Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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schon zu Kronland erklärten und erwähnten „frec holds“ 
er Niger-Compagnie, als Eingeborenenland bezeichnet 
wurde, einerlei, ob schon in Besitz genommen oder 
nicht. Nach diesem war dann der endgültige Stand der 
Landfrage folgender: „Das ganze „Eingeborenenland 
oder die Rechte über dieses ruhen in der Hand des 
Gouverneurs als des Vertreters des. Königs. Er 
nimmt die Stellung ein, welche vorher die Emire und 
Häuptlinge innegehabt hatten, und hat die Kontrolle 
und Verfügung über das Land, welches für den Nutzen 
und das Allgemeinwohl der Eingeborenen von Nord- 
nigerien gehalten und verwaltet werden soll. Ohne 
ie Genehmigung des Gouverneurs gibt es kein Recht 
auf IJnbesitznahme und Benutzung solchen Landes, bei 
dessen Verleihung die Gebräuche der Eingeborenen 
berücksichtigt werden müssen. Ihm steht es zu: 
1. Eingeborenen und anderen Rechte aus Inbesitz= 
nahme zu bewilligen 
2. lir die Besitzausübung und Nutzung eine Rente 
au forder 
3. diese Reute in Zwischenräumen von nicht mehr 
* sieben Jahren einer Revision zu unterwerfen. 
Dafür hat der Besitzer alle Rechte auf das Land 
gegen alle Personen, außer dem Gounverneur. Doch 
arf er diese Rechte ohne ausdrückliche Zustimmung 
des Gouverneurs nicht auf andere übertragen. 
Der letztere kann das Besitzrecht entziehen: 
44% bei Nichtbezahlung der auf dem Lande ruhenden 
Lasten 
b) bei Abtretung des Besitzrechtes oder freiwilligen 
Berlassens ohne Genehmigung des Gonverneurs, 
c) wenn das Land zu öffentlichen Zwecken be- 
nüligt wird. 
Bei der Anlage neuer Ortschaften verfährt das 
Gonvernement so, daß es das Gelände, welches für 
ie privaten Europäeransiedlungen in Frage kommt, 
getrennt vom Gouvernementsviertel in die günstigste 
Lage zur Eisenbahn legt. Der Bebauungsplan, in 
welchem gleichzeitig Anschlußlinien der Eisenbahn vor- 
gesehen werden, wird dementsprechend entworfen. Das 
Gelände wird in Flächen von 300 — 100 Juß geteilt,. 
welche einzeln oder zu mehreren von den Firmen ge- 
pachtet werden können. Die Abgaben für eine solche 
Fläche belaufen sich jährlich auf 2 bis 10 K, je nach 
Hedemung der betreffenden Station und Lage des 
atzes 
Das für Versuchsfarmen, Straußenzüchterei= oder 
sonstige Farmanlagen benötigte Land wird zu gün- 
ligeren „Hedingungen' sogege een, jedoch auch nur im 
Pachtvertrag. Die auf solches erteilte Lizenz verfällt, 
sofern beshcumte Vegiugugoet nicht erfüllt werden. 
Bei Straußen- oder anderen Viehfarmen ist die 
Bestockung mit einer bestimmten Herdengröße, bei 
Plantagenkulturen eine gewisse Ausdehnung der Kul- 
turen nach festgesetztem Zeitraum vorgeschrieben. Doch 
legt man auf die Vermehrung derartiger europäischer 
Unternehmungen keinen Wert, sondern sieht das Haupt- 
moment der Entwicklung in der Ausdehnung und För- 
erung der Eingeborenenwirtschaft. Man geht dabei 
von dem Gesichtspunkt aus, daß die Europäerplantagen 
keinesfalls imstande sein werden, mit der Eingeborenen- 
arbeit zu konkurrieren. Europäische Aufsicht, Leitung 
in Europa, die ganzen Einrichtungen maschineller Art 
und die den Eingeborenen zu gahlenden Arbeitslöhne 
machen den Plantagenbetrieb so teuer, daß bei der 
großen Entfernung von der Küste die Erzeugnisse 6t 
hohe Produktionskosten verursachen würden, höher als 
sie dem Eingeborenen zu stehen kommen, der die Zeit 
und Arbeit, sofern sie im eigenen Interesse und frei- 
willig geschieht, nicht rechnet. Natürlich wird es nötig 
  
sein, dem Eingeborenen bei der Entwicklung seiner 
Landwirtschaft leitend zur Seite zu stehen 
dinenrechte werden zu besonderen Bedingungen 
Trgeben. Sie sind jedenfalls nicht in irgendwelche 
ie Rechte am Lonb Einweschlofen 
In der Praxis ist es also jetzt ausgeschlossen, für 
den s sowohl wie für den Eingeborenen, Land 
als Eigentum zu erwerben. Dieses Prinzip ist in 
erster Linie der Absicht entsprungen, die unverdiente 
Vermehrung des Bodenwertes, welche bei Ankäufen 
schwer beurteilt werden kann, dem Staate zu erhalten. 
