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Durch die Krümmung konn die Lokomotive
weniger Last ziehen als über die gleich stark ge-
neigte gerade Strecke, um so weniger, je stärker
die Krümmung ist. Sie verursacht Mehrarbeit.
Daraus folgt: in gekrümmten Strecken dürfen
wir nicht ganz bis an die für die Gerade ge-
wählte maßgebende Neigung hinangehen, sondern
müssen, um an zulässiger Berkehrslast nichts zu
verlieren, etwas darunter bleiben; um so mehr, je
schärfer die Krümmung. Auf die sonstige Be-
deutung der Krümmungen komme ich später zurück.
Aus dem bisher Gesagten dürfen wir nun
nicht etwa den Schluß ziehen, daß die Linie der
tleinsten maßgebenden Neigung und der wenigsten
verlorenen Gefälle stets die beste sei. Die Be-
triebsvorteile, die diese Eigenschaften bieten, müssen
in der Regel durch den Betriebsnachteil der Mehr-
längen oder durch den Baunachteil der größeren
Erdaufschüttungen und Erdabtragungen erkauft
und können durch sie aufgewogen, ja übertroffen
werden. In weiteren Kreisen bekannt geworden
ist ein Beispiel von der Nordsüdbahn in Süd-
westafrika. Es kam in Frage, die Bahn ent-
weder von Windhuk aus über das Auasgebirge
stracks nach Süden zu führen oder aber sie schon
ungefähr bei Okasise an die vorhandene Bahn
Swakopmund—Windhuk anzusetzen und im weiten
Bogen östlich um die Onguati= und die Auas-
berge herum zu lenken. Die mehrere hundert
Meter betragenden verlorenen Gefälle, die auf
der kürzeren Linie in dem Abstieg vom Auas-
paß bis Okahandja lagen, wären fast ganz
vermieden und die maßgebende Neigung ver-
mindert worden. Aber der Durchgangsverkehr
hätte einen so großen Umweg erhalten, daß kein
Betriebsvorteil blieb. Ein anderes Beispiel: eine
bestimmte Abflachung der maßgebenden Neigung
möge die Beförderung jeder Wagenladung über
die Linie um 1 verbilligen und im Bau
100 000 . kosten. Ich werde die 100 000.##
nur aufwenden, wenn mir die Verbilligung des
Betriebs wenigstens die Zinsen deckt, d. h. •t5
lich wenigstens 4000 .K ausmacht. Das ist
Fall, wenn wenigstens jährlich 4000 ugerr
ladungen über die Strecke rollen. Ich muß bei
der Wahl der maßgebenden Neigung und ebenso
bei der Entscheldung über ein verlorenes Gefälle
die Größe des voraussichtlichen Berkehrs mit in
Rechnung ziehen. Wir erinnern uns: je geringer
die Ausnutzung, desto bescheidener die Anlagel
Daraus erhellt auch, daß wir auf den küsten-
nahen Abschnitten unserer Kolonialbahnen, wo,
wie wir sahen, die stärkste Berkehrsbelastung zu
erwarten ist, mehr für die Abslachung der mäß-
gebenden Neigung tun dürfen und mrüssen als
weiter im Innern. Liegt hier voch weni
für die Einfuhrrichtung ohnebtn die Sache meist
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ungünstig, weil das Land vielfach nach dem
Innern steil ansteigt. Die Lüderitzbahn z. B.
muß von Lüderitz4bucht aus auf etwas kürzere
Entfernung als von: Hamburg bis Han-
nover die Höhe der Schneekoppe erklimmen.
Ferner: die maßgebende Neigung der einen Rich-
tung bedingt noch nicht die gleiche maßgebende
Neigung für die andere. Ist in der einen Rich-
tung der Verkehr größer als in der andern, so
ist in der stärker belasteten die Flachheit der
Linie nötiger als in der entgegengesetzten.
Noch einige Worte über die Krümmungen.
Wir sagten schon, daß sie der Lokomotive Mehr-
arbeit verursachen. Sie nutzen auch sowohl das
Gleis wie die Fahrzeuge stärker ab, verlangen
vorsichtigeres, langsameres Fahren, alles um so
mehr, je schärfer sie find. Von der engsten zu-
gelassenen Krümmung hängt die Bauart der
Fahrzeuge ab. Sie ist für die meterspurigen
Kolonialbahnen auf 100 m Halbmesser festgesetzt.
Man wendet sie in Bahnhöfen an, wo ohnedies
langsam gefahren wird, namentlich in Weichen.
Auf der freien Strecke sucht man möglichst größere
Halbmesser, von 250 m an aufwärts, einzuhalten.
Natürlich: je schwieriger das Gelände, um so eher
müstsen wir scharfe Krümmungen. mit in Kauf
nehmen. Während wir aber bei den Neigungen
sehen, daß wir eine an einer Stelle einmal nötig
gewordene Steilheit unbedenklich an anderer
Stelle wieder wählen dürfen, gibt uns die scharfe
Krümmung an einer Stelle nicht das Recht zur
Wahl desselben kleinen Halbmessers an anderer
Stelle: jede Krümmung bringt sich unabhängig
von den andern zur Geltung, jede greift für sich
#' und Fahrzeug an.
Das find die Rücksichten und Erwägungen,
die dem Leitenden auftauchen, wenn er die Be-
dingungen für die Bersuchslinien feststellen will.
Wir erinnern uns, daß Baukosten und Verkehrs-
größen in sie hineinspielen. Über beides muß
der Leitende also bei seinen Erkundungsreifen
auch einen ersten ungefähren Überblick zu be-
kommen suchen und sich somit über Arbeitskräfte
und Arbeitslöhne, über Vorkommen nantelic
Baustoffe wie Holz, Sand, Kies
steine, über die wirsschaftlichen Wasas n und
Aussichten des Gebietes usw. usw. unte
Hängen doch die Baukosten auch vielfach un-
mittelbar vom Vertehr ab: je nach der Ein-
schöung seiner Größe und Art wählt man vl. B.
die Schwere des Gleises, Zahl und Ausstattung
der Stationen, Menge und Bauweise der Fohr-
zeuge. Eine Sache, die dem Eisenbahner hier-
zulande viel Kopfzerbrechen machen und viel
Rücksicht bei der Linienfährung abnötigen konn,
der Grunderwerb emtbehm drüben noch so gni
wie jeder Bedeutung.