Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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Inbesitznahme und die durch die finanzielle Unter- 
stütung des Mutterlandes ermöglichte Durchführung 
eines durchdachten Wirtschaftsprogramms gegeben. Die 
Ziffern der Handelsumsätze waren bei Beginn der 
schnellen Entwicklung, die sich 1910 in iöeen ersten 
Anzeichen und 1911 mit steigender Dentlichkeit zeigte. 
noch verhältnismäßig gering; denn trotz der in den 
letzten zwangig Jahren gemachten Anstrengungen ist 
das Wirtschaftsleben noch im Organisationsstadium, 
und die Ausbentung der natürlichen Reichtümer des 
Landes hat erst begonnen. Aber wem auch das Wirt- 
schafteleben der Größe des Landes und der Mannig- 
faltigleit seiner Hilfsquellen noch nicht entspricht, so 
darf doch die Bedentung der in dieser Periode er- 
reichten Ergebnisse nicht unterschätzt werden. 
Die ersten einigermaßen # Zahlen über 
den Außenhandel gehen bis 1892 zurück. Zu dieser 
Heite betrug die Einfuhr 3 160 000% F Fr. die Ausfuhr 
8 000 Fr., der Gesamthandel also 5 658 000 Fr. 
Die Kolonie beschränkte sich damals auf die fol- 
genden vier Plätze: Libreville, die Hauptstadt, im 
übrigen aber ziemlich unbedeutend; Cap-Lopez, an der 
Ogowe-Mündung, wo sich einige Handelshäuser nieder- 
gelassen hatten; Sette-Cama, von wo aus englische 
Firmen einen ziemlich lebhaften Durchgangshandel 
betrieben; schließlich Loango, Ausgangspunkt der Ka- 
rawnen für die Kolonie Haut-Congo, deren Haupt- 
adt Brbzaville damals nur ein geographischer Be- 
ft 
3Jn zolgenden Jahre erhielt die Kolonie die Zoll- 
gesetzgebung, unter welcher sie ohne wesentliäh Ande- 
rungen bis zur Gegenwart gelebt Der Norden 
bis Sette-Cama wurde der durch ans Gesetz vom 
2. Januar 1892 geschaffenen Zoll-Union mit dem 
Mutterlande einverleibt. Der Süden, welcher zu dem 
konventionellen Kongobecken gebört, erhielt einen nicht 
differenzierenden olltarif. der die Einfuhr mit einer 
Abgabe von 6 v. H. und die Ausfuhr mit einer Abgabe 
von 10 v. H. von Elfenbein und Kautschuk und von 
5 v. H. von den anderen Ausfuhrprodukten belegte. 
Die Erhöhung der Einfubrzöl#e auf 10 v. H. wurde 
erst 1904 durchgeführt. Die Einführung des mutter- 
ländischen Zolltarifs in Nord-Gabun hat sich als eine 
für die Kolonie wenig glückliche Maßregel erwiesen, 
denn sie hemmte die kühne Initiative der Händler, die 
begonnen hatten, in den Becken des Ogowe und des 
N'Gounie Handel zu treiben. Die Umsatze hoben sich 
trotzdem weiter, aber die Entwicklung war in Alt- 
Gabun sehr viel weniger schnell als in demjenigen Teil 
der Kolonie, der einem freieren Zollsystem unterstand. 
In dem Südbezirk wurden an die Bevölkerung 
durch den immer steigenden Trägerverkehr, welchen 
die Eröffnung des oberen Kongobeckens für den Handel 
und das Eindringen der Europäer nötig machte, An- 
sorderungen gestellt, denen sic kaum genügen konnte, 
bis die belgische Kongo-Eisenbahn eröffnet wurde (1897 
bis Tumba, 1899 bis zum Stanley-Poolf. Seitdem 
verschob sich das Wirtschaftszentrum, und während 
Brazzaville eine außerordentlich rasch wachsende Be- 
demung gewann, sank Loango zu einem einfachen 
Dorf hera 
185 verzeichnet die Zollstatistik eine Einfuhr von 
6 683 000 Fr., eine Audfuhr von 6 619 000 Fr., also 
einen Gesamthandel von 13 3020000 Fr. In diesem 
Zeitpunkt rief das Mutterland, da es die Opfer scheute. 
