Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXIV. Jahrgang, 1913. (24)

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eine lebhafte Propaganda in Europa vermehrte die 
Absatzmöglichkeiten für unsere Holzarten. Die Kautschuk- 
vreise konnten durch keine Maßnahmen der Lokal- 
verwaltung beeinflußt werden, aber man konnte die 
allgemeine Qualität der Produkte verbessern, von denen 
nur ein Teil zum Kurse des Parakautschuks gehandelt 
wird. Eine Verordnung vom September 1909 schrieb 
eine Kontrolle der Ausfuhr vor und verbot die Aus- 
fuhr verfälschten Gummis. Die Ausfuhrzölle auf die 
weniger wichtigen Produkte wurden aufgehoben. 
blieb noch übrig, die Mißstände zu mildern, 
welche die im Jahre 1899 vergebenen Konzessionen 
zur Folge gehabt hatten. Zu diesem Zwecke trat die 
Lokalverwaltung in Verhandlungen mit den Konzes- 
sionären wegen ÄAnderungen der mit dem Staate ab- 
geschlossenen Verträge ein. Man gelangte mit 11 Ge- 
jellschaften der Kolonien Mittel-Kongo und Ubangi zu 
einer Einigung, die sich zu einer einzigen Gesellschaft, 
der Compagnie Forestidre Sangha-Oubangui, ver- 
schmolzen. Diese Gesellschaft hat nur noch auf Kaut- 
schuk ein Gewinnungsprivileg, und zwar nur noch auf 
zehn Jahre und erhält die von ihr in Nutzung ge- 
nommenen Ländereien zu vollem Eigentum. Der An- 
lauf von Elfenbein und aller übrigen Produkte wurde 
dem freien andel in dem ganzen Bereiche der früher 
den fusionierten Gesellschaften ausschließlich überlassenen 
Gebiete freigegeben. Im ersten Drittel des Jahres 1911 
verzichteten vier andere Gesellschaften, deren Kon- 
zessionsgebiete im Süden von Gabun, zwischen Fernan- 
Vaz und Kuilu-Niari, lagen, auf ihre Privilegien und 
erhielten dafür einzelne Ländereien zu vollem Eigen- 
tum überwiesen und für zehn Jahre das ausschließliche 
echt, an einigen Wasserläufen die Waldprodukte zu ge- 
winnen. Einige Monate später schlossen sich drei andere 
Gesellschaften, die sich im Ogowebecken niedergelassen 
batten, diesem Beispiel an, ebenso wie zwei Kongzessionen 
in der Kolonie Ubangi. Am 1. Juli 1912 gab es daher 
iu Gabun nur noch eine Konzession der Art, wie sie 
1899 verliehen waren, nämlich die Gesellschaft Ongomo, 
welche mit der Verwaltung wegen des Verzichts auf 
ihre Privilegien in Unterhandlungen steht, und ferner 
zvei Gesellschaften mit besonderen Verträgen, die Ge- 
eellschaft Haut-Ogowe und die Compagnie du Kouiln= 
lari. Von diesen beiden genießt die erstere sehr aus- 
gedehnte Privilegien, die ihr im Jahre 1898 erteilt 
worden sind; ihre Rechte erlöschen im Jahre 1928. 
Die zweite hat im Kuilubecken große Landstriche zu 
vollem Eigentum erhalten, um ihre Gründer für die 
Ausgaben zu entschädigen, die sie in den Jahren 1892 
bis 1994 zum Studium des später aufgegebenen Pro- 
leltes einer von Loango ausgehenden Eisenbahn ge- 
In Mittel-Kongo sind sechs Konzessionen 
« 1899 übrig geblieben, eine von diesen wird 
mit der Abtretung des Sanghabeckens an Deutschland 
deiuahe böllig verschwinden. In Ubangi gibt es nur 
bei Gesellschaften. die noch nicht den Wunsch geäußert 
aben, ihre Verträge abändern zu lassen. In weniger 
ds zwei Jahren ist also mehr als die Hälfte der 
Holonie der freien Verfügung des Handels wieder er- 
sichlossen und damit dem Wetteifer aller derjenigen ge- 
offnet worden, die dem Lande ihre Kraft widmen wollen. 
8 Die Herstellung völlig neuer Grundlagen für die 
Lerwaltungsorganisation des Landes und die Ein- 
lührung neuer wirtschaftlicher und fiskalischer Grund- 
Lte konnten ihre Wirkungen nicht sofort zeigen. 1909 zeigt 
ie Zollstatistik nur eine Bermehrung von 900 000 Fr. 
t 1 der Einfuhr und von 300 000 Fr. bei der Ausfuhr: 
4½ der Ausfuhr wurde durch die Vermehrung des 
lautschukexportes die Verminderung des Holzexportes 
#Ausgeglichen. Im Jahre 1010 jedoch zeigt sich das 
wachen des Wirtschaftslebens deutlich: die Einfuhr 
  
