Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

noch immer mit einem Drittel dieser Menge be- 
gnügen. In Südwestafrika war die Hauptmasse 
der farbigen Arbeiter landfremd. Der Bedarf 
richtet sich unter anderem nach der Verpflegungs- 
möglichkeit; finden sich für die Leute genügende 
Lebensmittel in dem Arbeitsgebiet selbst, sor kann 
man die Arbeitsschächte weiter über die Gleis- 
spitze hinaus in das Innere vorschieben und dem- 
gemäß eine längere Strecke auf einmal in Angriff 
nehmen und mehr Arbeiter dabei beschäftigen, als 
wenn, wie z. B. in Südwestafrika, der Unterhalt 
jast ganz über See eingeführt und an die Bau- 
spite vorgebracht werden muß. Auch gesund- 
beitlich verdient es den Vorzug, wenn die Leute 
ihre gewohnte Nahrung weiterbekommen können. 
Der Bauleitende wird also den Anbau von 
Nahrungsmitteln an der Linie in jeder Weise zu 
füördern suchen. Daß für gute Unterkunft zu 
sorgen ist, die Gesundheitspflege große Beachtung 
sordert, die angemessene Behandlung der Leute 
überwacht werden muß, ist selbstverständlich. Zu 
alledem tritt noch die Rücksicht, daß den euro- 
baischen Erwerbsunternehmungen im Lande die 
Akbeitskröfte nicht entzogen noch verteuert werden 
sollen. Die Anstelligkeit der Leute ist recht ver- 
schieden. Im großen Durchschnitt schätzt man 
ihre Tagesleistung auf ein Drittel bis ein Viertel 
lener eines heimischen Arbeiters. · 
Handwerker und Aufseher find noch großen- 
teils Weiße mit farbigen Gehilfen. 
Hler und da, namentlich natürlich in den für 
dauernde Anfiedlung Weißer geeigneten Gegenden, 
det man auch schon einen kleinen Stand von 
nternehmern, denen man diesen oder jenen 
Einzelban, einen Abschnitt Erdarbeiten oder der- 
gleichen agen lann. Sie nach Möglichkeit 
heranzuziehen, ist natürliche Pflicht und Sorge 
der Bauflrma. In Nigerien soll es sich bewährt 
haben, daß man gewisse Arbeiten, besonders die 
Erdarbeiten, den Bezirksverwaltungen übertrug. 
In Südwestafrika hat man mit gutem Erfolge 
die Schutztruppe beteiligt. 
Der Bauvorgang geht nun folgendermaßen 
vor sich. Das Gelände wird mit größerer Ge- 
nauigkeit als im Vorentwurf noch einmal auf- 
tenommen, die Linie in allen Einzelheiten ent- 
worsen und abgesteckt, die Einzelpläne für die 
Vauwerte des Unterbaus, wenigstens für die 
einstwelligen, aufgestellt. — Wir unterscheiden 
Unterbau vom Oberbau des Bahnkörpers; 
zum Oberbau gehört das Gleis mit der Bettung, 
da Unterbau alles andere, der Erdkörper, die 
6 Oläffe, die Brücken. — Steht ein angemessener 
wrretnahschnt derart im ausführlichen Entwurf 
vor iegt die Bauerlaubnis der Grundeigem#ümer 
, find inzwischen die nötigen Magazine und 
Vanwertftatten angelegt und die Arbeiter ein- 
  
1 
getroffen, so können die Bauarbeiten beginnen, 
zuerst das Roden und Säubern der Strecke, 
dann die Erdarbeiten und die Bauwerke. Auch 
im günstigsten Falle wird man einen großen Teil 
der Baubedarfssachen von hinten nach vorn vor- 
schieben müssen. Leistungsfähige Wege und 
Straßenfuhrwerke sehlen in der Regel. Man muß 
also das eigene Bollgleis so früh und so weit 
wie möglich vorbringen und, wo es noch nicht 
hindringen kann, mit leichtem Arbeitsgleis einst- 
weilen helfen. Aufenthalt erleidet das Vollgleis 
am ehesten durch die Bauwerke des Unterbaus, 
die Durchlässe und Brücken. Wo hier einstweilige 
Behelfsbauten einzufügen, wo von vornherein die 
endgültigen Werke zu errichten sind, entscheidet 
der Arbeitsplan. Man soll mit Behelfsbauten 
nicht zu sparsam sein. Denn für die größeren 
endgültigen Bauwerke fehlen häufsig noch die 
nötigen Vorerhebungen über die Wasserführung 
der Flußläufe. Zwar werden möglichst schon 
gelegentlich der allgemeinen, spätestens aber ge- 
legentlich der ausführlichen Vorarbeiten regel- 
mäßige Messungen und Beobachtungen des Wasser- 
standes und der Niederschläge angeordnet sein. 
Aber die kurze Zeit dieser Feststellungen gibt oft 
noch keine genügende Unterlage für die Bemefsung 
der Durchflußweiten. Die Regenzeiten richten an 
dem unfertigen Bahnkörper Schaden genug an, 
das ist unabwendbar; die fertige Bahn aber 
muß das Wasser sicher und unschädlich abführen. 
Es kann nichts schaden, wenn mit Behelfsbauten 
erst einmal die Probe aufs Exempel gemacht wird. 
Die mit ihnen gewonnenen Erfahrungen kommen 
den zahlte Bauwerken zustatten. » 
Mit Erdarbeiten hält nach Möglichkeit 
die Anlage der Fernsprech= und Morselinie Schritt, 
die für Bau wie Betrieb gleich wichtig ist. 
Bald nach dem Beginn der Erdarbeiten find 
auch die ersten Gleismengen und Fahrzeuge aus 
der Heimat elngetroffen. Die letzteren werden in 
den Bauwerkstätten schleunigst zusammengesetzt, 
damit sie für den Gleisbau und bald auch für 
sonstige Wauzwecke zur Verfügung stehen. Denn 
auf den Unterbau kommt — notgedrungen — 
sobald wie angängig etwas Bettung und das 
Gleis. Notgedrungen: es wäre besser, man könnte 
den Dämmen erst Zeit lassen, sich zu setzen und 
zur Ruhe zu kommen. Aber für den Nachschub 
aller Baugüter ist das baldige Vorbringen des 
Gleises von so großem Vorteil, daß man auf ihn 
in der Regel nicht verzichten kann. Das Gleis 
wirb zunächst recht unruhig liegen, aber es liegt. 
doch. Planum wird vielfach verdrückt, die 
Erttwässerung häufig gestört werden. Hier gilt 
es, sorgfältig zu verhüten, daß sich die zeirweiligen 
tUbelstände nicht zu dauernden auswachsen. Das 
GEleis wird sofort zur Beförderung der Baugüter,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.