die erforderlich gewesen wären, um den Kongo wirt- 
schaftlich ausgurüsten und seine Befriedung durch 
Unterhaltung einer ausreichenden Streitmacht zu 
sichern, trotzdem aber die Gebiete für Frankreich ent- 
wickeln wollte, privilegierte Gesellschaften zu Hilfe, 
denen es als Entgelt für die ihnen anvertrauten Auf- 
  
gaben das ausschließliche Recht des Sammelns der 
Bodenprodukte und ihres Ankaufs von den Eingeborenen 
verlieh. Das Monopolsystem trieb mehrere Handels- 
häuser aus dem Lande, die aus dem erheblich redu- 
zierten Lokalbudget entschädigt werden mußten. Es 
hatte weiter zur Folge, daß der belebende Einfluß der 
freien Konkurrenz beseitigt wurde. In dem Bestreben, 
den größtmöglichen Auten aus ihrer privilegierten 
Stellung zu ziehen, suchten die Gesellschaften bohe 
Gewinne mit geringen Umsätzen zu machen und so 
wenig wie möglich Kapital festzulegen; sie schränkten 
deshalb nach Möglichkeit die dauernden Anlagen ein, 
die keinen unmittelbaren Nutzen versprachen. Damit 
wurde die Entwicklung aus ihren natürlichen Bahnen 
gelenkt und die für die Entwicklung von Neuländern 
so nützliche Privatinitiative vollkommen lahmgelegt. 
Eine Reihe der Konzessionsgesellschaften erlitten durch 
sehlerhafte Geschäftsführung schwere Verluste oder 
verschwanden auch völlig nach wenigen Jahren. 
Trotzdem hatte der Spezialhandel. d. h. der Ge- 
samthandel ohne die Durchfuhr. im Jahre 1905 die 
Höhe von 23711 000 Fr. erreicht. Im Jahre 1907 
zeigte die Zollstatistik sehr gesteigerte Umsäne: aus 
denen jedoch keine bestimmten Schlüsse gezogen werden 
dürsen, weil die Ziffern durch eine neue Anweisung 
für die statistischen ibeihen in die Höhe ge- 
trieben waren. Im Jahre 1908 ließ * eine sehr schwere 
Krise den Umsatz 2 25 630 000 Fr. sinken. Der 
schlechte Absatz der Edelhölzer, der Preisrückgang des 
Kautschuks, unzweckmäßige Verwaltungsmaßregeln 
hatten zusammen gewirkt, um dieses Ergebnis zu 
schaffen. Der Preisrückgang des Kautschuks wurde 
nicht durch örtliche Gründe verursacht. sondern durch 
die Lage des Welimarkts und der Produktion in den 
anderen Ländern, wo dieses Produkt gewonnen wird. 
Die wirtschaftliche Krise, welche durch diese ungünstigen 
Umstände verursacht wurde, lastete schwer auf dem 
Geschäftsleben des Jahres 1908 und erreichte ihren 
Höhepunkt in den ersten Monaten des Jah es 1 
Der Rückgang in Gabun wurde nicht vollständig aus- 
geglichen durch die Vermehrung der Produktion in 
Ubangi-Schari, wo die Erschliehung des Landes neue 
Gebiete für den Handel cröffnete. Während die Aus- 
fuhr, die hauptsächlich aus Elfenbein und Kautschuk 
vom oberen Kongo her bestand, sich auf 16 Millionen 
hielt und nur um eine Million unter den Durchschnitt 
der Jahre 1906/0 sank, verminderte sich die Einfuhr 
auf 9 600 000 Fr., also auf 4 Millionen unter diesen 
Durchschnitt: de#t Verlust betrug 6 v. H. bei der Ausfuhr 
und 32 v. H. bei der Einfuhr. 
Inzwischen war jedoch die Verwaltung nicht un- 
tätig geblieben. In den ersten Monaten des Jahres 
1008 setzte der Generalgouverneur, welcher an die 
Stelle des Generalkommissars des französischen Kongo 
getreten war, durch, daß vom mutterländischen Par- 
lament eine Anleihe von 21 Millionen gewährt wurde, 
deren Zinsen das Mutterland garantierte und deren 
Erlös zur Anlegung von Telegraphenlinien, zur 
Förderung der tatsächlichen Inbesipnahme und zu 
Studien für die Ausarbeitung eines Projektes der für 
die wirtschaftliche Entwicktung nötigen Maßnahmen be- 
stimmt wurde. Von den 21 Millionen, die der Kolonie 
im Jahre 1908 zur Versügung gestellt wurden, sind 
erst 15 Millionen begeben: die Arbeiten, für welche die 
Anleihe bestimmt war, sind 1909 in Angriff genommen 
worden. Ferner gestattete die starke Vermehrung der 
Militärücchen Kräfte die Inbesitznahme von Gegenden, 
e sich bisher der französischen Herrschaft völlig ent- 
Necht hatten. Die Verwaltung suchte außerdem die 
wirtschaftliche Initiative zu heben. Die Vorschriften 
für die Holzausfuhr aus Gabun wurden revidiert, und 
 
	        
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