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die Gefechte und Erkundungen bis einschließlich
23. Juli soweit geklärt, daß deren Ergebnisse die
Grundlage zu weiteren Entschlüssen abgeben
konnten. - .-
Die Gefechte hatten gezeigt, daß der Gegner
zu planmäßigem Widerstand entschlossen war. Sie
waren durch das schwierige, unübersichtliche Ge-
birgsgelände, die verstreute, aber ausgedehnte An-
lage der Siedelungen, durch die Zähigkeit und
Gewandtheit des gut bewaffneten Gegners sowie
durch seinen vorzüglich eingerichteten Nachrichten-
und Kundschafterdienst sehr erschwert worden.
Die Baminge bewohnen, die einzelnen Stämme
meist ohne Uübergang sich aneinanderreihend, eine
Gebirgslandschaft von etwa 20 km Durchmesser.
Ngom, Befang, Abedjia gehören nicht zu
Baminge, ihre Sprache llingt an die von Wi-
dekum an.
Der Andie ist ein außergewöhnlich reißender
Fluß von 20 bis 30 m Breite. An beiden Seiten
zieht sich ein viele Kilometer breiter unbewohnter
Urwaldstreiken hin. (Da der Andje nur auf
wenigen Hängebrücken überschreitbar ist, die vom
Gegner meist zerstört waren, war es Oberarzt
Vollenkopf bisher nicht gelungen, die Verbindung
mit der Sperrabteilung des Polizeimeisters Albat
aufzunehmen.)
Die Kampfesweise des Gegners war überall
die gleiche. Größeren Abteilungen wich er aus,
lleiere suchte er durch Trommelsignale und
Plänkeleien möglichst weit vorzulocken und zu er-
müden, um sie dann auf dem Rückwege mit Über-
macht anzufallen. Zustatten kam den Eingeborenen
dabei der erwähnte Nachrichtendienst und die
große Schnelligkeit, mit der sie sich in ihren hei-
mischen Gebirgen bewegen. Nur im Dorf und
venn fie überrascht werden, stellen sich die Ein-
heborenen auch größeren Abteilungen zum Gesecht.
Fährer, die im Kampfe die Bewaffneten des
Stammes zusammenhalten und leiten, haben die
ge nicht. Es scheint aber eine beratende
tralstelle zu geben, denn vor der Unterneh-
mung haben sowohl in Mendi als auch in Etin
von allen Minge-Dörfern und von Ngom und
Befang besuchte Versammlungen stuttgefunden, in
n der gemeinsame Widerstand beraten wurde.
1 r—
Um dem Gegner die Möglichkeit des Aus-
ias zu entfernteren befreundeten Stämmen
z beschränken, beschloß ich nunmehr, das ganze
planmäßig zu besetzen und den Abteilungen
ammte Wirkungskreise zur Befriedung zuzu-
** Es erhielten zugewiesen: Oberleumant
Sckärwit Etin, Ongonn, Okun; Oberarzt
ollenkopf: Rgom, Befang, Abédfsia; Ser-
heunt Jungelaus: Atschang, Tuna, Mbang;
Hauptmann Adametz: Mendi, Atü, Beobach-
tung von Medji, Fombot, Tabong. —
Oberleutnant v. Lüttwitz erreichte am 25. Juli
wieder Etin. Er wurde auf dem Marsche und
im Lager von großen Haufen Eingeborener be-
lästigt, die ein Gefecht aber, nicht annahmen, son-
dern in nordwestlicher Richtung auf Ongonn
wichen. v. Lüttwitz entschloß sich, am 26. Juli
nachzudrängen.
Er berichtet hierüber: »
„Der Vormarsch vollzog sich zunächst ohne
Störung. Beim Absuchen am Wege liegender
Hütten wurden Menschenteile gefunden, die erst
in der Nacht dorthin geschafft sein konnten. Es
handelte sich um die Körperteile von vier Menschen,
von denen nur die Hälfte vorhanden war.“
Dazu ist zu bemerken, daß meine Patrouillen
schon am 21. Juli in Mendi an zwei Stellen
frisch gefallene Minge gefunden hatten, von denen
nur noch die Hände und einige größere Knochen
übrig waren. Sie waren also von ihren eigenen
Landsleuten gefressen worden.
„Der Urwald, in den die Abteilung nach un-
gefähr einer Stunde Marsch eintrat, wurde in
dichtestem Nebel und starkem Regen erreicht. Der
Gegner machte sich durch Angriffe mit Speeren
und Messern auf die zwischen den Soldaten mar-
schierenden Träger bemerkbar. Ein wirklicher
Angriff unterblieb, wohl weil das Pulver der
einfachen Vorderflinten naß geworden war. Als
Wegeführer hatte ich gefangene, in der Kolonne
verteilte Baminge. Nach dreistündigem Marsch
weigerten sie sich, weiterhin Führerdienste zu
leisten, so daß ich mich entschließen mußte, am
Wege zu lagern. Der am nächsten Tage bei
klarem Wetter fortgesetzte Marsch gestaltete sich
immer schwieriger durch die Nähe des Feindes,
der die Abteilung dauernd beunruhigte, und durch
das außerordentlich hügelige Gelände, das auch
dann keine Übersicht bot, als die Abteilung wieder
aus dem Urwald in das Grasland trat.
Das Dorf Oto liegt in der gleichnamigen
Landschaft in bergigem Gelände; der Häuptlings-
platz wurde am 27. Juli erreicht. Starker Nebel
verhinderte wiederum jede Aussicht. Unter seinem
Schutze konnte der nachdrängende Gegner immer
wieder nah an das Dorf heranschleichen. Erst
am 28. früh wurde er endgültig aus dem aus-
gedehnten Dorfe vertrieben.“
Oberleutnant v. Lüttwitz befriedete im Anschluß
an die Gefechte in Oto diesen Ort, Etin, On-
gonu, Okum und Amassi. Größere Gefechte
fanden nicht mehr statt, dagegen eine Reihe von
verlustreichen Patronillengefechten.
Vom 14. August an begannen sich die Häupt-
linge der oben genannten Orte zu stellen.