Full text: Deutsches Kolonialblatt. XXV. Jahrgang, 1914. (25)

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hier eine große Anzahl drei= bis vierjähriger 
„Säuglinge“. Mehlbreie bekommen die Kinder 
nur selten, dagegen reichlich Mehlsuppen, daneben 
werden sie leider mit Hirsebier „genährt“, da 
dieses in dieser Gegend allgemein als Nahrungs- 
mittel angesehen wird. 
Ssongea. 
Aus Ssongea, dem Lande der Wangoni, 
wird berichtet: Die Kinder bekommen in den ersten 
Wochen, teilweise auch länger, reine Muttermilch. 
Von der Mutterbrust werden sie nach drei bis 
vier Jahren abgesetzt. Nach einigen Wochen wird 
ihnen täglich ein Löffel Mehlbrei aus Hirse und 
Reis sowie auch Mehlsuppe und oft Hirsebier 
zugeführt, Portionen, die nach einigen Monaten 
vermehrt werden. Die Kinder sind manchmal so 
vollgefüttert, daß man sich nicht wundern darf, 
wenn Verdauungsstörungen und andere Krank- 
heiten hervortreten und daß man annehmen muß, 
daß hierin wohl die Ursache der Kindersterblichkeit 
in den ersten Monaten zu suchen ist. Nach ein 
bis zwei Jahren bekommen die Kinder schwerere 
Kost wie Bananen, Reisbrei usw. Hat der Vater 
des Kindes Vieh, so bekommt das Kind neben 
der Muttermilch noch Kuhmilch. Über Ammen- 
wesen ist hier nichts bekannt. Ist die Mutter des 
Kindes krank, so wird es unter Umständen von 
der Großmutter gestillt; ist auch diese nicht dazu 
fähig, so wird es mit Kuhmilch, Ziegenmilch 
(soweit vorhanden), Mehlsuppen und Wasser 
ernährt. 
Neu-Langenburg. 
Die Sanitätsdienststelle Massoko (Bezirk Neu- 
Langenburg) berichtet: Die Säuglinge erhalten 
vom ersten Tage ab Muttermilch und werden 
ein bis zwei Monate ausschließlich von der Mutter 
ernährt. In den Fällen, wo die Muttermilch 
nicht reicht, erhalten die Säuglinge ungekochte 
Kuhmilch. Das Alter, in dem die Säuglinge 
von der Mutter abgesetzt werden, ist verschieden 
und läßt sich nicht mit Gewißheit feststellen. Man 
sieht noch Kinder im Alter von drei bis fünf 
Jahren nach den Brüsten der Mutter langen und 
den letzten Tropfen Milch auspressen. Neben der 
Muttermilch erhalten die Säuglinge noch Bananen, 
Reis-Maisbrei und saure Milch. Ziegenmilch wird 
von den Eingeborenen hier zur Kinderernährung 
nicht verwandt. In den Fällen, wo die Mutter 
infolge der Geburt stirbt, erhält das Kind un- 
gekochte Kuhmilch. Über Ammenwesen konnte 
bei den hiesigen Eingeborenen nichts in Erfahrung 
gebracht werden. 
Stabsarzt Dr. Geisler berichtet aus Neu- 
Langenburg: Der Säugling erhält — wohl 
bei allen Volksstämmen des Bezirks in gleicher 
Weise — von den ersten Lebenstagen an neben 
  
der Muttermilch noch frische ungekochte und un- 
verdünnte Kuhmilch, Mehlbreie oder reife rohe 
oder gekochte Bananen. Saure Milch erhält das 
Kind erst später, wohl im zweiten oder dritten 
Lebensjahre. Die Verwertung von Ziegen-, Schaf- 
und Eselmilch ist bei den Eingeborenen unbekannt. 
Bis in das dritte, vierte, mitunter auch bis in das 
fünfte, sechste Lebensjahr hinein erhalten die 
Kinder, soweit sie nicht einem jüngeren Säugling 
weichen müssen, die Mutterbrust. Ein peinlicher 
Anblick, wenn so große Kinder alle Augenblick 
zur Mutter kommen und durch Ziehen und Drücken 
der lang ausgezogenen Brüste noch ein paar 
Tropfen Milch erhalten wollen! Etwa vom 
Ende des zweiten Jahres an erhalten die Kinder 
dasselbe Essen wie die Erwachsenen. Zuweilen 
habe ich jedoch auch gesehen, daß jüngere, etwa 
halb= bis einjährige Kinder gekochte Fische oder 
Mehlbrei, der bereits in alkoholische Gärung 
übergegangen war, neben der Muttermilch er- 
hielten. Von einer ausschließlich künstlichen Er- 
nährung habe ich nichts in Erfahrung bringen 
können, ebenso auch nichts über Ammenwesen. 
Nur im Fall des Todes der Mutter soll vielfach 
der Säugling von einer noch stillenden Frau der 
Verwandtschaft oder Bekanntschaft angenommen 
und mitgestillt werden. Doch sollen solche Kinder 
häufig sterben. Die lange Dauer des Still- 
geschäftes wird von den Frauen vielfach künstlich 
aufrecht erhalten, da die Sitte, solange ein Kind 
gestillt wird, kein weiteres zur Welt zu bringen, 
ihnen ja viel Erleichterung gewährt. Jedoch wird 
diese Sitte besonders von den Wasokiri (Konde- 
land) nicht mehr streng durchgeführt. 
Aruscha. 
Aus Aruscha schreibt Dr. Greisert: Die 
Ernährung des Säuglings bei den Waruscha und 
Wamern geschieht mit Muttermilch, etwa ein Jahr 
hindurch. Die Muttermilch wird aber nicht für 
ausreichend für das Fortkommen des Säuglings 
erachtet. Etwa vom dritten Monat ab wird neben 
der Muttermilch eine Suppe gereicht. Diese wird 
zubereitet durch Kochen von Bananenmehl in 
saurer Milch. Ganz vereinzelt wird auch Mais= 
mehl statt Bananen zu dieser Suppe verwandt, 
ein Brauch, der sich ganz allmählich bei den 
Waruscha einzubürgern scheint. Bisher wurde 
Mais stets nur unzerkleinert gekocht und genossen. 
Diese Nahrung ist die übliche vom zweiten Lebens- 
jahre ab. Die Mutterbrust wird stets neben der 
künstlichen Ernährung gegeben. Über Ammen- 
wesen ist mir bekannt, daß, wenn die Mutter 
aus irgendwelchen Gründen das Kind nicht weiter 
nähren kann, die Großmutter, obwohl diese längere 
Zeit nicht geboren hat, die Milchabsonderung 
wieder hervorrufen und das Enkelkind nähren
	        
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