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an den Stirnseiten befestigt, konnte aber bequem
von der Höhe des Berges aus mit dem Ma-
schinengewehr beschossen werden. Nach wenigen
Schüssen zogen die Bewohner ab; ich ließ nur
die Palisaden zerstören. Das Dorf ließ ich un-
beschädigt, da es infolge seiner natürlichen Lage
kaum ernsthaft befestigt werden kann, auch nahe
der Straße Ngoila — Sembe günstig für die
Beaufsichtigung durch den Posten liegt. Gegen
Abend traf die Abteilung wieder in Ngok ein.
Die Patrouille Momeseidu war von Mode-
majok noch nicht zurück. Ich marschierte am 23.
mit der ganzen Abteilung über Matadi (Les
Rapides) nach Zerstörung von Ngok dorthin ab.
Noch vor Matadi kam die Patronille zurück mit
der Meldung, daß Modemajok unter starken
feindlichen Verlusten von ihr genommen und ver-
brannt sei. Der Häuptling und die übrigen
Leute seien geflüchtet.
Auf diese Nachricht hin habe ich in Matadi
die Expedition aufgelöst und bin mit Treichel
nach Sembe, Dr. Rautenberg und Herzog sind
nach Molundu zurückmarschiert. Von Sembe
schickte ich Boten an die Aufständischen mit der
Aufforderung, sich zu unterwerfen. Die Häupt-
linge Mekimakub und Usulabot sowie der
älteste Sohn des Ndia kamen sofort. Letzterer
selbst sowie Unterhändler des Kelembele waren
im Anmarsch, als ich am 3. November von Sembe
beschleunigt nach Jukaduma zurückkehren mußte.
Modemajok war noch nicht ausgefunden worden.
Als Sühne wird den Aufständischen vom Posten-
führer in Sembe aufgegeben werden: Arbeiter-
und Verpflegungslieferung sowie Wiederaufban
ihrer Dörfer an den von der Verwaltung zu be-
stimmenden Plätzen.
Auch die Mehkub-Häuptlinge, die sich vor
dem Eba-Aufstand zurückhaltend und abwartend
gezeigt hatten, kamen sofort nach meiner Ankunft
in Sembe zur Begrüßung und brachten freiwillig
Verpflegung und Arbeiter. Bei meinem Rück-
marsch von Sembe, den ich über die Mehkub-
dörfer machte, zeigten sich die Eingeborenen eben-
falls durchaus entgegenkommend und gutwillig.
So darf ich die UÜberzeugung haben, daß die
Maßnahme gegen die Eba erfolgreich war und
einen tiefen, zweifellos auch nachhaltigen Eindruck
wenigstens auf die drei Stämme Mehkub,
Baquil und Eba im Sembe-Bezirk gemacht hat.
Zu dem Bericht des Postenleiters Treichel
möchte ich ergänzend bemerken:
Der in Mekimakub angegriffene französische
Oberleutnant Karcher, den ich noch in Ngoila
traf, erklärte mir, daß die Franzosen im Sembe-
Ngoila= und jetzigen Eta-Bezirk von Anfang bis
Ende ihrer Herrschaft Militärverwaltung gehabt
und ständig eine Truppenmacht von 350 Soldaten
in allen drei Bezirken zusammen unterhalten
hätten. Die französischen Kaufleute in Sembe
erzählen, daß diese Soldaten sowie 100 ständige
Gefangene aus Matadi die Arbeitsdienste (Wege-
bau, Farmanlagen u. dgl.) geleistet hätten, die
Eingeborenen aber nie zu solchen Arbeiten heran-
gezogen worden seien. Diesen lag nur ob, Gummi
für die Ngoko-Sangha oder für die geringe
Steuerleistung zu schneiden. Die Eingeborenen
seien auch höchst selten, manche Häuptlinge nie
auf die Station gekommen. Diese Angaben scheinen
auf Grund verschiedener Beobachtungen nicht un-
glaubhaft. Die Eingeborenen sind im Wesen
und Lebensgewohnheit von einer Wildheit und
Ursprünglichkeit, die jedenfalls nicht auf eine läu-
gere Kolonisierung durch eine Kulturmacht hin-
deutet. Die Dörfer auch der diesmal ruhig ge-
bliebenen Eingeborenen, z. B. Até, Mengelakum,
sowie die Mehkubdörfer sind Festungen, zum jeder-
zeitigen Kampf eingerichtet, aber nicht die Wohn-
stätten befriedeter oder unterworfener Stämme.
In den Hütten der eingenommenen Dörfer
Mingemakub, Usulabot, Ndia waren reichlich
Knochen von Menschen und kleinen Kindern zu
finden, die nach Angabe der Soldaten und Träger
von Menschenfraß und Medizinfesten herrühren
müssen. Diese Dörfer sind nur zwei bis drei
Tage von der Station Sembe entfernt. Von
europäischen Waren, wie Hausgerät und Töpfen,
war überhaupt fast nichts zu sehen. Es waren
nur einheimische Erzeugnisse zu finden. (Ich be-
merke noch, daß die Eingeborenen bei der eiligen
Flucht in den Dörfern meist alles zurückgelassen
hatten.) Die Weiber tragen durchweg selbsterzeugte
Bastgewebe und Lederschurze, auch die Männer
zumeist, außer einigen Häuptlingen und Vorleuten.
Ebenso sind Waffen, wie Speere, Messer usw.,
durchweg Selbsterzeugnisse. Sonach scheint im
Sembe-Bezirk das Verhältnis zwischen Europäern
und Eingeborenen mehr auf gegenseitiger Duldung
als auf tatsächlicher Herrschaft beruht zu haben
mit der Verwaltungstendenz, die leicht gewinn-
baren Produkte Gummi und Elfenbein aus dem
Lande zu ziehen, nicht aber eine auf die Zukunft
berechnete Kolonisation zu treiben.
Auf diese unsicheren Verhältnisse ohne inneren,
durch Kulturarbeit geschaffenen Halt folgte von
Dezember 1912 bis zur Übernahme durch die
deutsche Verwaltung im Juni 1913 eine Zeit, in
der die Leute sich selbst überlassen waren. Es ist
anzunehmen, daß bereits im Juni 1913 die Eba
beabsichtigten, den Gehorsam zu verweigern. Die
Befestigungen des für den Aufstand angelegten
Dorfes Ndia verrieten eine vier= bis sechsmonatige
energische Arbeit der Eingeborenen. Treiche