  
  
  
  
  
gewinnt 2 Millionen, die Ausfuhr 7 Millionen, der 
Gesamtumsatz im Spezialhandel steigt aus 36 Millionen. 
Im Jahre 1911 schließlich erreicht die Einfuhr 
14 800 Fr., die Ausfuhr 000 000 Fr. und der 
Gesamtumsatz im Spezialhandel 40 800 000 Fr. Trotz 
der erwähnten Krisen und widrigen Umstände ist daher 
n hn Jahren eine Steigerung von 270 v. H. festzu- 
tellen. 
Die in den letzten drei Jahren sich zeigende 
Besserung ist um so bemerkenswerter, als erwartet 
werden darf, daß die aufsteigende Bewegung andauert, 
wenn die bisher für die Erschließung der Kolonie geleistete 
Arbeit weiter geleistet und noch gesteigert wird 
den bis Ende August 1912 bekannten Resultaten läßt 
sich schließen, daß der Spezialhandel des laufenden 
Jahres wahrscheinlich 44 bis 45 Millionen erreichen wird. 
Diese Ziffern können gering erscheinen, wenn man 
sie mit denen anderer Länder vergleicht, nament- 
lich mit denen des belgischen Kongo. Aber man darf 
nicht außer acht lassen, daß die Statistiken, deren 
Ziffern beim Vergleich des Handels der verschiedenen 
Länder nebeneinander gestellt werden, den General- 
handel betreffen und daher die Durchfuhr mit um- 
fassen, welche für das von ihr berührte Gebiet nur 
wenig Vorteile mit sich bringt und gegenüber dem 
Eigenhandel nur eine ganz geringe Bedentung hat. 
So verhält es sich insbesondere auch mit der über 
Brazgaville oder Wesso gehenden für Südkamernn be- 
stimmten deutschen Durchfuhr. In Französisch-Agua- 
torial-Afrika hat erst in den letzten 5 oder 6 Jahren 
infolge der Erschließung des südlichen Teils der 
deutschen Kolonie Kamerun der Generalhandel sich 
merkbar über den Spezialhandel gehoben. Er beträgt 
jetzt 47 Millionen, von denen 18 Millionen auf die 
Einfuhr und 20 Millionen auf die Ausfuhr kommen. 
Im belgischen Kongo betrug der Generalhandel im 
Jahre 1910 139 Millionen, der Spezialhandel 
103 Millionen. Der Eigenhandel des belgischen Kongo 
übertrifft daher den unserer Kolonie nur um das 
Doppelte, während Oberfläche und Bevölkerung des 
belgischen Gebietes dreimal so groß sind, als die 
unserer Kolonie. 
Vom Standvunkte des Handels setzt sich Fran- 
zösisch-Kquatorial-Afrika aus zwei voneinander un- 
abhängigen Gebieten zusammen: dem Küstenlande, 
welches die Kolonie Gabun bildet, und dem Becken 
des Kongo und seiner Nebenflüsse Ubangi und Sangha, 
deren Außenhandel über Brazzaville geht. In den 
oben angegebenen Ziffern ist nur die Handelsbewegung 
enthalten, die über diese beiden Handelswege geht, da 
nur sie durch die Zollstatistik mit Sicherheit erfaßt 
wird. Nicht berücksichtigt ist ein Verkehr von etwa 
1 Million, der sich auf dem Wege über den Niger- 
Benue vollzieht und hauptsächlich der Proviantierung 
der Truppen im Tschadgebiete dient, und ein Verkehr 
von 1 500 000 Fr., der sich mit dem ägyptischen Sudan 
und Tripolitanien abspielt, ohne daß es darüber 
irgendeine genauere Kontrolle gäbe. Wenn wir alle 
über unsere Grenzen gehenden Handelobewegungen 
rechnerisch erfassen könnten, wie es Kamerun und 
Belgisch-Kongo tun, so würde unser Spezialhandel 
43 Millionen und Generalhandel nahe an 50 Millionen 
erreichen. 
Der Spezialhandel von Gabun beträgt ½, der- 
jenige von Mittelkongo und Ubangi ½/ des Gesamt- 
handels. Aber während sich in Gabun die Einfuhr 
auf 6 141.000 Fr. beziffert bei einer Ausfuhr von 
7722 000 Fr., werden über Brazzaville nur für 
8 652 000 Fr. Waren importiert und Kautschuk und 
Elfenbein im Werte von 18 269 000 Fr. exportiert. 
Das Mißverhälmis erklärt sich aus der verschiedenen 
 
	        
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