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Samen alsbald nach der Reife ausgestreut. Der
Samen verliert auch seine Keimkraft sehr schnell.
Bei früheren Anpflanzungsversuchen hat man im
Höchstfall einen Keimprozent von 5 erhalten. Dort,
wo Aristida in größeren Mengen aufgekommen
ist und zu einer gewissen Befestigung geführt hat,
wird gern Salsola nachgepflanzt, die dann von
dem Grase im Anfang einen gewissen Schutz
empfängt. So hat z. B. bei dem Aufkommen
dichter Bestände von Salsola unweit Farab
Aristida als Vorläufer eine große Rolle gespielt.
Man will anderseits beobachtet haben, daß bei
der Ausbreitung von Salsola die Aristida später
wieder verschwinde. Ebenso soll Salsola in Kon-
kurrenz mit Calligonum der mächtigere Kon-
kurrent sein. #
Von den zahlreichen „sekundären“ An-
siedlern, d. h. denjenigen Gewächsen, die erst
in einer gewissen Phase der Bindung des
Dünensandes festen Fuß fassen, ist vor allen
Dingen eine Carex-Art zu nennen, die mir als
C. fissoides bezeichnet wurde.“) Dieses ist die
einzige Pflanze, die wirkliche Rasen zwischen
den Anpflanzungen bildet und, sobald sie ein-
mal den Boden besetzt hat, jede weitere Befesti-
gung überflüssig macht. Solche Rasen sieht man
z. B. stellenweise zwischen den Stationen Karaul—
Kuju und Wodakatschka und ferner bei Repetek.
Diese Rasen sind immer dünn, aber völlig aus-
reichend; Aristica dagegen tritt stets nur in
büschelförmigen Horsten auf.
Zahlreich sind die einjährigen Ansiedler, die
stellenweise, z. B. bei Repetek, im Frühjahr die
Dünen mit einem üppigen Flor überziehen,
aber nur ein kurzes Dasein führen, da sie der
Dürre des Sommers nicht Widerstand leisten
können. Eine Aufzählung ihrer Namen würde
hier zu weit führen, da sie nur botanisches
Interesse beanspruchen könnte. Für die Bindung
des Dünensandes kommen diese Gewächse nicht
in Betracht.
Die endlichen Erfolge der Festlegung
des Sandes durch künstliche Bepflanzung im
Verein mit natürlicher Bewachsung zeigen —
noch besser als es schon die beiden hier bei-
gefügten Tafeln Besseys dartun — die Dünen-
gelände in der Umgebung von Repetek.
Zwischen den Anpflanzungen von Calligonum,
Saxaul u. a. m. hat sich dort eine immer dichter
werdende Narbe von Carex= und Aristida-Büscheln
gebildet, die anderweitige Vertreter der Dünen-
flora umschließt. Im vorgeschrittenen Stadium
ist die Mitwirkung des Menschen kaum noch zu
) Wird in Boissier, Flora Orientalis nicht er-
wähnt. Vielleicht identisch mit C. fissirostris Ball,
die auch in Afghanistan vorkommt.
erkennen. Vollkommene Bewachsung führt, wie
man an Abstichen sieht, zum Beginn der Humus-
bildung zwischen dem dichten Geflecht der Carex-
Wurzeln: an die Stelle der Sandwüste tritt
die Steppe. Vollendete Bewachsung einzelner
Strecken führt aber auch zur Dispersion der be-
nachbarten, noch beweglichen Dünenzüge in zahl-
reiche kleinere Einzeldünen von hügelartigem
Charakter; die gesamte Wellenstruktur des Ge-
ländes wird gestört, Abgleichung der Kämme
erzeugt Verflachung der Wellen (s. Abb. 3). In
wenigen Jahrzehnten wird sich das einst so er-
schreckend tote Landschaftsbild dank der Lebens-
arbeit Paletzkys vollkommen verändert haben.
Wie heute schon in den Grenzländereien der Dünen-
zone zu sehen ist, werden dann vielleicht auf dem
einstigen Wüstensande Rinderheerden weiden.
Außer dem endgültigen Schutz der Verkehrswege
wird Land gewonnen für wirtschaftliche Nutzung.
Kosten. Wie schon eingangs erwähnt, muß
bei der Dünenbefestigung an der Mittelasiatischen
Bahn auf die Kostenfrage große Rückjicht ge-
nommen werden. Bis zum Jahre 1908 waren
im Verlauf von 10 Jahren 350 000 Rubel für
die Anpflanzungsarbeiten verausgabt worden.
Heute rechnet man bei einer jährlichen Be-
festigungsleistung von 5 bis 9 Werst (1 Werst
1,067 km) und einem Pflanzenverbrauch bei
Neubefestigungen von 150000 bis 200 000 Pflänz--
lingen pro Werst im ersten Jahr mit Gesamt-
kosten von 8000 Rubel, ausgenommen die Ge-
hälter der Beamten. Hiervon ist noch ein
Bruchteil im Betrage von 7000 bis 8000 Rubel
hinzuzurechnen. Die betreffenden Beamten haben
nämlich außer den Dünenbestigungsarbeiten noch
andere Funktionen wahrzunehmen, so z. B. die
Unterhaltung der Gärten und Parkanlagen an
den Bahnstationen. Auf die Desjätine Dünen-
land (eine Desjätine = 1,09 ha) entfallen durch-
schnittlich 35 bis 40 Rubel Arbeitskosten, ein-
schließlich der Vorarbeiten im Pflanzgarten. Die
Arbeiterlöhne beziffern sich auf 50 bis 60 Kopeken
pro Tag.
Wenn man bedenkt, daß früher die Frei-
haltung der Strecke vom Flugsand zwischen
Farab und der nächsten, nur wenige Kilometer
entfernten Station allein 35 000 Rubel pro Jahr
erforderte, so kann man ermessen, mit welchen
Ersparnissen heute die Bahnverwaltung nach dem
Paletzkyschen System rechnen darf.") Daß
solche Erfolge erzielt werden konnten, ist wesentlich
auch der geschickten Benutzung der Mithilfe der
Natur zu verdanken, die — wie oben wiederholt
Demgegenüber sei erwähnt, daß das Revier
MRossitten aufe der Kurischen Nehrung jährlich allein
0 000 bis 160 000 Mark erfordert.