Die mindestens alle sieben Jahre wiederkehrende 
Revision! der Rente ermöglicht es, den Besitzer in ver- 
stärkter Form heranzuziehen, sofern sich der Wert des 
Grund und Bodens ohne sein Zutun gehoben hat. 
Umgekehrt können auf diese Weise auch Wertminde- 
rungen, welche als Folgeerscheinungen der Verlegung 
von Verkehrseinrichtungen denkbar wären, in Ver- 
ringerung der Rente zum Ausdruck kommen. Bei der 
Abschätzung des Bodenwertes zu diesen Zwecken dient 
als Maßstab der Wert. welchen dic in sbüchster Nachbar- 
schaft des. fraglichen Grundstücks liegenden unbebauten 
Flächen besitzen. Die seitens des Besitzers oder Vor- 
besitzers durch Anlage von Kapital zu Verbesserungen, 
Bauten usw. oder durch das Arbeiten solchen Kapitals 
veranlaßte Wertvermehrung soll nicht bei der Fest- 
setzung der Rente herangezogen werden 
Wird gelegentlich der Revisionen die Landrente 
erhöht, so kann der Besitzer, sofern er mit der Erhöhung 
nicht einverstanden ist, auf den Besitz verzichten oder 
aber seine Rechte vor dem „Supreme court“ verfolgen. 
Verzichtet er aus diesem Grunde auf den Besitz, so 
erwächst der Regierung die Pflicht, ihn für alle für das 
Grundstück gemachten Aufwendungen zu entschädigen, 
sofern jene sich noch in brauchbarem Zustande befinden 
(ineghausted improvementsz). 
So vorteilhaft diese Einrichtungen erscheinen, so 
haben sie auch ihre Schattenseiten, die besonders von 
den europäischen Firmen bekämpft und auch in England 
zum Gegenstand von Beschwerden gemacht worden 
sind. Die in erster Linie erhobene Einwendung ist 
die, daß es keinem Menschen einfallen könnte, auf 
einem Grundstück Kapital in großen Anlagen festzu- 
legen, von dem niemand wüßte, ob nicht im Laufe 
der nächsten Jahre die Regierung die Rente so hoch 
setzen würde, daß es unmöglich sein würde, sie ohne 
Schaden für das Geschäft zu tragen. Meines Erachtens 
fällt dieser Umstand aber mit den oben niedergelegten 
Prinzipien, welche der Abschätzung der Rente zugrunde 
gelegt werden sollen. Einerseits ist in der Heran- 
ziehung der unbebauten und in gleich günstiger Lage 
liegenden Ländereien zu diesem Zwecke ein sehr guter 
Maßstab für eine gerechte Belastung gegeben; ander- 
seits wird sich außerdem die Regierung davor hüten, 
durch ungerechte Rentenerhöhung den Besitz zu stören, 
welcher durch energische Arbeit und Anfsronenaen. für 
das Grundstück hohen Wert erhalten hat, da sie ja im 
Falle eines Vergichtes auf das Besitzrecht aus dem 
Grunde der Rentenerhöhung zum Ersatz der ineghausted 
improvements“ verpflichtet ist. Dazu kommt, daß die 
Lizenzen auf eine lange Reihe von Jahren, auf 23, 
66 und in Ausnahmefällen auf 99 Jahre erteilt werden 
können, allerdings stets mit einer siebenjährigen Revision 
der Rente. 
Das Gesetz hat aber auch seine großen Vorteile. 
Durch das dem Gonverneur übertragene Verfügungs- 
recht über das ganze Land ist der direkte Verkehr des 
Europäers mit dem Eingeborenen zum Zwecke des 
Landkaufes verhindert. Die so leicht Mögliche über- 
vorteilung des Eingeborenen bei solchen Verkaufs= 
geschäften ist ausgeschlossen. Die ungesunde Grund-
	        
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