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Hochlande von Lelet gut rentierende Anlagen
machen könnten, sofern sie die nötigen Arbeiter
aufzutreiben vermögen, und ich kann diese Ansicht
jetzt, da die Lage des Kaffeemarktes doch wesent-
lich günstiger ist als zur Zeit der Abfassung
meines erwähnten Berichts, nur aufrecht erhalten,
obgleich Dr. Bücher eine ganz entgegengesetzte
Ansicht über den wirtschaftlichen Wert des Hoch-
landes (a. o. O.) inzwischen geäußert hat. Gewiß
muß ich Herrn Dr. Bücher zugeben, daß große
zusammenhängende Plantagen hier nicht möglich
wären; wohl aber könnten, wie es in der Alta
Verapaz Sitte ist, zahlreiche kleinere Kaffeegärten
an den jeweils meistbegünstigten Stellen an-
gelegt und ihr Produkt an die einzelnen Plan-
tagenbetriebe abgeliefert werden; wohl muß ich
ferner Herrn Dr. Bücher recht geben, daß zeiten-
weise Wassermangel auf dem Hochland von Lelet
herrschen wird, und ich habe selbst bereits früher
in meinem Bericht darauf hingewiesen; aber so
gut man in manchen ebenso ungünstig gelegenen
Pflanzungen der Alta Verapaz durch Aufsammeln
von Regenwasser genügende Wasservorräte für
das Haus wie für das Benefizieren des Kaffees
zu gewinnen vermag, dürfte dasselbe auch in
Lelet möglich sein. Und wenn Dr. Bücher meint,
daß wegen der verhältnismäßig starken Besied-
lung des Plateaus für Pflanzungen kein Raum
wäre, so möchte ich auf Grund meiner eigenen
Anschauung des Geländes und meiner Erfah-
rungen von Guatemala glauben, daß selbst auf
dem waldfreien befiedelten Gebiet von Lelet genug
Land für eine mäßige Zahl von Kaffeegärten
vorhanden wäre; außerdem würde sich aber
zweifellos in den benachbarten Urwaldgebieten
von ähnlicher Höhenlage Raum für viel mehr
Pflanzungen finden, als sich mit den verfügbaren
Arbeitskräften bearbeiten ließen.
Herr Dr. Bücher meint aber weiter, daß das
Plateau von Lelet nicht groß genug wäre, um
die bei etwaigem Plantagenbau für notwendige
Wegebauten entstehenden Kosten zu lohnen. Ich
gebe zu, daß der Bau von Fahrwegen für einen
Großplantagenbetrieb unverhältnismäßig teuer
wäre und nicht lohnen würde, aber die Saum-
pfade, die für die von mir angenommenen klei-
neren Betriebe (von je ein= oder zweihundert-
tausend Bäumen) notwendig wären, könnten ohne
große Auslagen hergestellt werden. In der Alta
Verapaz, wo doch auch ganz ÜMberwiegend
deutsche Pflanzer tätig find, pflegte man viel
größere Schwierigkeiten im Laufe der Zeit sieg-
reich zu überwinden. Warum sollte es auf dem
Plateau von Lelet nicht möglich sein?
Vielleicht wäre freilich die Abflachung des
Hochlandes im nördlichen Südneumecklenburg
(zwischen Suralil und Hiratan) in etwa gleicher
Höhenlage in mancher Hinsicht noch günstiger für
Anlage von Kaffeepflanzungen, da dort zahlreiche
ausdauernde Bäche vorhanden sind und wohl
auch der Boden fruchtbarer sein dürfte als in
Lelet. Wenn ich trotzdem früher diese südlichen
Gebiete nicht für Anlage von Kaffeepflanzungen
empfohlen habe, so geschah es aus dem Grunde,
weil sie nur äußerst dürftig befiedelt sind, also
die Gewinnung von Arbeitern schwieriger wäre,
und weil andererseits die Schaffung von Zufuhr=
wegen wegen größerer Entfernungen und Ge-
ländeschwierigkeiten kostspieliger, auch die Trans-
portspesen viel höher werden müßten.
So betrachte ich noch immer das Plateau von
Lelet als ein günstiges Ansiedlungsgebiet für einige
unternehmende Europäer, gebe aber freilich zu,
daß mit ihrer Festsetzung der Wert des Plateaus
als Erholungsstätte für Tieflandbewohner der
Insel vielleicht finken würde, weil ich fürchte,
daß mit der Einführung von Zucht= oder Saum-
tieren die unglückseligerweise bereits auf Neu-
mecklenburg eingeschleppte Zeckenplage auch nach
dem Hochland von Lelet gebracht werden könnte.
Aber wenn es bei Anwendung gewisser Vorsichts-
maßregeln gelingen würde, die Zeckenplage vom
Hochland fern zu halten, so würde ich den
Aufenthalt daselbst geradezu für beneidenswert
ansehen; wenngleich natürlich die immerhin be-
schränkten Raummaße nur einer kleinen Zahl von
Siedlern die Festsetzung gestatten können, so hielt
ich doch das Gebiet bei meinem Besuch 1908
für so wertvoll, daß ich beabsichtigte, es genauer
zu untersuchen — eine Absicht, die mir freilich
damals durch eine unterwegs erlittene Fußver-
letzung unmöglich gemacht worden ist.
.
Kolonialrechtliche Entscheidungen.
Nr. 3.
Kuszug aus dem Urtelle des Höniglich Preußischen Rammergerichts (10. Jlwilsenat) vom
11. Junl 1908.
1. Die Entscheidung eines deutschen Konfuls,
daß ein Deutscher in seinem Konsulatsbezirk hilfs-
bedürftig sei und zur Linderung seiner Not amt-
licher Geldmittel für die Heimreise nach
Deutschland bedürfe, unterliegt nicht der richter-
lichen Nachprüfung.
2. Die vom Konful gewährten Reisemittel
sind zur Bestreitung des notdürftigen Unterhalts