Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Die Kranken waren auch hier in der Mehr- 
zahl Trypanosomenträger, und nur eine verhältnis- 
mäßig geringe Anzahl zeigte deutliche äußere 
Krankheitserscheinungen, wie Gehstörungen u. dgl. 
Auffallenderweise waren die meisten der Kranken 
und Trypanosomenträger Frauen, was wohl darauf 
zurückzuführen ist, daß die Frauen der Infektions- 
gefahr mehr als die Männer ausgesetzt sind, weil 
die Felder fast ausschließlich von der weiblichen 
Bevölkerung bestellt werden. Kinder waren nur 
zwei erkrankt (ein Mädchen im Alter von elf 
und ein Junge von acht Jahren). 
Auch hier am Luwingo war die für die Try- 
panosomeninfektion so charakteristische Erscheinung 
der Schwellung von Hals= und Nackendrüsen nur 
in verhältnismäßig wenigen Fällen beobachtet 
worden. Im ganzen waren über 10 000 Personen 
zum größten Teil wiederholt untersucht worden, 
von diesen zeigten nur 290 Drüsenvergrößerungen, 
die in verschwindend geringer Zahl größer als 
eine Bohne gefunden wurden. Die Leisten= und 
Schenkeldrüsen waren bei einigen Kranken bis zu 
Hühnereigröße geschwollen und enthielten zahl- 
reiche Trypanosomen. 
Für die Kranken wurde in der Nähe von 
Ssassawara, in einer fliegenfreien Gegend, ein 
Schlafkrankenlager errichtet, wo die Kranken mit 
Atoxyl behandelt wurden. Von einer Überführung 
dieser Kranken in das bei Ssongea bereits be- 
stehende Schlafkrankenlager wurde Abstand ge- 
nommen, da die Entfernung zu groß ist (10 bis 
12 Tagemärsche) und die Kranken zudem durch 
eine mit Glossinen stark besetzte Gegend hätten 
geführt werden müssen. Außerdem waren in 
Ssongea nur noch wenige Kranke, die Mehrzahl 
war trotz der Atoxylbehandlung der Krankheit 
erlegen. 
Auch von den in dem Schlafkrankenlager in 
Ssassawara untergebrachten Schwerkranken starben 
mehrere während der Atoxylbehandlung, vorzugs- 
weise Kranke mit Gehstörungen. Bei solchen 
Kranken war die Atoxylbehandlung auch hier ohne 
Einfluß auf die Trypanosomen, während bei einer 
größeren Anzahl von Trypanosomenträgern ohne 
äußere klinische Erscheinungen und bei denen die 
Krankheit allein durch den Nachweis der Try- 
panosomen im Blut hatte festgestellt werden können, 
die Behandlung mit Atoxyl von Erfolg begleitet 
war, so daß diese Kranken bis auf weiteres aus 
der Behandlung entlassen werden konnten und 
sich nur in bestimmten Zeiträumen zur Unter- 
suchung im Lager wieder einzufinden hatten. Bei 
den Schwerkranken wurden Versuche einer kom- 
binierten Behandlung mit Tryparosan, Salvarsan 
und anderen Mitteln eingeleitet, die aber bis jetzt 
noch nicht abgeschlossen sind. 
Für die ÜUbertragung der Schlafkrankheit kommt 
  
auch am Luwingo nur die Glossina morsitans 
in Frage. Diese Stechfliege wurde über den 
ganzen Bezirk verbreitet gefunden. In einzelnen 
Gegenden, wie z. B. beim Jumben Guaja am 
Mbepa, bei dem Sultan Halifa am Luwawa, 
ferner am Einfluß des Luwingo in den Rowuma 
und am Ssassawara waren 8 bis 12 v. H. dieser 
Fliegen mit Trypanosomen infziert gefunden 
worden. Natürlich soll damit nicht gesagt sein, 
daß diese Fliegen sämtlich mit dem menschlichen 
Trypanosoma behaftet waren, denn bei einer 
Anzahl von Tieren wurden Trypanosomen mit 
dem Charakter des Trypanosoma Brucei, dem 
Erreger der Tsetsekrankheit, nachgewiesen. Die 
große Anzahl der infizierten Fliegen spricht aber 
auch für die große Infektionsgefahr für Menschen 
und Tiere, die jene Gegenden mit sich bringen. 
Als Maßregeln zur Bekämpfung bzw. zur 
Verhinderung einer weiteren Ausbreitung der 
Seuche kamen außer der schon erwähnten Isolierung 
und Behandlung der Kranken und Trypanosomen= 
träger in dem Schlafkrankenlager in Ssassawara 
in Betracht: Sperrung der verseuchten Gebiete 
für die Arbeiteranwerbung, Verlegung der in- 
fizierten Dörfer in fliegenfreie Gegenden und Verbot 
des Betretens sowie der Anlage von Feldern in 
dem Seuchengebiet, Meldung der verdächtigen 
Krankheits= und sämtlicher Todesfälle durch die 
eingeborenen Ortsvorsteher. 
Zur Kontrolle des Karawanenverkehrs wurde 
eine Kontrollstation für die eingeborenen Träger 
aus dem östlichen Gebiet des Lindibezirks in 
Lumassule, etwa drei Tagereisen östlich von 
der Bezirksnebenstelle Tunduru errichtet, eine 
zweite Kontrollstation für die an dem portugiesischen 
Gebiet und aus dem Ssongeabezirk kommenden 
Eingeborenen wurde in Ssassawara eingerichtet. 
Durch Belehrungen in Vorträgen über die 
Schlafkrankheit und nach Veröffentlichung von 
Merkblättern, die von den eingeborenen Lehrern 
und Schreibern von Zeit zu Zeit in den Dörfern 
vorgelesen werden, soll den Eingeborenen das 
Verständnis für die Gefahr der Verschleppung der 
Seuche näher gerückt werden, so daß sie selbst 
auch bei der Bekämpfung der Seuche durch Anzeige 
an die Arzte und Bezirksvorstände, sowie an die 
eingeborenen Ortsvorsteher mitzuwirken in der 
Lage sind. 
Abholzungen von dem niederen Gebüsch sind 
nur an einigen Stellen ausgeführt worden, so 
an der Karawanenstraße von Ssassawara nach 
Tunduru am Lukumbule und auf der Straße 
rowumaabwärts in der Nähe des Miabu, um 
diese für den Verkehr notwendigen Straßen fliegen- 
frei zu halten. 
Auf diese Weise wird es auch möglich sein, 
die Seuche von einem Übergang nach der Küste
	        
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