick worden. Er lautet folgendermaßen:
„Auf gegenseitige Anzeige französischer und
deutscher Faktoristen wegen Bedrohung der
Eingeborenen Ngukus marschierte ich dorthin,
wo ich am 10. eintraf. Ich traf dort den
Postenführer von Nola, Oberleutnant v. Raven,
der mit dem für Sosso bestimmten Sergeanten
Zota und 18 Mann herbeigeeilt war, weil
ein französischer Faktorist, der dort für die
Compagnie Forestière ansässig, brieflich mit-
geteilt hatte, sein Leben sei gefährdet. Die
Dörfer Ngukus bis auf das Hauptdorf waren
trotz der Versicherung, daß ein kriegerisches
Vorgehen ihrerseits nicht beabsichtigt sei, leer.
Die Eingeborenen, mit denen ich nur aus der
Entfernung verhandeln konnte, weil sie sonst
wegliefen, bestätigten die Anzeige wegen Be-
drohung, drohten aber mit Feindseligkeiten,
wenn der Postenführer und der Richter mehrere
Tage bleiben würden. Am 12. vormittags
wollte der Faktorist den ihm angeblich ge-
wogenen jungen Häuptling von Nguku als
Zeugen holen, um die Haltlosigkeit der An-
zeigen gegen ihn zu beweisen. Auf dem Wege
zum Hauptdorf schossen die Eingeborenen auf
ihn, mittags auf die Soldaten, die ihn zu der
im Dorf gelegenen Faktorei bringen sollten,
und verletzten Leute von ihm. v. Raven be-
schloß nun, das Hauptdorf räumen zu lassen.
Auf dem Wege dorthin ließen die Eingeborenen
einige Soldaten passieren und schossen dann
auf uns aus dem Busch. v. Raven erhielt
Lungenschuß rechts und war in wenigen Mi-
nuten tot, ich Pfeilschuß rechten Oberschenkel.
Räumung des Dorfes konnte unter diesen
Umständen nicht durchgeführt werden. Ein-
geborene zündeten darauf französische Haupt-
faktorei an und schossen nachts ins Lager.
Oberleutnant v. Raven starb etwa 2½ Uhr
nachmittags. Um seine Leiche nicht dort zu
lassen, sondern nach Nola zu bringen, mar-
schierten Zota, der „Faktorit und ich heute, den
13., nach Nola ab Seger.“
Über das frühere Verhalten des Häupk-
lings von Nguku gibt ein Bericht des ersten
Postenführers von Nola, Leutnants Tamm, der
kurze Zeit nach Übernahme des Postens Nola-
eine Dienstreise in seinem Postenbereich gemacht
hatte und hierbei auch in das Dorf Nguku ge-
kommen war, folgende Auskunft:
Während meine bisherige Dienstreise über Mo-
kelo — Bania —Beina Weyo— Doago ohne
Zwischenfälle verlaufen ist, bin ich hier in Nguku
wider alles Erwarten auf Schwierigkeiten gestoßen.
Die Abteilung wurde bei ihrer Ankunft kurz vor
dem Dorfe von dem Sohne Ndoe des Häupt-
lings Gabola empfangen. Meine Frage nach
seinem Vater wurde dahin beantwortet, daß dieser
mich nicht sehen wolle und deshalb in den Busch
gegangen sei. Ich ließ dem Häuptling sagen,
er solle zu mir kommen. Ich sei nicht gekommen,
um mit ihm zu fechten; er brauche also keine
Angst zu haben. Am Nachmittag kam plötzlich
Gabola unter Begleitung einer großen Menschen-
menge mit einem Speer bewaffnet in mein Palaver-
haus. Ich stellte ihm vor, daß alle Palaver, die
er mit den Franzosen gehabt hatte, beendet seien,
daß er seine Scheu vor dem Europäer verlieren
solle. Alle Häuptlinge des Bezirks hätten sich
in Nola gemeldet, nur er habe auf sich warten
lassen. Mit diesen Worten ging ich, ohne mir
auch nur das geringste zu denken, aus dem
Palaverhaus ins Freie. In der Ferne standen